Die gestrige öffentliche Anhörung im Kultur- und Medienausschuss lieferte einen eindrucksvollen Appell einer spartenübergreifenden Allianz für eine kulturelle Stadtentwicklung.
Insgesamt ergriffen 17 Initiativen die Möglichkeit den Abgeordneten der Bürgerschaft ihre Lage und Bedarfe in prägnanten Statements zu skizzieren. Die Schilderungen der Vertreter:innen von AG Ost, Ateliers für die Kunst e.V., Bar 227, BBS40 e.V., Clubkombinat, Hallo: Verein zur Förderung raumöffnender Kultur e. V., Hanseatische Materialverwaltung, Dr. Jakob F. Schmid, Kulturlabor Elbinsel, Kunsthaus Hamburg, Mundhalle, Rockbüro Hamburg, Stadtkultur Hafen, Südpol, TAK (Theater am Kanal), Uebel & Gefährlich und Zentrum für Zukunft unterstreichen den dringenden Bedarf für Anpassungen einer kultur-integrierte Stadtentwicklung in Hamburg.
Sämtliche Plätze im Sitzungssaal waren voll belegt und auch der Livestream verzeichnete ein reges Interesse. Erste Berichterstattungen von NDR Hamburg Journal (vom 08.02.23), dem NDR 90,3 Kulturjournal und in der ZEIT Elbvertiefung (vom 09.02.2023) wurden bereits veröffentlicht.
Der Gemeinschaftsauftritt der Allianz #wirbrauchenräume strebt an, die Diskussion in der Bürgerschaft weiter anzuregen. Die Debatte der Abgeordneten zur öffentlichen Anhörung wird auf einer der nächsten Sitzungen im Kultur- und Medienausschuss fortgeführt.
Das Clubkombinat begrüßt ausdrücklich, dass die Anhörung auch Wortbeiträge beinhaltete, die nicht aus dem Spektrum von Musikspielstätten entstammen. Die verschiedenen Beiträge unterstreichen, dass viele gemeinsame Problemlagen im Umgang mit Verdrängungsprozessen im Zuge von Gentrifizierung, Immobilienspekulation und betriebswirtschaftlicher Überlebensfähigkeit existieren. Hamburg benötigt eine Struktur für eine kultur-sensible(re) Stadtentwicklung.
Musikclubs fungieren häufig als Pioniere der Stadtentwicklung und schaffen eine vielfältige Lebensqualität, neue Trends und eigene Stadträume. Parallel erzeugt die zunehmend großstädtische Dichte in Metropolen Nutzungskonflikte, die an Brisanz gewinnen, da die Kernbetriebszeit von Musikspielstätten in der Schlafzeit der Mehrheitsgesellschaft liegen. Ein zunehmender Flächenverwertungsdruck führt dazu, dass Mieten für Gewerbeflächen steigen, für die zudem kaum ein relevanter Kündigungsschutz besteht. Weitere Betriebskostensteigerungen erhöhen den Effizienzdruck, der letztlich zu Einschränkungen im künstlerischen Musikprogramm und damit eine Abnahme von kulturellen und kreativen Freiräumen erzeugt.
Der dauerhafte Verlust von Kulturräumen ist nicht nur in großen Metropolen zu verzeichnen. Auch in Klein- und Mittelstädten geraten diese Kulturorte unter Druck und verschwinden. Sind diese nutzbaren Flächen erst verschwunden, fallen Neuansiedlungen häufig sehr schwer. Für diese multiplen Problemlagen müssen auf vielen Ebenen Lösungen skizziert und umgesetzt werden.
Hintergrund
Im Januar 2021 verfasste das Clubkombinat ein Grundsatzpapier, das eine Zukunft der Live-Kultur durch integrierte Stadtentwicklung in den Blick nimmt. Daraus entwickelte sich eine Große Anfrage, deren Antworten seit März 2022 vorliegen. Im Mai 2022 veröffentlichte das Clubkombinat daraufhin unter dem Titel #wirbrauchenräume ein Manifest, das sechs konkrete Maßnahmen für eine kultur-integrierte Stadtentwicklung skizziert. Dem Aufruf zur Erstunterzeichnung folgten etliche Institutionen, Initiativen und Einzelpersonen aus Hamburg – darunter u. a. der Denkmalverein Hamburg, das Gängeviertel, die Mundhalle und die Band Meute. Das Papier wurde auf der Sitzung des Kultur- und Medienausschusses am 31. Mai 2022 (siehe Protokoll Nr. 22/15) den Abgeordneten der Hamburgischen Bürgerschaft überreicht und dort erstmals debattiert. Bis heute (Stand: Februar 2023) unterzeichneten mehr als 75 Unterstützer:innen das Anliegen, langfristig die Strukturen für eine kultur-integrierte Stadtentwicklung in Hamburg anzupassen.