Kurzbericht zur Bestandsaufnahme zu Maßnahmen zum Schutz vor (sexualisierter) Gewalt und Diskriminierungen in Live-Musikspielstätten in Deutschland
Kurzbericht

von Dr. Christine Preiser aus den Daten der Forschungsgruppe »handle with care« der UdK Berlin im Auftrag des Clubkombinat Hamburg e.V., Stand Dezember 2024

Illustrationen von Julia Zeichenkind

Licht ins Dunkle bringen

Awareness hat als Begriff derzeit Konjunktur, längst auch jenseits der subkulturellen und politischen Räume, in denen sie erarbeitet wurde. Über Awareness wird sich in informellen Gesprächen, in Workshops, in Panels auf Fachtagen ausgetauscht, aber ein systematisierter Überblick darüber, was eigentlich in der Praxis passiert, fehlt bisher. Um Licht ins Dunkle zu bringen, wie Awareness in Live-Musikspielstätten in Deutschland aktuell gelebt wird, hat das Clubkombinat im Rahmen des Projekts „tba – to ba aware“ 2023-2024 eine erste Bestandsaufnahme gemacht. 

Wer hat mitgemacht?

Es haben insgesamt 74 Musikspielstätten aus fast allen Bundesländern teilgenommen. Es fehlen Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Viele deutsche Großstädte sind in der Umfrage vertreten. 28,4% der befragten Veranstaltungsorte sind in Hamburg. Berlin, das die meisten Mitglieder in ihrer Clubcommission zählt, macht 4,1% aus. 81,1% der Veranstaltungsorte geben an, Konzerte bei sich zu veranstalten. 62,2% der Veranstaltungsorte geben an, Partys und Raves zu veranstalten. 40,5% der Veranstaltungsorte haben zudem ein weiteres Kulturprogramm im Angebot, beispielsweise Lesungen, Workshops, Performances, Comedy und Kabarett. Es wurde häufig von der Mehrfachnennung Gebrauch gemacht: Pro Musikspielstätte wurden 2,15 Antworten abgegeben. Daraus lässt sich schließen, dass die meisten Musikspielstätten breit aufgestellt und auf verschiedene Events ausgerichtet sind. Die Hälfte der Musikspielstätten hat eine Kapazität von bis zu 300 Personen. 25% der Musikspielstätten haben eine Kapazität von 301 – 700 Personen. Das verbleibende Viertel verteilt sich auf eine große Bandbreite bis zu 3.000 Personen.  38% der befragten Musikspielstätten werden kommerziell geführt, 53% werden nicht kommerziell geführt, die verbleibenden 9% machten sonstige Angaben, bspw. gaben sowohl “kommerziell”, als auch “nicht kommerziell” an. Knapp zwei Drittel (62,2%) aller befragten Musikspielstätten haben ein Team, das zwischen 1-30 Mitarbeiter:innen groß ist. Die größte Anzahl an Mitarbeitenden pro Team sind 160. Knapp die Hälfte der Personen, die den Fragebogen beantworten, arbeiten im Büro, außerhalb des Veranstaltungsbetriebs. 29,7% gaben an, sowohl während als auch außerhalb des Veranstaltungsbetriebs zu arbeiten. 

Awareness ist (un)politisch.

Awareness wird meist in Bezug auf die Gäst:innen und die Mitarbeitenden gedacht. Es gibt verschiedene Schwerpunktsetzungen in Bezug auf Awareness. Auch wenn manche darauf hinweisen, dass Awareness ein ganzheitliches Konzept darstelle, fällt auf, dass in den meisten Fällen eher einzelne Aspekte genannt werden. Drei Muster werden trotzdem aus unseren Daten sichtbar: 

[1] Für manche ist es ein Mode-Wort, das sie zurückweisen und gleichzeitig darauf verweisen, konkrete Maßnahmen jenseits des Trends längst umzusetzen. 

[2] Für einen Teil der Arbeitenden im Nachtleben bedeutet Awareness eher eine allgemeine achtsame Haltung für die Umgebung und im Umgang miteinander. Ziel ist ein respektvolles Miteinander und das Wohlfühlen aller zu erhalten oder wiederherzustellen.  

[3] Awareness wird verstanden als die Prävention von und der Umgang mit Grenzüberschreitungen, (sexualisierter) Gewalt und verschiedenen Diskriminierungsformen. Für manche bedeutet dies, betroffenenzentriertes Arbeiten. Andere legen wiederum den Schwerpunkt eher beim Sicherheitsgefühl oder bei Sicherheitsmaßnahmen.   

Es lässt sich vermuten, dass in einem Teil der Musikspielstätten Awareness ein unpolitisches Konzept darstellt, das auf ein situatives Wohlfühlen abzielt, ohne die Frage nach dem Wohlfühlen in gesellschaftliche Zusammenhänge einzubetten. In einem anderen Teil der Musikspielstätten wird Awareness als ein politisiertes Konzept gelebt, in dem konkrete Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit gesellschaftlichen Machtstrukturen erarbeitet und angewendet werden. Letzteres ist voraussetzungsvoll und ressourcenintensiv, während bei ersterem das Risiko besteht, dass Awareness in eine Konsumlogik einverleibt wird. Das Clubkombinat Hamburg arbeitete als Grundlage für die Befragung mit einer politisierten Definition von Awareness: 

// Awareness ist ein Ansatz, um (sexualisierter) Gewalt, Diskriminierung aller Art und Grenzüberschreitungen, die in unserer Gesellschaft und somit auch in Veranstaltungsräumen existieren, auf präventiver und praktischer Ebene zu begegnen. Das langfristige Ziel von Awareness ist es, über Veranstaltungen niederschwellig viele Menschen für diese Themen zu sensibilisieren und eine rücksichtsvolle Art des Zusammenseins vorzuleben, um so einen gesamtgesellschaftlichen Wandel zu erreichen.
Awareness fordert eine Auseinandersetzung jeder Einzelperson, Organisation und Veranstaltung mit Machtstrukturen und Diskriminierung, um (sexualisierte) Gewalt, Diskriminierung und Grenzüberschreitungen möglichst schon im Voraus zu verhindern. Dabei muss Awareness als fortlaufender Prozess verstanden werden, der in allen Bereichen einer Veranstaltungsorganisation verankert ist. Durch die Einnahme einer gemeinsamen Haltung, die auf kollektiver Verantwortungsübernahme, Betroffenenzentriertheit und Parteilichkeit beruht, sowie durch professionelle Unterstützungskonzepte auf Veranstaltungen wird ein Umgang mit Vorfällen möglich, der deren negative Konsequenzen abmildert und auf die Wiederherstellung oder Erhaltung der Handlungsfähigkeit Betroffener abzielt. Handlungsmaxime sind dabei das individuelle Erleben und die Bedürfnisse betroffener Personen. // 

Wer (nicht) sucht, der findet (nicht).

In unserer Studie zeigt sich bei den in den befragten Musikspielstätten gemeldeten Übergriffen eine Gemengelage aus verbalen und körperlichen Übergriffen bis hin zu Gewalt.  Am häufigsten wird in den befragten Musikspielstätten sexualisierte Belästigung gemeldet. Wir gehen insgesamt davon aus, dass viele Übergriffe nicht gemeldet werden. Ein Teil der Betroffenen melden vermutlich Übergriffe nicht, weil sie keine Ansprechpartner:innen kennen und/oder eigene Lösungsstrategien anwenden. Auch sind Barrieren, einen Übergriff zu melden, unterschiedlich hoch und es liegt nahe, dass es gerade für mehrfach diskriminierte Personen besonders herausfordernd ist, einen Übergriff sichtbar zu machen. Der wiederholte Verweis auf diskriminierende Verhaltensweise besonders von Security-Personal unterstreicht dies. Ein Teil der Musikspielstätten gibt an, keine Übergriffe gemeldet zu bekommen. Es fällt auf, dass diese Orte mehrheitlich auch keine aktiven Strukturen für Schutzmaßnahmen und keine geschulten Mitarbeiter:innen haben, bei denen übergriffiges Verhalten gemeldet werden kann. Umfassende Strukturen wiederum schützen nicht vollständig vor Übergriffen. Auch kann es einen positiven Zusammenhang zwischen funktionierenden Strukturen und gemeldeten Übergriffen geben, da Gäst:innen für Übergriffe sensibilisiert sind und wissen, dass sie sich an Ansprechpartner:innen wenden können. Auch im Nachtleben gilt also ein Stück weit: Wer (nicht) sucht, der findet (nicht). 

Awareness ist meistens eine zusätzliche Aufgabe für das Personal.

In den Musikspielstätten finden sich unterschiedliche Ansprechpartner:innen bei einem Übergriff. Nur in vereinzelten Musikspielstätten handelt es sich dabei um ein hauseigenes oder externes Awareness-Team, das ausschließlich die Funktion hat, Betroffene zu unterstützen. In den allermeisten Musikspielstätten sind Mitarbeitende und insbesondere Barpersonal auch Ansprechpartner:innen bei Übergriffen. Dahinter lassen sich verschiedene Beweggründe vermuten, wie etwa die Priorisierung als dringlicher angesehener Themen, Kostenersparnis oder auch die Haltung, dass Awareness-Arbeit von allen getragen wird. Das bringt allerdings das Risiko mit sich, dass Personal überlastet wird oder sich zwischen zwei verschiedenen Aufgaben entscheiden muss (bspw. Ausschank oder Awareness). Auch kann die Hürde für Betroffene steigen, wenn sie sehen, dass Personal gerade anderweitig viel zu tun hat.  

Awareness wird nicht ausreichend geschult.

Die Eigeninitiative der Mitarbeitenden spielt eine zentrale Rolle beim Aufbau von Awareness in einer Musikspielstätte. In 63,2% der befragten Musikspielstätten werden Awareness-Themen und konkrete Schutzmaßnahmen von Mitarbeitenden initiiert, die selbst Wissen über oder Neugier auf Awareness mitbringen oder von anderen Veranstaltungsorten/-konzepten inspiriert wurden. In 54,4% der Musikspielstätten werden Awareness und konkrete Schutzmaßnahmen von Leitungsebene eingebracht. Da hier Mehrfachnennungen möglich waren, lassen die Zahlen darauf schließen, dass sich in einem Teil der Musikspielstätten Leitung und Mitarbeitende gleichermaßen für Awareness und konkrete Schutzmaßnahmen einsetzen, während sie in einem Teil entweder von Mitarbeitenden oder von der Leitung initiiert werden. 43,2% aller befragten Veranstaltungsorte beschäftigen sich schon mind. 1x pro Jahr mit dem Thema Schulungen, entweder informell oder durch ein professionalisiertes Programm. Ein Drittel der Musikspielstätten schult Mitarbeitende regelmäßig. In den meisten anderen Clubs werden Mitarbeitende als Ansprechpartner:innen verstanden, aber nicht oder nur teilweise geschult. In der Tendenz hängt die Frequenz der Schulungen davon ab, ob eine Musikspielstätte kommerziell oder nicht-kommerziell geführt wird. Bei kommerziell geführten Musikspielstätten wird in kürzeren Abständen geschult. Vermutlich haben sie mehr Budget zur Verfügung. Möglicherweise haben sie auch einen höheren Bedarf, z.B. durch eine hohe Fluktuation von Personal und Gäst:innen, sodass Wissen immer wieder aufgefrischt werden muss. 

Insgesamt lässt sich in jenen Musikspielstätten, die sich aktiv mit Awareness beschäftigen, eine Mischstrategie vermuten von engagierten Mitarbeitenden, die die Themen selbst einbringen, und externen Schulungen. Auch wenn Leitungen offen für Awareness sind – die konkrete Umsetzung tragen in der Regel die Mitarbeitenden. Unklar ist, wie aufwändig die Maßnahmen letztlich sind und wie Wissen nachhaltig verstetigt wird. Das unterstreicht, dass Awareness zur Doppelbelastung für Mitarbeitende werden kann, wenn der Anspruch an Awareness-Arbeit und die dafür benötigten Kompetenzen nicht in Passung sind – dies kann entweder zur Selbstüberforderung führen oder aber zu Lasten der Betroffenen gehen, bei denen Erwartungen geweckt, aber nicht erfüllt werden.

 

Maßnahmen sind aktuell ein Flickenteppich, kein ganzheitliches Programm.

In unserer Studie werden konkrete Maßnahmen benannt, die in Musikspielstätten ergriffen werden. Dabei handelt es sich um ganz Unterschiedliches wie kritisches Booking, FLINTA*-only Partys, All Gender und FLINTA*-Toiletten, Ruhe- und Rückzugsräume, diskriminierungssensible Verhaltensregeln, Taschenkontrollen am Eingang, Fotoverbot, Parteilichkeit mit Betroffenen, Adressen und Ansprechpersonen an die verwiesen werden kann wie beispielsweise Beratungsstellen, die Nutzung eines Code-Worts oder einer Safer Space Apps. Im Nachfolgenden werden Maßnahmen aufgezeigt, die in den befragten Musikspielstätten als besonders wirksam eingeordnet werden. Ein Teil der Maßnahmen zielt auf Prävention ab. Einem gezielten Booking von FLINTA* und BiPOC Künstler:innen wird zugeschrieben, dass sich die Diversität der Künstler:innen auch auf die Diversität des Publikums auswirkt. Dadurch verändere sich auch automatisch der Raum für jene Gruppen, die besonders Diskriminierung erfahren, und werde für sie zu einem safer(en) space. Als weitere präventive Maßnahme wird auf verschiedene Wege über die Hausregeln und Ansprechpartner:innen für Awareness aufgeklärt, bspw. über Social Media, beim Einlass, durch Aushänge im Clubinneren, durch Ansprache von auffällig gewordenen Personen. Nicht alles wird von Musikspielstätten gemacht, aber dort wo etwas gemacht wird, werden meist mehrere Wege gleichzeitig genutzt. Hier geht es vor allem darum, einen gemeinsamen Wissensstand herzustellen, den möglichst viele Personen in der jeweiligen Nacht teilen. Eine wichtige Rolle wird hier manchmal Stammgäst:innen zugesprochen, die zusätzlich zu Barpersonal und Security besonders aufmerksam sind. 

Social Media Posts und Aushänge haben ein breites Publikum und unklare Effekte, der Aufwand dafür hält sich aber in einem überschaubaren Maß. Direkte Ansprachen, vor allem am Einlass und bei einer Vielzahl von Personen, sind hingegen zeit- und arbeitsaufwändig, haben aber mit großer Wahrscheinlichkeit einen stärkeren präventiven Effekt.

Wird ein Übergriff gemeldet, gibt es in gut der Hälfte der Musikspielstätten unserer Studie eine klare Struktur, wie Unterstützung geleistet wird und wer sich vor Ort darum kümmert. In den anderen Fällen gibt es keine klare Struktur oder je nach Situation unterschiedliche Vorgehensweisen. In unserer Studie wird mehrfach die Schwierigkeit benannt, Synergien zwischen den Konzepten des externen Awareness-Teams und den Strukturen des Veranstaltungsortes zu bilden oder das generelle Zusammenspiel zwischen Awareness und Security-Personal reibungslos zu gestalten. Da es in den allerwenigsten Musikspielstätten ein explizites Awareness-Team gibt, vermuten wir, dass Übergriffe eher vom Security-Personal und damit täterzentriert und sanktionierend (bspw. Rausschmiss, Hausverbot) weiterbearbeitet werden. Die genauen Abläufe bleiben in unserer Studie aber letztlich unklar, was vor allem auch damit zusammenhängen kann, wer die Fragen beantwortet hat: Nur etwa ein Drittel der Antwortenden arbeiten selbst während des Veranstaltungsbetriebs und sind entsprechend mit den konkreten Abläufen nicht im Detail vertraut.

In weniger als der Hälfte der Musikspielstätten werden konkrete Maßnahmen ergriffen (oder von den Befragten als solche benannt). Der Schwerpunkt liegt bei den präventiven Maßnahmen wie der Aufklärung und der Schulung von Personal. Aufwändigere Maßnahmen wie etwa die Abstimmung und das Einspielen von Awareness- und Security-Arbeit oder ein kritisches Booking werden zwar gutgeheißen, aber sind in nur wenigen Musikspielstätten zentral. 

Wie zeigt es sich, dass die Maßnahmen gut funktionieren?

Es ist für Musikspielstätten schwierig, die Wirksamkeit von Maßnahmen zu benennen, weil Dokumentation vor Ort lückenhaft oder nicht vorhanden ist. Das Feedback von Gäst:innen ist deshalb ein wichtiger Bezugspunkt: 

O-Ton #1: “Beispielsweise haben wir es im vergangenen Jahr öffentlich gemacht, nachdem uns innerhalb eines Monats mehrere Vorfälle von K.O. Tropfen gemeldet wurden + unser Personal diesbezüglich noch einmal sensibilisiert. Die Gäste meinten, dass ihnen das ein Gefühl von Sicherheit gegeben hat und tatsächlich kam es danach zu keinen weiteren (uns bekannten) Vorfällen.”

O-Ton #2: “Unsere Türsteher (ja, nur Männer) und erhalten immer wieder sehr positive Rückmeldungen insbesondere von weiblichen Besucherinnen. Es wird oft angemerkt, dass man sich an sie wenden kann und sich sicher fühlt. Das wird auch in den Google Kommentaren so geschrieben. Auch das restliche Personal wird als  Personen, die sich kümmern  beschrieben. Daher würde ich behaupten, dass die Personal Schulungen etwas bringen.” 

Woran fehlt es?

Musikspielstätten sind mehr als reine Vergnügungsorte. Sie sind Orte, an denen unterschiedliche Menschen als ‚familiar strangers‘ zusammenkommen und als solche sind sie nicht frei von gesellschaftlichen Machtstrukturen. Musikspielstätten waren aber immer auch geschützte Experimentierorte für neue Konzepte des Zusammenseins, die von dort aus in den Alltag mithineingetragen werden. Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Auseinanderdriftens sind sie umso bedeutender und Awareness kann einen wichtigen Beitrag leisten, Musikspielstätten nicht nur als Orte des Konsums und des Vergnügens zu leben, sondern als Experimentierflächen zu stärken.

Aber: Es fehlt an Zeit, Geld, Personal und Wissen. Herausforderungen also, die mit finanzieller und struktureller Unterstützung sowie nachhaltiger Bildungsarbeit deutlich bewältigbarer werden.


Nachbericht Roundtable #8
Nachbericht

21.11.2024

Grüner Jäger (1. OG)

Teilnehmendenzahl: 20 Personen aus unterschiedlichen Kulturkontexten (Club, Bar, Vereine)

Referent:innen: Pola (Lila Awareness Leipzig), eve (awer e.V. / Awareness Initiative Leipzig)

Ablauf des Roundtables:

  • Begrüßung, Danksagung und Genese durch Anna Lafrentz
  • persönliche Vorstellung der Referent:innen und ihren beruflichen Kontexten 
  • gemeinsamer inhaltlicher Vortrag der Referent:innen zu internen Awarenessfällen und deren Umgang
  • Gruppenarbeit zu Fallbeispielen + Präsentation durch Teilnehmende
  • Check-Out

____________________________

Am 21. November 2024 fand der 8. Roundtable “Interne Awarenessfälle – Hilfestellung und Good Practices” im Grünen Jäger (1. OG) statt. Dazu haben wir zwei Referent:innen eingeladen: 

Pola (sie / ihr) ist Gründerin von Lila Awareness. Sie bietet geschulte Awareness-Teams für Veranstaltungen und Festivals an und unterstützt Unternehmen, Organisationen und Kollektive beim Aufbau interner Awareness-Strukturen. Zudem hält sie Workshops zu verschiedenen Awareness-Themen und entwickelt neue Ansätze, um ihrem Team von rund 80 Honorarkräften und Schichtleitungen die Awareness-Arbeit näherzubringen. Neben ihrer Haupttätigkeit macht Pola eine Ausbildung zur systemischen Therapeutin und integriert Kenntnisse wie Bindungsaufbau und psychologische Erstversorgung in ihre Arbeit. Sie lebt in Leipzig, ist jedoch auch häufig in Berlin und Köln tätig, wo sie große Projekte wie den Holzmarkt25 betreut. Ihr Ziel ist es, ihre Arbeit stetig weiterzuentwickeln und Awareness-Themen stärker in der Gesellschaft zu verankern, um so einen gesamtgesellschaftlichen Wandel zu fördern.

eve (they / them) ist eine non-binäre SexualpädagogIn, BodyworkerIn und ReferentIn. They lernt, arbeitet und spricht über Sexualität(en), diskriminierungskritische Praktiken und transformative Bewegungen in Strukturen. Seit mehr als 6 Jahren arbeitet eve im Kontext Awareness, insbesondere auf sexpositiven Veranstaltungen und Festivals. Über den awer e.V. und im Auftrag der Initiative Awareness aus Leipzig bringt they Wissen über Awareness in Clubs, Vereine und Konferenzen, damit diese ihre eigenen Awareness Strukturen aufbauen können. They positioniert sich als weiß, non-binär, neurodivers, able-bodied und als nicht von Klassismus betroffen.

Beide Referent:innen haben in einem theoretischen Teil über die Gründe, die Herausforderungen und Möglichkeiten von interner Awareness gesprochen. Anschließend hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit in Gruppenarbeit an spezifischen Fallbeispielen zu den Themen Sexismus, sexualisierte Gewalt, Ableismus, Rassismus und Transfeindlichkeit Lösungsansätze und mögliche innere Strukturen zu erarbeiten. Im Anschluss wurden alle Handlungsmöglichkeiten präsentiert und von den Referent:innen begleitet. Ein gemeinsamer Check-Out und Kontaktangebote seitens der Referent:innen schloss diesen intensiven Roundtable ab.

WARUM BRAUCHT ES INTERNE AWARENESS-STRUKTUREN?

Orte, an denen gemeinsam gearbeitet wird, sind Räume wo unterschiedliche Perspektiven und Rollenverteilungen aufeinandertreffen, die einhergehen mit gewaltvollen Strukturen. Probleme entstehen dann, wenn es zu wenig Zeit für die Installation von Strukturen gibt, so dass Machtpositionen von Entscheidungsträger:innen ausgenutzt werden ohne dass eine schützende Struktur vorhanden ist. Zudem ist in einem Teamgefüge der Mechanismus des “Täterschutzes” stärker ausgeprägt aufgrund von Ängsten, Scham und möglichen beruflichen Konsequenzen. In den meisten Fällen muss Gewaltausübung von Betroffenen bewiesen werden und stellt somit ein Team vor einen Loyalitätskonflikt innerhalb der herrschenden Machtpositionen in einem Unternehmen/beruflichen Raum.

Interne Awareness-Strukturen ermöglichen eine betroffenenorientierte Perspektive und eine gemeinsame Verantwortungsübernahme. Gewalt ist kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles, welches gesellschaftlich vorgelebt und adaptiert wird. Daher erfahren gewaltausübende Menschen aufgrund gesellschaftlicher Legitimation eher Schutz, als die Betroffenen. Durch interne Awareness-Strukturen kann eine gemeinsame und teamzentrierte Aufarbeitung ermöglicht werden und so auch präventiv funktionieren.

WORIN BESTEHEN DIE HERAUSFORDERUNGEN FÜR INTERNE AWARENESS-STRUKTUREN?

Interne Awareness-Fälle sind vielschichtig und beeinflussen zunächst die Stimmung und Harmonie in einem Team. Jede einzelne Person muss sich ihrer eigenen Grenzen bewusst sein und diese auch gegenüber Machtpositionen und Entscheidungsträger:innen verteidigen. In vielen Fällen ist die Angst vor Konsequenzen – sowohl rechtlicher (Kündigung) als auch psychosozialer (Ausgrenzung) – zu groß, als dass Grenzen gewahrt werden und solidarisches Verhalten durch andere Teammitmenschen möglich ist. Vor allem in Bezug auf Lagerbildung innerhalb eines Teams und einer möglichen Täter-Opfer-Umkehr („ich kann mir nicht vorstellen, dass die Person so etwas tut”) erscheint eine betroffenenorientierte Struktur als schwer umzusetzen. Befangenheit von Betroffenen und Privilegien von Entscheidungsträger:innen lassen interne Awareness-Strukturen als größte Herausforderung für ein Teamgefüge erscheinen. Zudem kommen noch Probleme, wie monetäre Mittel für die Entwicklung und Installation von internen Awareness-Strukturen sowie vorherrschende betriebliche Hierarchien (Entscheidungsträger:innen vs. Lohnarbeitende) hinzu.

WELCHE MÖGLICHKEITEN GIBT ES, UM INTERNE STRUKTUREN GEMEINSAM ZU ENTWICKELN?

Die Referent:innen haben als Möglichkeit eines strukturgebenden Prozesses den Transformative Justice Prozess erläutert. 

„Transformative Justice hat das Ziel Menschen, die Gewalt erfahren, eine unmittelbare Sicherheit sowie langfristig angelegte Heilungs- und Wiedergutmachungsprozesse zur Verfügung zu stellen, indem gewaltausübende Personen in und durch ihre Umfelder zur Verantwortungsübernahme bewegt werden.”1

Voraussetzung für einen transformativen Prozess ist die kritische Selbstreflexion aller Menschen im Team, die sowohl Betroffene als auch gewaltausübende Personen sein können. Dabei steht die Erkenntnis im Mittelpunkt, dass nicht Personen an sich gewalttätig sind, sondern die Gesellschaft als strukturgebende Instanz eine gewalttätige ist. Somit sollte nicht als einziger Lösungsansatz der Ausschluss von Personen stattfinden und eine Cancel-Kultur innerhalb interner Awareness-Strukturen ausgeschlossen werden. Durch Ausschluss aus dem Team wird demnach nur das strukturelle und machtausübende Verhalten reproduziert und kann nicht als Lösung für strukturelle Probleme akzeptiert werden. 

Der Transformative Justice Prozess beinhaltet drei strukturgebende Elemente, die als Hilfestellung gut funktionieren können:

  1. Interne Awareness-AG (Arbeitsgruppe) aus unterschiedlichen Gewerken und Hierarchie-Ebenen gründen, die Entscheidungsmacht und Handlungsbefugnis erhält. Dadurch wird Befangenheit innerhalb des Teams vermieden. Es ist möglich diese Arbeitsgruppe durch geschulte Personen innerhalb des Teams aufzustellen oder auch durch externe Hilfestellung durch beratende Personen.
  2. Unterstützer:innen-Gruppe, die ausschließlich den Schutz der Betroffenen als Aufgabe inne hat.
  3. Umfeld-Gruppe, die sich um den Prozess mit der gewaltausübenden Person kümmert und Schnittstelle zur Unterstützer:innen-Gruppe ist.

Die Unterstützer:innen- und die Umfeld-Gruppe sind in einem regelmäßigen Austausch und Check Up, so dass Lagerbildung und Misstrauen innerhalb des Teams vermieden werden können.

WIE KÖNNEN WIR DIESE PROZESSE INDIVIDUELL AN UNSER TEAM ANPASSEN?

Es gibt mehrere Wege, um sich internen Awareness-Strukturen zu nähern. Ein Sensibilisierungsworkshop für das Team ermöglicht es beispielsweise einen eigenen Weg zu finden, wie ‘aware’ Prozesse in die ‘hauseigenen’ Strukturen passen können. Zudem bekommt das Team einen sicheren Raum um Ängste, Scham und Blockaden anzusprechen und Entscheidungsträger:innen können aktiv Macht an die interne Awareness-AG abgeben. Diese Workshop-Formate bieten auch die Möglichkeit Mechanismen festzulegen, die eine kontinuierliche Weiterentwicklung innerhalb des Teams absichern. So wird nachhaltig eine Struktur geschaffen, die nicht statisch ist und im engen Kontakt mit dem Teamgefüge bleibt.

WAS KÖNNEN WIR TUN, WENN ES BEREITS INTERNE AWARENESSFÄLLE GIBT?

Oft sind interne Awarenessfälle der Auslöser, um sich mit den internen Strukturen zu beschäftigen, diese zu hinterfragen und nach Lösungsansätzen zu suchen. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist die Dokumentation des Falls durch eine oder mehrere Person des Teams, um diese für weitere Aufarbeitungen nutzen zu können. Sofern es noch keine internen Strukturen als Lösungsansatz gibt, können Vorfälle mit Supervision, einer Fallbesprechung mit einer externen geschulten Person oder auch Intervision (interne Fallbesprechung innerhalb des Awareness-Teams) aufgearbeitet werden. 

WO FINDE ICH BERATUNG UND SUPERVISION FÜR MEIN TEAM?

Initiative Awareness Leipzig – https://www.initiative-awareness.de/informieren/anlaufstellen
Awer e.V. – awer_leipzig@riseup.net – https://www.instagram.com/awer_le/
Lila Awareness – https://www.instagram.com/lilaawareness/ lila-awareness@proton.me

1Zitiert aus: https://www.transformativejustice.eu/de/was-sind-community-accountability-kollektive-verantwortungsuebernahme-transformative-justice-transformative-gerechtigkeit/


Nachbericht bundesweiter Fachaustausch Awareness im Nachtleben
Nachbericht

Am 11. Oktober 2024 kamen rund 120 Menschen aus dem deutschsprachigen Raum, von Wien bis Kiel nach Hamburg. Auf die Einladung des Clubkombinat Hamburg e.V. und im Rahmen des Projekts „tba – to be aware“ folgten diverse Aktive und Interessierte und tauschten sich zu Schutzmaßnahmen und -konzepten gegen (sexualisierte) Gewalt und Diskriminierungsformen aus. Ziel war es, die Vernetzung unter den Akteur:innen weiter zu fördern und good practices zu sammeln. Der aktuelle Diskurs zum Thema Kommerzialisierung von Awareness-Strukturen wurde in einem Keypanel debattiert. 

Der Fachaustausch wurde gefördert durch die Initiative Musik gemeinnützige Projektgesellschaft mbH mit Projektmitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch die Behörde für Kultur und Medien Hamburg. Die gesamte Veranstaltung wurde moderiert und begleitet von Paul Ninus Naujoks, einem freien Autor, Speaker und Künstler aus Hamburg, der sich seit seinem Coming-out als Transmann im Alter von 16 Jahren (2012) intensiv für Transgeschlechtlichkeit und queere Perspektiven einsetzt.

Die Eröffnungsrede wurde von den Projektleiterinnen und Vorständ:innen des Clubkombinat Hamburg e.V. Katharina Aulbach und Anna Lafrentz gehalten. Darin berichtet Katharina Aulbach von der Genese und dem lauten Wunsch nach mehr Austausch und Vernetzung zum Thema Awareness in der Veranstaltungsszene. 

„Als ich mich vor über 4 Jahren als Vorständin für das Clubkombinat aufgestellt habe, war die Welt in großer Unruhe und die Folgejahre waren geprägt vom Erhalt und Support unserer Clubkultur. 

Dass wir heute hier zusammen sind und die Möglichkeit haben, uns intensiv mit dem Thema Awareness zu beschäftigen, ist einem Wunsch von Vielen entsprungen. Vor genau zwei Jahren haben wir unser erstes Panel zum Thema Awareness im Rahmen des LiveKomm-Programms beim Reeperbahn Festival gemacht. Die Rufe nach Vernetzung und einer gemeinsamen Konferenz wurden dort zum ersten Mal richtig laut und heute stehen wir hier und haben zwei intensive Jahre hinter uns in denen wir zwei Förderprojekte auf die Beine stellen konnten“

Vorständin Anna Lafrentz ergänzt:

„Auf dem Weg dorthin haben wir viele Menschen, Gruppen, Initiativen und Organisationen gefunden und getroffen, die seit Jahren aktiv dran sind (oder gerade aktiv werden) unsere Räume sicherer zu machen. Sicherer vor Gewalt und Diskriminierung. Das große Ziel: natürlich Patriarchat und Kapitalismus stürzen. Und auf dem Weg dahin möglichst achtsam miteinander umgehen und uns gegenseitig unterstützen.

Unterstützen soll uns heute und hier nicht nur das Awarenessteam, sondern auch eben dieser Fachaustausch. Awareness-Arbeit ist Care Arbeit – Mental Load – all diese Begriffe, die für Prekariat und (Selbst-)Ausbeutung stehen. Für jede Menge unbezahlte Arbeit — meist von denen gemacht, die eben Diskriminierung und Gewalt erfahren (haben), denn die anderen sehen ja erst mal keinen Anlass.

Wir sprechen heute darüber, wie wir unsere gemeinschaftlichen Räume befreien können von Diskriminierung, Gewalt, und generell Machtstrukturen, die stetige Grenzüberschreitungen normalisieren. Es geht um Schutzmaßnahmen gegen (sexualisierte) Gewalt und Diskriminierung. Wir nennen es hier Awareness, aber auch vor diesem Begriff (und auch ohne diesen Begriff) gab es diese Bewegung. Die Bewegung von marginalisierten unterdrückten Gruppen, die an der Ungerechtigkeit vorbei ein anderes Leben praktizieren wollen.

Mittlerweile wird der Ruf nach Awareness als gesellschaftliches Allheilmittel immer lauter. Themen wie Machtmissbrauch und der Bedarf nach sicheren Orten bekommen immer mehr mediale Aufmerksamkeit, so auch bei Parteien im Wahlprogramm oder im Positionspapier des Deutschen Kulturrats, auch andere große Organisationen ziehen nach mit Selbstverpflichtungen zur Einhaltung von gesellschaftlichen und menschlichen Grundregeln.

Für diesen stark benötigten Kulturwandel müssen alle mitmachen. Dazu sind wir gern bereit – woran es mangelt ist Zeit, Geld und Personal. Drei lösbare Herausforderungen für große gesellschaftliche Missstände.“

Programmpunkte

Das Programm des bundesweiten Fachaustausches war konzipiert, um ausreichend Raum für Vernetzung und Austausch zu ermöglichen. Daher sind sowohl kleine Pausen als auch eine große gemeinsame Lunch-Pause und auch ein Aftermeeting in einer anderen Location eingeplant worden. Zudem wurden Orte geschaffen, wo sich bundesweite Initiativen mit ihrer Arbeit präsentieren und vernetzen konnten: Initiative Awareness (Leipzig), Safer Spaces (Kiel), Safe The Dance (München), Safer Nightlife Roundtable (Klubkomm Köln). Ebenso wurden die Ergebnisse der bundesweiten Bestandsaufnahme aus dem Folgeprojekt „tba – to be aware“ visuell aufbereitet und dienten als Grundlage für Austausch und Reflexion.

Der Fachaustausch beinhaltet insgesamt 4 Themenblöcke, die im folgenden genauer betrachtet werden:

1.1. Status Quo – Recap Clubschulung (Projekt „tba – to be aware“ 2023) – Präsentation durch Gwendolyn Patzer von Act Aware e.V., die als Projektpartner:innen die Clubschulung in 8 Hamburger Clubs betreut haben.

Link zur Präsentation: https://fileskit.org/tbafachaustauch24_actaware

1.2. Status Quo – Awareness Basics Workshop – von Kerse – adressiert an alle Interessierten, die sich den Grundannahmen von Awareness-Arbeit erneut widmen wollten.

Link zur Präsentation: https://fileskit.org/tbafachaustauch24_kerse

Status Quo war ein Programmpunkt, der parallel in zwei Räumen stattgefunden hat. Die Teilnehmenden konnten sich selbständig für einen Programmpunkt entscheiden. Die Aufteilung ergab sich als sehr ausgeglichen, was die Anzahl betrifft.

2. Keypanel „Awareness im Veranstaltungskontext – zwischen politischer Bewegung und Kommerzialisierung“ 

Referent:innen: Dinuţ Hillebrand (Initiative Awareness Leipzig), Phillip Dahmen (Kopf&Steine/Dockville), Maja von Glan (L’Unità Bremen), Antje Grabenhorst (AK Awareness/FC St. Pauli)

Moderation: Paul Ninus Naujoks

In diesem Keypanel wurde aus unterschiedlichen und bundesweiten Perspektiven ertragreich über den Ist-Stand von Awareness-Arbeit gesprochen: So lassen sich beispielsweise vermehrt Anfragen von Schulen und Schulsozialarbeit an Awareness-Expert:innen verzeichnen, Fangruppen in Stadien fordern professionelle Hilfsstrukturen aktiv ein und Großveranstaltungen erkennen den Bedarf von Awareness-Konzepten an, wodurch diese in Budgetplanungen berücksichtigt werden. Die Speaker:innen waren sich jedoch einig, dass es für einen gelingenden Awareness-Ansatz wichtig ist, dass Awareness insbesondere bei Veranstaltungsdurchführungen von allen im Team getragen werden muss. Ein Austausch erfolgte durch die Speaker:innen zu der Operationalisierung von Awareness-Konzepten an ganz unterschiedlichen Orten und Räumen.

Awareness-Arbeit steht jedoch immer auch in einem Spannungsfeld zwischen politischer Care-Arbeit und Kommerzialisierung. 

Einig waren sich alle Panelist:innen darin, dass ein Awareness-Konzept und/oder Awareness-Team niemals als einzige Sicherheitsinstanz fungieren kann und sollte: Es braucht weitere Sicherheitsstrukturen, die das Handlungsfeld von Awareness-Arbeit überschreiten. Im Veranstaltungskontext gehört hierzu unter anderem das Entfernen von gefährdenden oder grenzüberschreitenden Personen vom Veranstaltungsort. Deshalb gilt es besonders aufmerksam zu sein, um eine Verantwortungs- und Aufgabendiffusion zu vermeiden und gute Briefings mit anderen Sicherheitsinstanzen zu fokussieren. Eine praxiserprobte Lösung hierfür sind Handkarten für Mitarbeitende von Sicherheitsdiensten, die ein zügiges Briefen ermöglichen und so auch im hektischen Veranstaltungskontext mit wechselnden Mitarbeitenden zu klaren Zuständigkeiten und mehr Handlungsfähigkeit aller Beteiligten führen. Denn Awareness muss im Veranstaltungskontext alle Strukturen durchdringen, um wirkmächtig zu sein, postulieren die Panelist:innen einstimmig. 

Führt eine Kommerzialisierung zu einer Verbesserung von Awareness-Strukturen? Diese Frage wurde von den Panelist:innen diskutiert: schließlich sei Awareness ja etwas aus politischer Selbstorganisation gewachsenes und müsse auch etwas Politisches bleiben. Insbesondere die Perspektive aus den neuen Bundesländern verdeutlicht aber, dass es ein gangbarer Weg sein kann, linke Konzepte durch andere Begriffe ‚salonfähig‘ zu machen, um mehr Menschen anzusprechen und abzuholen – auch wenn diese sich selbst nicht als linkspolitisch identifizieren. 

Awareness-Arbeit befindet sich jedoch in einem fortlaufenden Prozess und muss sich stetig weiterentwickeln. So sind Awareness-Teams vor Ort auch immer mit neuen Themen konfrontiert, auf die sie adäquat reagieren wollen und aus ihrem Selbstverständnis heraus auch müssen: Panikattacken erfordern beispielsweise medizinische Kenntnisse. Um mit den Herausforderungen an die Awareness-Arbeit umgehen zu können und handlungsfähig zu bleiben, ist es wichtig, Personen weiterzubilden und thematische Schulungen anzubieten, die den jeweiligen Anforderungen angemessen sind. Kritisch in dem Bereich Awareness-Arbeit ist die häufig ausbleibende/ehrenamtliche oder nur geringfügige Vergütung von Mitarbeitenden. Hier braucht es noch mehr Wertschätzung und Anerkennung der Relevanz von Awareness-Arbeit. Um diese weiter ausbauen zu können, braucht es jedoch nicht nur gesellschaftlich-politische Anerkennung, sondern auch monetäre Förderungen. Awareness-Arbeit ist und bleibt ein Bildungsprozess für alle Mitglieder einer pluralen demokratischen Gesellschaft. 

3. Awareness im öffentlichen Raum – 4 Good Practices

Vier Personen und Initiativen haben Einblick in ihr jeweiliges Engagement zur Förderung von Awareness im öffentlichen Raum gegeben:

+ Christine Hill / 48h Wilhelmsburg

Link zur Präsentation: https://fileskit.org/tbafachaustauch24_48hwilli

+ Christina / Pink Pauli Awareness (Hamburg)

Link zur Präsentation: https://fileskit.org/tbafachaustauch24_pinkpauli

+ Philipp Hellberg / Limmernlichter Hannover

Link zur Präsentation: https://fileskit.org/tbafachaustauch24_limmernlichter

+ _willi / Awa* Wien / Mauerpark Projekt Berlin – keine Präsentation zur Veröffentlichung vorhanden.

4. Interkulturelle Awareness-Praxis an der Schnittstelle zu Psycare

Referent:innen: Adela Abad (Intertronika, Vivid e.V.), Natalie Falkenhagen Bravo (Intertronika)

In diesem Vortrag wurde Awareness als interkulturelle Arbeit und Perspektive sowie als intersektionale und interdisziplinäre Praxis betrachtet. Dabei gilt Selbstreflexion als zentrales Instrument funktionaler Awareness-Strukturen. Musik und Kunst dienen als Medien, um politische und kulturelle Werte zu vermitteln. Die Referent:innen verstehen Interkulturalität als Awareness-Konzept und sehen eine kritische Betrachtung ‚sicherer Räume‘ und ‚Vielfalt‘ in diesem Kontext. Es bedarf mehr Verständnis von Machtstrukturen auch im Nachtleben, was interne (Team Veranstaltung/Club) und externe (Gäste) Strukturen betreffen. Zudem wird mehr Austausch von Kenntnissen gefordert.

Link zur Präsentation: https://fileskit.org/tbafachaustauch24_intertronika

Abschluss und Ausblick

Anna Lafrentz schließt mit den Worten:

„Mir ist noch einmal mehr klar geworden, dass das eine die Idee ist und das andere die praktische Umsetzung. Vielleicht brauchen wir dafür eine ordentliche Ladung Pragmatismus? Brauchen wir nicht den „Mainstream“, um unsere Kultur zu ändern? 

Und auch, dass „der Mainstream“ häufig eine Vorstellung von Awareness hat, die wir gar nicht so teilen. Wie z.B. die Partypolizei. Oder Wellness. Die Annahme ‚Awareness ist gleich Awarenessteam‘ ist aus meiner Sicht aktuell das schwierigste Missverständnis, da es zugleich Erwartungen und Aversion mitbringt. 

Eine weitere Frage bei der ich schon länger überlege, wie sowas funktionieren kann: wenn es Pflichten für Datenschutzbeauftragte, Brandschutzbeauftragte und Erste Hilfe gibt — wieso gibt es keine Pflicht für Awarenessbeauftragte? Betriebsrat und Gleichstellungsbeauftragte sehen diese Aufgaben meist nicht bei sich – vielleicht könnten wir damit also eine wichtige strukturelle Lücke schließen.“ 

Folgende Bausteine ergeben sich noch aus dem geförderten Projekt „tba – summit“:

  • tba-Website wird veröffentlicht und dient als Distributionsplattform für Vernetzung und bundesweitem Austausch und zur Sichtbarkeit von aktuellen Erkenntnissen, Veröffentlichungen, etc.
  • Veröffentlichung der Ergebnisse der bundesweiten Bestandserhebung zu Schutzmaßnahmen
  • Update zum beantragten Folgeprojekt „tba – continues“ und Pläne für 2025 
Resonanz & Resümee

Die Resonanz der Teilnehmenden des bundesweiten Fachaustausches war sehr positiv und auch die angemeldeten Personen waren fast vollzählig vor Ort. Zudem kam ein Team bestehend aus technischer Durchführung, Hospitality, Einlass und informierende Initiativen von über 30 Personen zusammen. Insgesamt waren 12 Referent:innen aus Deutschland und Österreich auf der Bühne, um ihr Wissen mit den Teilnehmenden zu teilen.

Mehrheitlich wurde der Wunsch nach Regelmäßigkeit bezüglich eines überregionalen Austauschs geäußert. Zudem wurde im Austausch mit den teilnehmenden Organisationen und Personen deutlich, dass überall sowohl die personelle als auch finanzielle Ressource für ganzheitliche Awareness-Arbeit und passende Ausbildungsstrukturen fehlen. Mit finanziellen Mitteln könnten diese strukturellen Lücken behoben und ein gemeinsamer gesellschaftlicher Weg hin zu mehr Bewusstsein für Diskriminierungen jeglicher Art geschaffen werden. Mit einheitlichen Standards könnte dem Vorwurf der Einkaufsmentalität entgegengewirkt und das Missverständnis, dass Awareness-Teams im Nachtleben als „Partypolizei“ oder „Marketingticket“ wahrgenommen werden, revidiert werden. Eine von vielen genannte Erkenntnis war außerdem, dass Awareness-Teams nicht gleich Awareness-Strukturen bedeuten, sondern nur ein Element von einem ganzheitlichen Konzept für Schutzmaßnahmen bilden. 


Bundesweiter Fachaustausch – 11.10.2024 Jupiter Hamburg
DANKE!

Wir sind überwältigt von der Resonanz und Teilnahme am bundesweiten Fachaustausch „Awareness im Nachtleben“ am 11.10.2024 und bedanken uns bei allen Guests, den Speakx, dem Team, der Hansemats und den Förderern, ohne die das Projekt nicht möglich wäre: Initiative Musik, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien der Bundesrepublik Deutschland sowie der Behörde für Kultur und Medien Hamburg. Danke Clubkombinat für die stabile Basis. 

More to come: Wir haben uns bemüht diverse Dokumentationsformate anzuwenden und werden euch in den kommenden Wochen mit jeder Menge Material versorgen. Diese findet ihr dann hier.

Bei Fragen oder Kommentaren, meldet euch jederzeit unter awareness@clubkombinat.de.

Die Pressemitteilung zur Ankündigung zum bundesweiten Fachaustausch 2024 ist als Download verfügbar.

Berichterstattung

NDR Hamburg Journal (ab 16:27)

ZEIT (online Artikel)

ILLUSTRATIONEN VON JULIA ZEICHENKIND

Das war unser Fachaustausch im Exil der Hanseatischen Materialverwaltung durch die Augen und den Stift von Julia Zeichenkind. Folgt ihr auf den multisensorischen Spuren durch den Tag! Danke Julia für Deine persönliche Perspektive und die wunderbaren Zeichnungen.

PROGRAMM
SPEAKX
Kerse (Sie/Ihr)

Kerse (sie/ihr) ist Awareness-Beraterin und Kulturmanagerin aus Hamburg. Sie berät Veranstalter*innen, Institutionen und Gruppen in Kultur, Politik und Medien dabei Konzepte und Strategien gegen Diskriminierung und (sexualisierte) Gewalt zu entwickeln.

11.00 – 12.00 Uhr | Status Quo – Awareness Basics

Gwendolyn Patzer (Sie/Ihr)
// Act Aware e.V.

Gwendolyn ist Teil des Act Aware e.V. für den sie Workshops im Bereich Awareness gibt und Veranstaltende bei der Entwicklung und Umsetzung von Awareness Konzepten berät. Darüber hinaus ist sie Mitglied der Awareness AG des SNNTG Festivals und des Awareness Arbeitskreises „We Take Care“ in Hannover.

11.00 – 12.00 Uhr | Status Quo – Recap Clubschulung

Maja von Glan (Sie/Ihr)
// L’Unità

Maja arbeitet bei L’Unità als Teamleiterin und Referentin im Bereich Awareness. Mit dem Projekt „Awareness im Viertel“ ist das L’Unità Awarenessteam in Bremen seit einigen Jahren jedes Wochenende im öffentlichen Raum unterwegs. Auch auf Events, Festivals, Tagungen, Konzerten und Parties kommt das Team regelmäßig zum Einsatz. In Kooperation mit dem Bremer Clubverstärker e.V. gestaltet L’Unità die Kampagne „Gemeinsam.Sicherer.Feiern“, mit der sich die Beteiligten für ein sichereres und angenehmeres Bremer Feier- und Veranstaltungsleben einsetzen.

12.30 – 14.00 Uhr | Awareness im Veranstaltungskontext – zwischen politischer Bewegung und Kommerzialisierung

Dinuţ Hillebrand (Er/Keine)
// Initiative Awareness e.V.

Ob auf Konferenzen, Partys, Ausstellungen, Demonstrationen, Festivals, Aufführungen oder Camps – bei Veranstaltungen jeglicher Art kommen viele Menschen zusammen, um sich auszutauschen, Spaß zu haben oder gemeinsam produktiv zu sein. Dennoch erleben Besucher*innen, Veranstalter*innen und Künstler*innen regelmäßig Grenzüberschreitungen, Diskriminierung und (sexualisierte) Gewalt. Die Auswirkungen können sehr vielfältig sein: von einem ruinierten Abend bis zu langfristigen traumatischen Erkrankungen.

Unser Ziel ist es, Strategien zu entwickeln um (sexualisierte) Gewalt und Diskriminierung jeder Art bei Veranstaltungen zu minimieren und Betroffene zu unterstützen.​

12.30 – 14.00 Uhr | Awareness im Veranstaltungskontext – zwischen politischer Bewegung und Kommerzialisierung

Antje Grabenhorst (Sie)
// FC St. Pauli

Antje Grabenhorst macht seit 2011 Awareness Arbeit. Zunächst ehrenamtlich im Polit- und Solipartykontext, seit 2018 dann auch im Fußball. 2019 und 2021 gab sie mit anderen Mistreiterinnen des Netzwerks gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt im Fußball Handlungsleitfäden zur Umsetzung von Awareness Strukturen im Fußball und zum Umgang mit sexualisierter Gewalt in Fanszenen heraus und arbeitet seit 2024 als Awareness Projektleitung beim FC St. Pauli. Privat ist sie Werder Fan und dort im AK Awareness engagiert, den sie 2020 mitgründete.

12.30 – 14.00 Uhr | Awareness im Veranstaltungskontext – zwischen politischer Bewegung und Kommerzialisierung

Phillip Dahmen (Er/Ihm)
// Kopf&Steine GmbH

“Gebürtiger Hamburger. Festangestellt bei der Veranstaltungsagentur Kopf&Steine GmbH mit dem Schwerpunkt Veranstaltungssicherheit der vier Groß-veranstaltungen, u.a. dem MS DOCKVILLE Festival. Dazu gehören Aufgaben wie Ordnungsdienstplanung, Schnittstelle zur Awareness, Verkehr und Ansprechpartner für Polizei, Feuerwehr und Sanitätsdienst. Nebenbei selbstständig in Hamburger Clubs und auf anderen Festivals in der Durchführung, als Stagemanager und in der Produktion tätig.”

12.30 – 14.00 Uhr | Awareness im Veranstaltungskontext – zwischen politischer Bewegung und Kommerzialisierung

_willi Hejda (they/keine)
// AwA*

_willi Hejda ist seit über 15 Jahren in freier und autonomer (Gegen)Kulturarbeit aktiv. They ist in verschiedenen Räumen und Initiativen organisiert und ist eine der gründungsaktiven Personen von Awareness-Arbeit in Österreich. _willi lebt offen als nicht-binäre/trans Person.

15.00 – 16.15 Uhr | Awareness im öffentlichen Raum – 4 good practices

Christine Hill (Sie/Ihr)
// 48h Wilhelmsburg

“Aktuell betraut mit Programm- und Netzwerkarbeit von 48h Wilhelmsburg, der Organisation einer kleinen feinen Konzertreihe auf den Elbinseln und gelegentlich Veranstaltungsleitung im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Ehrenamtlich bin ich Teil mehrerer soziokultureller Projekte in Hamburg und beschäftige mich mit dem Thema Awareness in sehr unterschiedlichen Bereichen.”

15.00 – 16.15 Uhr | Awareness im öffentlichen Raum – 4 good practices

Christina (Sie/Ihr)
// Pink Pauli Festival 2024


Moin, ich bin Christina und als Tausendsasserin voller Tatendrang habe ich dieses Jahr das erste Awareness Konzept für das Pink Pauli Festival auf dem Spielbudenplatz erarbeitet und mit einem Container und mobilem Team erfolgreich durchgesetzt. Mich beschäftigen Herausforderungen und Möglichkeiten rund um Awareness Arbeit im queeren (Party) Kontext – zudem treibt mich die Utopie einer Awareness Struktur im öffentlichen Raum (besonders Raum Reeperbahn) an.

Nebenbei bin ich voller Begeisterung Tourguide fürs St. Pauli Office (St. Pauli Touren / Queertour) und auch in Skandinavien als Reiseleiterin unterwegs. Auch der Grüne Jäger ist beruflich mein Zuhause.”

15.00 – 16.15 Uhr | Awareness im öffentlichen Raum – 4 good practices

Philip Hellberg (Er/Ihm)
// LimmernLichter

“Als Mitglied des Kollektiv 17 hab ich das Projekt LimmernLabor initiiert. Wir beschäftigen uns dabei unter anderem mit der Nutzung des und das Zusammenleben im öffentlichen Raum. Hierbei versuchen wir möglichst viele unterschiedliche Perspektiven einzuholen. Auf dieser Basis entwickeln wir  neue Ideen für ein besseres Miteinander und setzen diese um. Mit unserem allparteilichen, ganzheitlichen Ansatz des Konfliktmanagements „LimmernLichter“ lösen wir z.B. mit unterschiedlichen Ansätzen entstehende und bereits lang bestehende Nutzungskonflikte nachhaltig auf. Das individuelle Wohl- und Sicherheitsempfinden der nächtlichen Nutzer:innen des öffentlichen Raums ist hierbei ein sehr wichtiges Thema für uns.

Seit ca. 10 Jahren bin ich im Bereich der ehrenamtlichen Kulturarbeit tätig und vor allem beim snntg e.V. / snntg Festival stark involviert. Mein Lieblingsthema ist dabei die Nachhaltigkeit.”

15.00 – 16.15 Uhr | Awareness im öffentlichen Raum – 4 good practices

Adela Abad (Sie/Ihr)
// Intertronika

“Ich bin Kulturvermittlerin, kritische und sozioemotionale Pädagogin, Awareness- und Psycare-Vermittlerin, DJ und Veranstalterin. Ich komme aus Madrid und lebe seit 2017 in Hamburg. Ich bin Mitbegründer:in von Intertronika, einem Netzwerk, das die kreativen und Selbstausdrucksprozesse von FLINTA- und BIPOC-Personen sowie deren Interaktion unterstützt. Dieses Netzwerk ist ein sicherer Raum für andere Projekte. Es wurde 2021 gegründet und legt besonderen Wert auf Vielfalt, zwischenmenschliche Beziehungen und mentale Gesundheit im Nachtleben. Das Netzwerk hat seinen Sitz in Hamburg, kuratiert jedoch interkulturelle Programme auf nationaler und internationaler Ebene. Es arbeitet unter anderem mit Institutionen wie Vivid Hamburg e.V., der Psychedelic Society Hamburg, Berlin, Leipzig, Sonar Berlin, Act Aware, Safe the Dance und Energy Control zusammen.”

16.30 – 17.30 Uhr | Interkulturelle Awareness-Praxis an der Schnittstelle zu Psycare

Natalie Falkenhagen Bravo (Sie/Ihr)
// Intertronika

“Seit zwei Jahren bin ich im Bereich Awareness auf diversen Veranstaltungen tätig und habe durch meine Tätigkeit als Politikwissenschaftlerin, mit Schwerpunkt auf Friedens- und Konfliktforschung sowie Intersektionalität und Gender, umfassende Erfahrungen gesammelt. Seit einem Jahr leite ich Workshops an der Universität Hamburg und habe für eine Veranstaltung ein vollständiges Konzept entwickelt. Darüber hinaus arbeite ich seit fast einem Jahr in einem Club, wo ich aktiv Maßnahmen zur Schaffung eines „safer dancefloor“ umsetze, um ein sicheres und inklusives Umfeld zu fördern.”

16.30 – 17.30 Uhr | Interkulturelle Awareness-Praxis an der Schnittstelle zu Psycare

Sophia Legge (Sie/Ihr)
// Klubkomm e.V.

“Ich bin Vorstandsmitglied und Geschäftsstellenleitung beim Klubkomm e.V. und dort vor allem mit den Themen Safer Nightlife und Raum & Flächen für Kulturwirtschaftliche Nutzungen beschäftigt. In meinen weiteren Tätigkeiten bin ich aktiver Teil von krakelee club, einem kollektiv betriebenen, genossenschaftlichen Clubprojekt und bin selbstständige Veranstalterin. Außerdem arbeite ich als Sorterin und beschäftige mich viel mit diversitätssensibler Tür- und Securityarbeit.”

Leah-Maria Rott (Sie/Ihr)
// saferspaces

“Ich bin eine der Co-Gründerinnen von saferspaces.  Mit saferspaces setzen wir uns für eine niedrigschwellige und anonyme Meldestruktur bei Übergriffen und Diskriminierungen im Veranstaltungskontext ein. Mit unserer Anwendungkönnen betroffene Personen sowohl anonyme Mel-dungen hinterlassen als auch niedrigschwelliig und unmittelbar das Awareness-Team kontaktieren, um Unterstützung zu erhalten.”

Mirca Lotz (Sie/They)
// Safe the Dance

Mirca ist als Veranstalterin und Kuratorin, mit einem Fokus auf interdisziplinäre Formate und besonderen Veranstal-tungsorten tätig, ihre aktuelle Passion ist die Konzeption eines interdisziplinären, partizipativen Kollektivraums während des Chaos Communication Congress des CCC 2024. 2017 hat sie das erste internationale FLINTA+  Showcase Festival & Konferenz “We Make Waves” organisiert und ist als „Music Innovator“ Teil von Keychange. They hat das bayerische FLINTA+ Netzwerk „musicBYwomen*“ initiiert und war bei der Gründung von Music Women* Germany beteiligt. 2020 hat they eine Agentur für Diversity, Awareness Arbeit und Safe(r) Spaces “Safe The Dance” ins Leben gerufen, Fortbildungsreihen anbietet auch ein Handbuch Awareness verfasst hat. They hält regelmäßig internationale Vorträge und Workshops u.a. zum Thema Gender Equality, Safe(r) Spaces, Awareness und Diversity in der Musikindustrie.

Beccs (Es/Nims)
// Minzgespinst

“Glitzernde Grüße, ich bin Beccs (es/nims) und Gründer*in und das schillernde Gesicht von Minzgespinst. Als schwerbehinderte, pflegebedürftige, autistische und nichtbinäre trans Person ist Awareness für mich eine Herzensangelegenheit – um Bewusstsein und Sensibilisierung zu schaffen. Unser Motto ist „die beste Rache ist ein gutes Leben!“ und das möchte ich in die Welt tragen – für eine bessere Welt für Alle.”

Roxi Lofcali (Sie/Ihr)
// Klubkomm e.V., LINA NRW, safer nightlife cologne

Roxi Lofcali ist eine prägende Persönlichkeit in der Kölner Partyszene und weit darüber hinaus. Durch ihre persönliche Erfahrung mit ADHS und komplexer post-traumatischer Belastungsstörung (C-PTBS) bringt sie eine einzigartige Perspektive in ihre Arbeit ein. Ihr besonderes Engagement gilt der Schaffung eines sicheren und inklusiven Nachtlebens. Als Veranstalterin der Reihe NURBÖSE und als Vorstandsmitglied des Klubkomm e.V. setzt sie wichtige Impulse in der Club-kultur. Zusätzlich ist sie im Vorstand bei LINA e.V. aktiv und leitet das Projekt „AK Safer Nightlife“ der Klubkomm.

Neben ihrem beruflichen Engagement ist Roxi eine leidenschaftliche Aktivistin und Feministin, die sich für soziale Gerechtigkeit und positive Veränderungen in ihrer Community stark macht.

ANNA LAFRENTZ (Sie/Ihr)
// Clubkombinat

Ihr Herz schlägt für die Veranstaltungsbranche – temporäre Räume schaffen um Inspiration und Entwicklung zu fördern; Exile in denen das Wort ‚Möglichkeit‘ keine Hülse bleibt. Anna Lafrentz ist studierte Kunstvermittlerin und arbeitet freiberuflich als Projektmanagerin, Produktionsleitung und Kuratorin im Kunst-, Musik- und Kulturbereich. Im Hamburger Clubleben engagiert sie sich im Südpol-Kollektiv und im Vorstand des Clubkombinats. Im zweiten Jahr leitet sie zudem das Projekt „tba – to be aware“.

10.30 – 11:00 Uhr | Begrüßung & Keynote

Katharina Aulbach (Sie/Ihr)
// Clubkombinat

”Mein Leben ist ein bunter Blumenstrauß aus vielen Aspekten aus dem Veranstaltungsleben – Organisation, Stage, Sicherheit und Leitung, Nachhaltigkeit und Awareness. Mein Tag könnte auch aus mehr als 24 Stunden bestehen, denn mein Herz brennt auch für das Ehrenamt – deshalb bin ich beim Clubkombinat Hamburg seit über 4 Jahren.”

10.30 – 11:00 Uhr | Begrüßung & Keynote


Termine

Nachberichte

Pressemitteilungen


Pressespiegel

Stadtkultur Hamburg: Roundtable „Awareness und Recht“ am 21. November 2023 (16.11.2023)

groove.de: Clubkombinat Hamburg: Awareness-Projekt “tba” gestartet (05.10.2023)

NDR.de: “Awareness-Teams” und “Safe Spaces”: Clubs stoßen an Grenzen (10.06.2023)

NDR kultur: Was ist Awareness? Beobachtungen aus der Club- und Veranstaltungsszene (06.06.2023)

Hamburg Journal: Sexuelle Belästigung: Hamburger Clubs setzen auf “Awareness” (24.06.2023)

Vergangene Veranstaltungen
27.11.2024: Stammtisch „Awareness im Nachtleben“

Wir laden alle Awareness-Aktive und Interessierte in und um Hamburg herzlich zum zweiten Hamburger Stammtisch zum Thema “Awareness im Nachtleben und bei Veranstaltungen” ein.

Wir wollen uns informell und regelmäßig mit euch im Thema treffen, austauschen und dabei Limo, Wasser oder Bier trinken. Gemeinsame Weltrettungspläne am Tresen schmieden, Frust ablassen oder Freude teilen, mindestens dafür und für alles mögliche weitere soll dieses Treffen dienen.

Parallel findet der social melting pot statt, d.h. es wuseln Menschen rum und lernen sich kennen etc. Wir sind im Clubraum ganz links. Sagt am Eingang, dass ihr zum Awareness-Stammtisch oder Clubkombinat wollt. Getränke gibt’s regulär an der Bar – Essen dürft ihr euch mitbringen, wenn ihr hungrig seid. Drumrum gibt’s auch jede Menge zu holen für spontanes Abendessen. Der Zugang ist ebenerdig.

Wir wollen uns einmal im Quartal (oder bei Bedarf vielleicht auch häufiger) locker mit euch zusammensetzen und über Themen wie: Finanzierung, Teams finden, Maßnahmen umsetzen, Code of Conduct, kollegiale Fallberatung, Erkennungsmerkmal, aktuelle und generelle Herausforderungen sprechen – auch für Persönliches kann Raum sein.

Wenn ihr nicht auf der Einladungsliste auftauchen wollt, meldet euch, dann werdet ihr herausgenommen. Wenn ihr weitere Personen habt, die gern dazu eingeladen werden möchten, schickt deren Namen und Mailadresse gern zu und/oder leitet diesen Text weiter.

Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Bei Fragen und Anmerkungen, schreibt gerne eine Mail an awareness@clubkombinat.de

Mittwoch, 27. November, ab 19.00
Grüner Jäger, Neuer Pferdemarkt 36, St. Pauli

21.11.2024: Roundtable Awareness und Teilhabe #8

Interne Awareness – Hilfestellung und Good Practices fürs Team

Am 21.11.24 veranstaltet das Clubkombinat Hamburg im Rahmen des Projekts “tba – to be aware” den Roundtable #8, welcher sich mit internen Awarenessfällen und möglichen Hilfestellungen befasst. Dabei sollen eigene Strukturen diskriminierungskritisch betrachtet und Good Practices zum Thema interne Awarenessfälle im Kontext von Club und Nightlife vermittelt werden.

Dazu haben wir Pola (lila – Awareness) und eve (awer e.V.) aus Leipzig / Berlin eingeladen, um über ihre Arbeit mit teaminternen Awareness-Strukturen zu sprechen. Zusammen versuchen sie zu analysieren, wie betroffenzentrierte Umgänge mit Diskriminierung innerhalb der eigenen Strukturen etabliert werden können. Die daraus entstehenden Handlungsleitfäden und handlungsstarken Strukturen sollen verhindern, dass Täterschutz, Silencing und Mobbing betroffene Menschen aus diesen Strukturen drängen, und Täter*innen in Machtpositionen bleiben. Das Ziel ist, den eigenen Umgang mit Diskriminierung transparent aufzuarbeiten und nach außen zu kommunizieren, um nachhaltiges Vertrauen bei von Diskriminierung betroffenen Menschen in den eigenen Spaces und die eigene Awareness-Praxis zu gewährleisten. 

Neben einer moderierten Vorstellung ihrer Arbeit soll es auch eine Arbeitsphase geben, wo Teilnehmende spezifische Praxisbeispiele erarbeiten und gemeinsam Lösungsansätze entwickeln.

Zur Anmeldung.

SPEAKX

Pola (Sie/Ihr)
// Lila Awareness

Pola (sie/ihr) ist Gründerin von Lila Awareness. Sie bietet geschulte Awareness-Teams für Veranstaltungen und Festivals an und unterstützt Unternehmen, Organisationen und Kollektive beim Aufbau interner Awareness-Strukturen. Zudem hält sie Workshops zu verschiedenen Awareness-Themen und entwickelt neue Ansätze, um ihrem Team von rund 80 Honorarkräften und Schichtleitungen die Awareness-Arbeit näherzubringen. Neben ihrer Haupttätigkeit macht Pola eine Ausbildung zur systemischen Therapeutin und integriert Kenntnisse wie Bindungsaufbau und psychologische Erstversorgung in ihre Arbeit. Sie lebt in Leipzig, ist jedoch auch häufig in Berlin und Köln tätig, wo sie große Projekte wie den Holzmarkt25 betreut. Ihr Ziel ist es, ihre Arbeit stetig weiterzuentwickeln und Awareness-Themen stärker in der Gesellschaft zu verankern, um so einen gesamtgesellschaftlichen Wandel zu fördern.

eve (They/Them)

eve (they/them) ist eine non – binäre SexualpädagogIn, BodyworkerIn und ReferentIn. They lernt, arbeitet und spricht  über Sexualität(en), diskriminierungskritischen Praktiken und transformativen Bewegungen in Strukturen. Seit mehr als 6 Jahren arbeitet eve im Kontext Awareness, insbesondere auf sexpositiven Veranstaltungen und Festivals. Über den awer e.V. und im Auftrag der Initiative Awareness aus Leipzig bringt they Wissen über Awareness in Clubs, Vereine und Konferenzen, damit diese ihre eigenen Awareness-Strukturen aufbauen können. 

They positioniert sich als weiß, non-binär, neurodivers, abled-bodied und als nicht von Klassismus betroffen.

Anmeldung

Wenn du dabei sein willst, dann melde dich einfach kurz über das Formular an. Wir freuen uns dich nächste Woche zu sehen!
Wenn du bis dahin Fragen hast: awareness@clubkombinat.de


Kontakt

awareness(ät)clubkombinat.de