Co2 Bilanz des clubawards 2023

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Überraschende Erkenntnisse und Test verschiedener Rechner.

Der clubaward 2023 bot dem Clubkombinat die Gelegenheit, eine eigene Co2-Bilanz auf Basis eines realen Events zu erstellen und so wertvolle Erkenntnisse im Bereich Nachhaltigkeit zu gewinnen. Diese Erkenntnisse fließen in die interne Nachhaltigkeitsstrategie ein und sollen bei der Organisation des nächsten clubawards berücksichtigt werden. Die Mitgliedschaft kann ebenfalls von den gewonnenen Erkenntnissen profitieren, da diese in Form von Blogbeiträgen und persönlicher Beratung durch die Geschäftsstelle zugänglich gemacht werden.

Zielsetzung der Bilanz 

Als Verband mit einer Projektstelle für Nachhaltigkeit und dem Anspruch, sowohl Verantwortung für unsere eigenen Emissionen zu übernehmen als auch Services für unsere Mitglieder anzubieten und zu testen, verfolgte die Erstellung der Co2-Bilanz mehrere Ziele:

  • Praxisbezogene Anwendung des Wissens zur Co2-Bilanzierung 
  • Test verschiedener Co2-Rechner und Berichterstattung für unsere Mitglieder sowie interessierte Externe 
  • Klarheit über die verursachten Emissionen der eigenen Veranstaltung 
  • Identifikation von Maßnahmen zur weiteren Senkung und Vermeidung der Emissionen beim nächsten clubaward 2024 
  • Schaffung eines Test- und Lernfelds 
Vorgehensweise
  • Erstellung eines Nachhaltigkeitskonzepts für die Veranstaltung 
  • Definition der Systemgrenzen 
  • Gemeinsame Datenerfassung während des Events 
  • Sammlung der Datensätze und Recherche zusätzlicher Daten durch das Clubkombinat 
  • Test verschiedener Berechnungsmodelle und Tools 
  • Vergleich der Bilanzen und Erstellung eines Blogbeitrags 
Nachhaltigkeitskonzept und Kommunikation 

Im Vorfeld des clubawards wurde ein Nachhaltigkeitskonzept für die Veranstaltung erstellt und mit den Kolleg:innen der Geschäftsstelle, dem Vorstand, der beteiligten Eventagentur OHA Music sowie dem Team des KENT Club geteilt. Ziel war es, die Produktion der Veranstaltung so ressourcenschonend wie möglich umzusetzen und innovativen Lösungen Raum zu geben. 

Definition der Systemgrenzen der Bilanz 

Für die Bilanzierung wurde ausschließlich der Veranstaltungszeitraum betrachtet, ohne Vor- und Nachbereitungszeit, da diese überwiegend in Form digitaler Kommunikation stattfand. Persönliche Termine innerhalb Hamburgs wurden mit öffentlichen Verkehrsmitteln wahrgenommen. Die in der Vor- und Nachbereitung entstandenen Emissionen fallen in den Bereich der normalen Bürotätigkeit und wurden daher nicht berücksichtigt. 

Details der Datenerfassung & Berechnung 

Für die Datenerfassung wurde das kürzlich veröffentlichte KBK+ Exceltool genutzt und mit der Eventagentur geteilt. Die Emissionen der Publikumsanreise wurden mithilfe einer Vor-Ort-Befragung mit der App Crowd Impact erfasst und anschließend auf die Gesamtzahl der Besuchenden hochgerechnet. Erfasste Daten umfassten: 

  • Stromverbrauch vor und nach der Veranstaltung 
  • Anzahl der Besuchenden 
  • Anreise von Publikum, Crew und Mitarbeitenden sowie die für die Veranstaltung nötigen Logistikfahrten 
  • Abfallvolumen und Abfallart 
  • Produktionsmaterialien, soweit verfügbar

Abgeleitete Daten:

  • Catering-Emissionen
  • Wasserverbrauch 

Bei der Auswertung wurden die Daten in verschiedene Co2-Rechner eingepflegt. Dabei zeigte sich, dass zusätzliche Excel-Tabellen zur Umrechnung nötig waren, da die Tools unterschiedliche Werte zur Emissionsberechnung verlangten. Beispielsweise mussten Abfallmengen von Volumen in Gewicht umgerechnet, die PKW-Fahrten der Mitarbeitenden zusammengefasst werden oder Logistikfahren in Streckenkilometern oder Tonnenkilometern angegeben werden. 

Kerndaten der Bilanz

Teilnehmende: 

  • Gäste: 476 
  • Mitarbeiter:innen KENT: 13 
  • Mitarbeiter:innen Clubkombinat inkl. Vorstand: 12 
  • Mitarbeiter:innen OHA Music: 6 
  • Weitere Externe (Artists, Moderation, Fotograf:in etc.): 7 

Venuegröße: 767 qm
Veranstaltungsdauer: 16:00 – 02:00 Uhr
Datum: 25.01.2024

Ergebnisse

Mit Hilfe des E-Tools wurden 1,75 t/Co2e für den clubaward berechnet. 92% der Emissionen entfallen auf Scope 3, also vor- und nachgelagerte Emissionen. Dabei sind die Hauptemissionstreiber die Publikumsanreise mit knapp 45% und das Catering mit 42%. Stromeinkauf und Verbrauch bilden weitere knapp 9%, alle anderen erfassten Faktoren verteilen sich im Nachkommabereich. Zur Detailauswertung

Dem Rechner des Umweltbundesamtes liegen teilweise andere Emissionsfaktoren im Bereich Mobilität zu Grunde, sodass es hier zu geringfügigen Abweichungen kommt. Die Summe der Emissionen für die Veranstaltung wird in diesem Rechner mit 1,89 t Co2e ausgegeben. Die Berechnung ist dafür allerdings deutlich niedrigschwelliger. 

Der Rechner von Musik-Cares ist für die Bilanzierung auf Basis unserer Messwerte nicht geeignet. Reiht sich mit der Prognose in die gleiche Größenordnung ein und gibt 1,99 t Co2e für die Veranstaltung an. Laut Music C.A.R.E.S. sind wir damit deutlich besser als der Durchschnitt und verbrauchen eine Tonne Co2 weniger, als eine vergleichbare Veranstaltung dieser Größe. 

Das Exceltool KlimaBilanzKultur gibt einen deutlich niedrigeren Wert mit 1,0 t Co2e für die Veranstaltung in KBK und KBK+ an. Grund für diese deutliche Abweichung ist die im Kulturstandard fehlende Berücksichtigung des Caterings. 

Energieverbrauch

Der Stromverbrauch der Veranstaltung lag bei 311 kWh, was aufgrund der modernen Ausstattung der Venue mit LED-Technik, moderner Kühltechnik und geringer Lüftungseinsätze als verhältnismäßig gering bewertet wurde. Die milden Temperaturen und die gute Isolierung der Gebäudehülle ermöglichten es zudem, auf Heizungen zu verzichten. 

Abfall

Produktionsbedingt konnten während der Veranstaltung nicht alle Müllsäcke gesondert gemessen werden, sodass das Abfallvolumen nachträglich großzügig geschätzt wurde. Die angegebenen Emissionswerte im KBK+ sind mit 2,1 kg CO2e pro Kubikmeter Restmüll als sehr niedrig einzustufen. Bei einer Exkursion zur Thermischen Verwertungsanlage am Rugenberger Damm wurde ein Emissionswert von einer Tonne Co2e pro Tonne Restmüll genannt. 

Produktionsmaterialien

Druckerzeugnisse wurden in die Bilanz aufgenommen, jedoch wurden weitere Produktionsmaterialien wie Award-Trophäen oder Kleindekorationen aufgrund der geringen Anzahl und der Komplexität der Berechnung nicht erfasst. 

Anreise der Besuchenden und Mitarbeitenden 

347 Personen wurden am Eingang befragt. Insgesamt besuchten 476 Personen die Veranstaltung, womit die Stichprobe als statistisch relevant gilt. Die durchschnittlichen Co2- Emissionen pro Gast betrugen 1,65 kg Co2e, basierend auf den mit der App Crowd Impact erfassten Daten. Die Gesamtzahl der Emissionen belief sich davon ausgehend auf 785,4 kg Co2e. Werden die 4 Fernfahrten aus Köln, Berlin, Leipzig und Düren separat behandelt, reduziert sich die zurückgelegte Strecke von 22,6km auf 6,7 km pro Person und die Emissionen auf 1,15 kg Co2e pro Person. 

50 % der Besuchenden nutzten den öffentlichen Nahverkehr und reisten trotz Bahnstreik mit Bus, U- und S-Bahn an. Weitere 32 % nutzten das Fahrrad oder kamen zu Fuß. Standortwahl und Kommunikation einer umweltfreundlichen Anreise zeigen hier deutliche Erfolge. Lediglich knapp 16 % nutzten Auto oder Taxi, hier mehrheitlich für größere Distanzen (Ø 28,5km) aus dem Hamburger Umland. Überregionale Langstrecken wurden mit der Bahn zurückgelegt. Spannend ist, dass obwohl die Autonutzung so gering war und im Schnitt 1,4 Personen pro Fahrzeug mitfuhren, knapp 60% der Mobilitäts-Emissionen auf dieses Verkehrsmittel entfallen. 

Umfassende Informationen zur Publikumsmobilität und der Messung von Emissionen mit Crowdimpact gibt es im Blogartikel “Adele vs. Aalhaus – Wie reisen Besucher:innen zum Club, welche Umweltauswirkungen hat das?” nachzulesen. Das Key-Learning: Die oft pauschal genannte Zahl: „80% der Emissionen entfallen auf die Publikumsmobilität” bestätigt sich hier nicht, die Emissionen des Caterings liegen fast gleich auf. 

Ressourcenverbrauch Wasser 

Der Wasserverbrauch konnte nicht ermittelt werden, da Wasseruhren nicht vorhanden bzw. der Zugang zu möglichen Haustechnikräumen im Gebäude nicht möglich war. 

Der Wasserverbrauch wurde deshalb geschätzt. Pro Toilettengang (inkl. Händewaschen) wurden 4 Liter Wasser angenommen, da der Club über moderne, sensorik gesteuerte Sanitäranlagen verfügt. Zusätzlich wurde ein großzügiger Wasserverbrauch für Küche, Bar sowie Auf- und Abbau von 1000 Litern hinzugerechnet, sodass der angenommene Gesamtverbrauch 5000 Litern Wasser entspricht. Multipliziert mit dem Emissionsfaktor für Leitungswasser von 0,35g/L entspricht der Wasserverbrauch 175 kg Co2e. 

467 Gäste x 4 Liter x 2= 3808 l
+ 1000L Vor- und Nachproduktion, Bar etc. = 4808 l
+ Aufrundung auf Grund der Schätzung = 5000 l 
5000 L x 0,035 Kg Co2e/L = 175 Kg Co2e

Atiptap – Studie vergleicht Co2-Fußabdruck von Flaschen und Leitungswasser

Catering

Das Gästecatering bestand aus regionalem vegetarisch-veganem Fingerfood in Bioqualität, das restlos verzehrt wurde. Foodwaste wurde durch eine sparsame Kalkulation vermieden. Der UBA-Rechner gab auf Basis von Durchschnittswerten eine Emission von 734,15 kg Co2e für das Gästecatering und weitere 16 kg Co2e für das Crew-Catering an. 

Der Bereich Catering ist in KBK und KBK+ nicht vorgesehen, aber eine durchaus relevante Emissionquelle, die wir deshalb in der Bilanz berücksichtigen, auch wenn eine exakte Berechnung mit der Datenlage nicht möglich ist bzw. Nur unter sehr hohem Auf- wand ermöglicht werden kann. 

Die im Veranstaltungs-Rechner des Umweltbundesamtes berechneten Emissionswerte wurden anschließend in die von uns genutzten Co2-Bilanzierungs-Tools übertragen. 

Getränke

Nicht alle angebotenen Getränke waren Bio oder lokal bezogen, das Getränkesortiment der Venue weicht hier vom Nachhaltigkeitskonzept des Clubkombinats ab. Eine komplette Umstellung des gastronomischen Angebots war für die Veranstaltung nicht realisierbar. Dennoch wurde eine Trinkwasserstation eingerichtet und ein Spendenaufruf für Viva con Aqua realisiert. 

Der Getränkeverbrauch konnte nachträglich aus dem Kassensystem abgeleitet werden. Da die Lieferemissionen für die Getränke des Clubs außerhalb unseres Einflussbereichs liegen und eine Berechnung nur für die verbrauchten Getränke & Spirituosen äußerst aufwändig wäre, sind diese in der Bilanz nicht berücksichtigt.

Zur Berechnung des Getränkeemissionen ist die Datenlage bisher noch recht dünn, die Recherche der Datensätze gestaltet sich als aufwendig. Eine 0,5l Mehrwegglasflasche Bier wird seitens des Umweltbundesamts mit 0,9 kg Co2e angegeben, die 0,75l Flasche Wein mit 1 Kg Co2 beziffert. Spirituosen schlagen laut DAV unter Berufung auf eaternity mit 2,8 kg Co2e pro Liter zu buche. Die Berechnung erfolgt also nur grob anhand dieser Durchschnittswerte 

Quellen:
Umweltbundesamt – Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln
Tagesspiegel – Wie klimaschädlich sind beliebte Lebensmittel
Eaternity

Lücken in der Bilanz 

Beim Briefing der Event-Agentur wurde die Erfassung bereits vorhandener Waren und Lieferketten nicht berücksichtigt. So wurden die Getränke der Venue nicht erfasst, konnten aber nachträglich aus dem Kassensystem abgeleitet werden. Bei der Berechnung der Getränkelieferungsemissionen wäre eine Differenzierung nötig, um den Anteil verbrauchter Getränke bei der Veranstaltung von der Gesamtliefermenge abzuziehen, ebenso beim Rücktransport des Leerguts. Wir haben darauf verzichtet und vor allem Emissionen in unserem Einfluss-Bereich betrachtet. 

Darüber hinaus wurden nicht alle Mitarbeitenden produktionsbedingt bei der Ankunft nach dem genutzten Verkehrsmittel befragt. Auf eine nachträgliche Befragung wurde aus Kapazitätsgründen verzichtet, da die geringe Personenanzahl zu vernachlässigen ist. 

Fazit & Ausblick 

Die Co2-Bilanz des clubawards 2023 hat wertvolle Einblicke in die Emissionsquellen einer Clubveranstaltung geliefert. Insbesondere das Catering, Logistik und die Anreise der Besuchenden stellten wesentliche Faktoren dar. Auch der Abfall und die Energieverbrauch trugen zur Gesamtemission bei. Die gewonnenen Daten und Erkenntnisse bieten eine erste Grundlage, um künftige Veranstaltungen genauer zu untersuchen. 

Für eine Bilanz zum clubaward 2024 sollte die Datenerhebung weiter verfeinert werden, insbesondere in Bezug auf den Abfall, den Wasserverbrauch und sofern möglich das Getränkesortiment. Zudem sollte die Nutzung nachhaltigerer Produktionsmaterialien weiter ausgebaut und erneut Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Anreisemöglichkeiten umgesetzt werden, da diese sich als sehr effektiv erwiesen haben. 

Co2-Vermeidungspotentiale bestehen vor allem bei der Logistik von Dienstleistenden und Sponsoring-Partner:innen, auf diese entfallen 2 Fernfahrten mit dem PKW. 

Der Einkauf von Produkten bei Amazon, Ikea und Tiger sollte kritisch betrachtet und künftig vermieden werden. Bei der Herstellung der Award-Trophäen ist eine regionale Beschaffung und die Verwendung nachhaltiger Materialen zu berücksichtigen. 

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