Zwischenfazit zum 10-Punkte-Sofortprogramm für die Clubkultur

,

RETTET DIE CLUBKULTUR – THE SHOW MUST GO ON

Der Bürgerschaftsbeschluss zum Doppelhaushalt 2023/2024 liefert dem Vorstand vom Clubkombinat Hamburg e. V. Anlass für ein Zwischenfazit zur gegenwärtigen Kulturpolitik. Für den Herbst/Winter 2022/2023 hatte der Club-Verband vor drei Monaten ein Sofortprogramm mit 10 Handlungspunkten veröffentlicht und an die Politik und Verwaltung adressiert. Seitdem sind folgende Entwicklungen zu beobachten:

I. Club-Rettungsschirm & weitere Fördersäulen

Mit dem Haushalt 2023/2024 erklärt die Politik Corona finanziell gesehen für beendet. Der Club-Rettungsschirm, der von April 2020 bis Ende 2022 die Existenz von Musikspielstätten absicherte, wird 2023 nicht fortgeführt. Sehr zum Bedauern vom Clubkombinat findet das Förderprogramm „Neustart Kultur“ auch im Bundeshaushalt 2023 keine parlamentarische Mehrheit.

Auf Bundesebene wurde der vereinfachte Zugang zum Kurzarbeitergeld bis Mitte 2023 verlängert. Doch bei dem akuten (Fach)Kräftemangel sind Club-Betreiber:innen gut beraten, das Bestandspersonal weiter zu beschäftigen. Zudem wurde über den Bund der Kulturpass mit 100 Mio. Euro für 18-jährige angekündigt, um Anreize zu schaffen. Ein Ersatz für dringend benötigte Strukturhilfen wird dieses neue Instrument nicht sein.

II. Finanzhilfen für höhere Energiepreise

Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) – Gesamtvolumen von 200 Milliarden Euro – beinhaltet gemäß MPK-Beschluss vom 02.11.22 eine „Energiemilliarde“ für die Kultur. Zusammen mit den Ländern und weiteren Bundesministerien erarbeitet die BKM als federführendes Ressort derzeit die Kriterien dieser Hilfe heraus und legt die verwaltungsmäßigen Verfahren fest. Gefördert werden sollen private und öffentliche Kultureinrichtungen sowie Kulturveranstalter:innen. Auch die Musikclubs sind hierbei laut BKM im Blick. Geplant sind Zuschüsse zu den steigenden Energiekosten für Strom und Wärme, wobei die Wirkungen und Sparanreize der allgemeinen Energiepreisbremsen (s.o.) berücksichtigt werden. Zu den weiteren Kriterien und Details des Programms können derzeit noch keine verbindlichen Auskünfte gegeben werden, um der noch laufenden Abstimmung mit den Ländern und innerhalb der Bundesregierung nicht vorzugreifen.

III. Live Concert Account (LCA+)
Die Regierungsfraktionen verständigten sich für den nächsten Kulturhaushalt auf einige Akzentuierungen. Auch die Anliegen der Musikclubs wurden dabei berücksichtigt und erhalten ab 2023 zusätzliche 100.000 Euro für den Live Concert Account (LCA), welcher dann jährlich 350.000 Euro als Strukturfördermaßnahmen umfasst. Eine Erhöhung des LCA+ (Instrument zur gezielten Förderung von Nachwuchskonzerten) um +100.000 Euro steigert bei 2.959 Konzerten (2019: 65% aller Konzerte / 5.789 Konzerte insgesamt) die Förderung auf 40,55 Euro pro Nachwuchskonzert. Mit den Mitteln aus dem übrigen LCA (ca. 19,40 Euro / Konzert) liegt die Förderhöhe künftig bei rund 60,00 Euro pro Nachwuchskonzert.

Die gegenwärtigen Kostensteigerungen – u. a. der Tagessatz für erforderliche Tontechniker:innen stieg von ca. 150 Euro auf ca. 450 Euro – gefährden aktuell akut viele Nachwuchskonzerte. Das Clubkombinat ist dankbar für jede Aufstockung und betont zugleich, dass dieser Erhöhungsschritt nicht ausreicht, um die finanziellen Nöte in der Live-Kultur (insbesondere im Segment für den Nachwuchs/Talentaufbau) effektiv zu mindern. Mit einer Zielgröße von zusätzlichen 532.000 Euro läge die Kleinstkonzertförderung (LCA+) bei 160 €.

IV. Einrichtung Schallschutzfonds (ab 2024)

Im Doppelhaushalt 2023/2024 sind – trotz Verabredung im Koalitionsvertrag („Um die Existenz von Live-
Music-Clubs an ihren Standorten zu sichern, wird ein Schallschutzfonds eingerichtet, aus dem auch dringend benötigte Sanierungsmaßnahmen finanziert werden können.“
) – kein Haushaltstitel für zwingend notwendige Schallschutzmaßnahmen vorgesehen. Zudem besteht bislang keine Verständigung über ein vereinfachtes und beschleunigtes Abwicklungsverfahren zum Beschluss „Clubs bei Schallschutzmaßnahmen unterstützten“ vom 19. Januar 2022. Es fehlt eine spezifische Vergaberichtlinie, um künftig eine angemessene Prozessoptimierung für Planungs- und Bauintegrationsleistungen zu erzielen.

V. Reeperbahn Festival
Bis 2021 existierte ein Ansatz, um die Auswirkungen des größten Club-Festivals Europas für die lokale Clubszene zu kompensieren. Aktuell laufen Verhandlungen, um eine Einigung für das Jahr 2023 zu erzielen.

VI. Freiluftveranstaltungsfläche für kollektive Nutzungen
Eine Umsetzung des Koalitionsvertrags („Die Koalitionspartner setzen sich dafür ein, den Clubs für
gemeinschaftliche Aktionen zur finanziellen Abmilderung des jährlichen Sommerlochs eine geeignete
Freiluftveranstaltungsfläche zur Verfügung zu stellen.“)
wäre vermutlich noch nie so dringlich, wie im kommenden Sommer. Für eine Bespielung von Mai bis Oktober 2023 müsste eine geeignete Flächenübergabe spätestens im kommenden Februar erfolgen.

VII. Bündnis für kulturelle Freiräume
Bislang ist die „Meinungsbildung“ (siehe Protokoll der KulturA vom 31. Mai 2022) für die Einrichtung eines Bündnis für kulturelle Freiräume (analog zum Bündnis für bezahlbares Wohnen oder dem Runden Tisch Innenstadt) noch nicht abgeschlossen bzw. übermittelt. Die Vielfalt an Handlungsfeldern und Dringlichkeit zur langfristigen Klärung von Raumnöten wird eine öffentliche Anhörung im Kulturausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft offenbaren.
Spätestens bei der Aussprache der Abgeordneten und des Senats in einer Folgesitzung sollte diese Meinungsbildung abgeschlossen sein und publik gemacht werden.

IIX. Nachhaltigkeit / „Zukunft feiern HH“
Um den eingeleiteten Prozess „Zukunft feiern“ für eine nachhaltige Zukunft der Hamburger Club- und Kulturszene erstmals mit personellen Ressourcen auszustatten, erhält das Clubkombinat künftig 70.000 Euro pro Jahr. Damit soll unter der Bezeichnung „Future Fonds“ ein neuer Förderansatz zum Anreiz für gemeinwohlorientierte Aspekte etabliert werden.

Über den Klimafonds der Hamburger Klimaschutzstiftung hat das Clubkombinat gemeinsam mit der Clubstiftung ein Programm zur Energieberatung Hamburger Musikclubs aufgesetzt. Hierüber können ca. 10 Energieberatungen durchgeführt werden. Das Programm ist inzwischen überzeichnet. Wünschenswert wäre es, wenn der Bedarf an weiteren Energieberatungen und identifizierte Maßnahmen zur Förderung für Effizienzmaßnahmen z. B. über die bestehende Förderrichtlinie (für Einrichtungen, die eine dauerhafte Projektförderung erhalten) gedeckt werden könnte.

IX. Abschaffung der Stellplatzabgabe für Live-Musikspielstätten
Hamburg hat die Regeln zur Stellplatzabgabe angepasst. Laut Bauprüfdienst (BPD) 2022-2 / Mobilitätsnachweis (notwendige Stellplätze und Fahrradplätze) müssen Livemusikclubs (bis 1.700 Personen) „nur noch“ 1 Stellplatz pro 80 Besucher (statt vorher 1 pro 15 Besucher) nachweisen oder ablösen, jedoch mindestens 1 Stellplatz pro Musikclub. Das Clubkombinat bewertet diese Verbesserungen für Livemusikclubs als „ersten Schritt“ in die richtige Richtung, jedoch ist die Forderung zur gänzlichen Abschaffung der Stellplatzabgabe für Livemusikclubs damit noch nicht erfüllt.

X. 100%-Ansprechpartner:in für Club-Anliegen
Die fach-federführende Behörde für Kultur und Medien widmet sich im Referat Musik seit Jahren engagiert den Club-Themen. Die derzeitige Stellenausschreibung für eine/n Referent:in „Musik & Elbphilharmonie“ ist ab 01/2023 (50/50) neu zu besetzen. Es existieren inzwischen eine zunehmende Anzahl an Clubthemen, weswegen eine Ausweitung auf eine Vollzeitstelle, die sich zu 100% auf die Anliegen der Clubszene fokussieren kann, erstrebenswert.

Thore Debor, Geschäftsführer vom Clubkombinat kommentiert das Zwischenfazit: „Angesichts der Lage haben wir in den vergangenen drei Monaten intensiv an Umsetzungen des 10-Punkte-Sofortprogrammes gearbeitet. Erste Ergebnisse zeigen, dass Themen der zukunftsfähigen Clubkultur, wie z.B. unser Nachhaltigkeitsprozess „Zukunft feiern“ erfolgreich aufgesetzt wurden und von Seiten der Politik Anerkennung finden. Weiterhin verzeichnen wir den politischen Willen zur Kompensation steigender Energiekosten. Diese und weitere Themen bleiben auch in 2023 im Fokus unserer Vereinsarbeit.“

WEITERE NEWS