Nachbericht zum 3. Roundtable Awareness & Teilhabe

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06.12.2022 @ Molotow
Thema: K.O.-Tropfen im Veranstaltungskontext am 06. Dezember 2022 im Molotow

Der dritte „Roundtable Awareness & Teilhabe“ hatte Navina Nicke als Referentin zu Gast. Die Veranstaltung war ausgebucht und lieferte viele wertvolle Erkenntnisse, die wir in diesem Nachbericht festhalten.

Die Aktualität und Relevanz von K.O.-Tropfen um Veranstaltungskontext zeigte sich im großen Zuspruch bereits im Vorfeld. Nach kurzer Zeit war der angekündigte Veranstaltungsraum, die Sky Bar im Molotow ausgebucht. Der 3. Roundtable wurde daher in den Molotow Club verlegt, an dem sich die Besucher:innen rege beteiligten.

Navina Nicke präsentierte neben grundlegenden Informationen und reagierte auch auf aktuelle Fragen, die sie herangetragen wurde.

Hinweis: Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf Handlungshinweise, wenn ein Verdachtsfall auf Spiking („heimliches Verabreichen von nicht identifizierten Beruhigungsmitteln“) vorliegt. Sie sind lückenhaft und erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

Betreuung und Hilfeleistung betroffener Personen
Betroffene Person sollte an einen ruhigen Ort gebracht und dort ständig betreut werden.
Helfende (Begleit-)Personen sollten gecheckt werden, z. B. durch getrennte Befragung, um ein Ausnutzen der hilflosen Situation zu verhindern (z.B. Telefonnummer/Adresse vom Opfer bekannt?).

Know drugs App
Neben Informationen über verschiedene Substanzen gibt es auf der App auch den ‚Notfall‘,-Button unter dem Anleitungen zu finden sind, was in einem bestimmten medizinischen, substanzinduzierten Vorfall zu tun ist. Der Notruf kann direkt über die App erfolgen.

Verhalten und Informationen bei Notruf
Bei dem Ruf eines Rettungswagens reicht es aus, bei der Leitstelle (112) die Symptome (z. B. Brechreiz und/oder Bewusstlosigkeit) zu schildern. Ein Verdacht auf Spiking/Drugging muss nicht genannt werden. Das RTW-Personal ist angehalten, die Person im Wagen mit in das Krankenhaus zu transportieren. Das RTW-Personal steht unter Schweigepflicht, alle Informationen und ein möglicher Verdacht sollten an dieser Stelle geäußert werden.

Spurensicherung zur Beweisführung
Sollte eine Spurensicherung für eine spätere gerichtsfeste Beweisführung gewünscht werden, ist die Person möglichst umgehend zum UKE (Abteilung Rechtsmedizin) mit einer Begleitperson zu entsenden. Dort sollte der Besuch vorab telefonisch angekündigt werden.
Tel. +49 (0) 40 7410 – 52127
Haus Nord 81 (N81)
Butenfeld 34 · 22529 Hamburg
Lageplan => Gebäude N81

Beratungen und Stellen von Strafanzeige
Wenn die betroffene Person im Nachhinein eine Strafanzeige stellen möchte, ist es sinnvoll, sich in Ruhe eine Beratung einholen, z. B. beim Frauennotruf. Spiking fällt unter den Tatbestand gefährliche Körperverletzung und bildet damit ein Offizialdelikt, das einmal angezeigt, nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Erste Informationen zum Thema Strafanzeige sind hier erhältlich.

Beim Frauennotruf sind auch folgende Materialien zum Download erhältlich: Informationsflyer/Taschenflyer/Plakat/Postkarte

Handlungen vor Ort
Sollte eine verdächtige Person identifiziert worden sein, kann das Personal gemäß „Jedermannsrecht“ zur Not/Selbsthilfe gemäß § 229 BGB leisten und die Person festhalten. Voraussetzung ist jedoch, dass die Polizei gerufen wurde.

Empfehlungen für Locations & Veranstaltenden
Als Location kann man Spiking nicht gänzlich verhindern, jedoch können sich als Veranstaltende bestmöglich für etwaige Vorfälle vorbereiten und das Team schulen:
– Zuständigkeiten klären: Wer ruft im Bedarfsfall einen Rettungswagen? Wer kann bei der betroffenen Person bleiben?
– Wie können Positionswechsel erfolgen? Gibt es Personen im Stand-by-Modus, die in die Position des/der „Opferbetreuung“ einspringen können? Wie lange kann eine Betreuung sichergestellt werden?
– Wo kann ein ruhiger Raum zur Verfügung gestellt werden?
– Bewusstsein in der Venue schaffen: Liegen Infos zum Thema in der Location aus? Hängt ein Plakat (z.B. vom Frauennotruf)? Liegen Gadgets aus? Z.B. Spikeys oder ähnliches für den Schutz von offenen Getränken. Diese stellen zwar keine Sicherheit her, aber schaffen Bewusstsein beim Publikum.
– Ist das Bar/Springerpersonal geschult? U.a. wie/wann sammeln Springer:innen offene/besitzlose Getränke ein?

Weitere Link- und Literaturtipps
– Eine sehr differenzierte Dokumentation über GHB, welches häufig zum Spiking eingesetzt wird vom Y-Kollektiv: „Abschmieren auf Partydroge GHB: Clubszene zwischen Notfallplan & Kontrollverlust“
– Donovan, Pamela (2016): Drink Spiking and Predatory Drugging. A Modern History. Palgrave Macmillan
– McPherson, Bridget (2007): Drink Spiking. An Investigation of its Occurrence and Predictors of Perpetration and Victimization. Unveröffentlichte Dissertation. RMIT University, Melbourne. [Zugriff: 11.01.2023]
– Swan, Suzanne/Lasky, Nicole/Fisher, Bonnie/Woodbrown, Diane/Bonsu, Janaé/Schramm, Andrew/Warren, Peter/Coker, Ann/Williams, Corrine (2017): Just a Dare or Unaware? Outcomes and Motives of Drugging (‚Drink Spiking‘) Among Students at Three College Campuses. In: Psychology of Violence. Jg. 7, Heft 2. S. 253 – S. 264

Für mehr Informationen und zum Austausch zum Thema K.O. Tropfen im Veranstaltungskontext steht Navina Nicke gern zur Verfügung: Kontakt via Mail: navina.nicke(at)safe-and-sound.club

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