Euer neues Album trägt den Titel „You Could Be Home Now“. Wo ist für euch Zuhause?
Milo Milone: Es gibt so viele mögliche Arten, das zu beantworten, aber für mich ist Zuhause da, wo meine Musikinstrumente, mein Kind, mein Mann Jojo und die guten Gefühle sind. Wenn wir nicht mit der Band in Hamburg oder auf Tour sind, wohne ich seit fast einem Jahr in Los Angeles und ich muss sagen, dass LA sich komischerweise schnell wie Zuhause anfühlte.
Jan Fabricius: Ich kann überall Zuhause sein und mich super gut einleben. Ich bin auch niemand, der im Urlaub erst mal zwei Tage braucht, um anzukommen, sondern ich bin sofort da. Aber natürlich gibt es dieses eine gefühlte Zuhause, und das ist bei mir Flensburg, mit den nebligen Weiden, den Kühen und dem Wasser.
In welcher Bar oder welchem Club fühlt ihr euch in Hamburg am meisten Zuhause?
Milo: Ein Club, den ich über alles liebe, ist der Komet. Der ist schön klein und wenn ich da reinkomme, kann ich immer darauf vertrauen, dass ich mindestens fünf bekannte Gesichter sehe. Da finden auch wahnsinnig tolle Konzerte statt. Der Komet ist ein Geheimtipp, der keiner ist. Ein Gefühl von Zuhause, empfinde ich aber auch in der Kogge – weil ich dort gearbeitet und wahnsinnig viel Zeit verbracht habe.
Jan: Ich mag die Kleinraumdisco an der Feldstraße sehr gerne. Dort gibt es tolle Drinks, nämlich klassische Cocktails, alles sieht ein bisschen Seventies aus und man kann rauchen. Der Laden hat Stil.
Könnt ihr euch noch an euren ersten Club- oder Konzertbesuch in Hamburg erinnern?
Jan: Selbstverständlich, das war im alten Mojo Club. Ich bin zufällig da rein und es war einer der besten Abende meines Lebens. Damals ging ich noch zur Schule und am nächsten Tag bin ich mit einer Band nach Russland geflogen. Wir hatten einen frühen Flug, mussten irgendwie die Nacht überbrücken und sind dann zufällig in den Mojo Club gestolpert. An dem Abend spielten Tab Two, ein Acid-Jazz-Duo aus den Neunzigern. Ich habe sehr viel Bier getrunken und morgens sind wir dann zum Flughafen getorkelt. Ein wahnsinniger Abend.
Milo: Ich bin in Bremen aufgewachsen und war mit 16 das erste Mal in Hamburg unterwegs. Total unbeholfen bin ich mit meinen damaligen Kumpels einfach auf die Reeperbahn gegangen, weil man um die ganzen Schätze wie Komet oder Kogge gar nicht wusste.
Was macht einen guten Laden aus?
Jan: Etwas nicht Austauschbares und eine Gemütlichkeit. Das Licht muss stimmen und wichtig ist natürlich auch eine freundliche Behandlung durch die Menschen, die dort arbeiten. Also ein schönes Miteinander zwischen Gästen und Angestellten, ein gutes Klima.
Wie würdet ihr die Hamburger Clublandschaft beschreiben?
Milo: Auf jeden Fall ultra vernetzt, das habe ich immer sehr geliebt. Ich habe früher in einer Mädchen-WG gewohnt und alle von uns haben in einem Club oder einer Bar gearbeitet. Wenn ich Feierabend hatte, bin ich in die Bar meiner Mitbewohnerin gegangen und wenn sie Feierabend hatte, ging es zusammen in den Club unserer anderen Mitbewohnerin. Irgendwie herrscht in der Hamburger Clublandschaft eine Gemeinschaft und ein Zusammenhalt.
Jan: Hamburgs Clublandschaft ist auch wahnsinnig vielfältig – wobei ich in den letzten Jahren das Gefühl hatte, das alternative Oasen zum Teil verschwunden sind. Damit meine ich Läden, denen es nicht um Kommerz und Geld geht, sondern um ein alternatives Miteinander. Es sind aber auch coole neue Dinge entstanden. Zum Beispiel gibt es im Haus73 jetzt ein Kopfhörer-Kino: Man setzt sich Kopfhörer auf und hört den Film dann entweder in Deutsch oder der Originalsprache. Wie geil ist das denn?
Wenn ihr Kultursenator wärt, was würdet ihr ändern?
Jan: Ich würde einen großen runden Tisch mit Kulturschaffenden veranstalten, und zwar von ganz klein bis ganz groß. Der Fokus darf nicht nur auf den großen Prestigeobjekten liegen, sondern man muss sich auch die alternativen Ideen anhören und sie umsetzen. Jeder muss zu Wort kommen und seine Wünsche äußern dürfen. Und ich würde überlegen, wie die Kleinen von den Großen profitieren können, wie man alle in ein Boot holt – zum Beispiel durch gemeinsame Veranstaltungen und Kooperationen. Denn Kultur ist ja kein Gegeneinander, sondern im besten Falle ein Miteinander.
Mal angenommen, ihr dürftet euer eigenes Festival in Hamburg veranstalten – wo würde es stattfinden und wer sollte auftreten?
Milo: Ich hätte Bock ein Festival zu machen, das verschiedene Genres bedient. Und ich würde viele junge Bands einladen, zum Beispiel Paloma & The Matches, die wir auf unserer kommenden Tour mitnehmen.
Jan: Stilübergreifend ist auf jeden Fall eine gute Idee. Ich habe gerade einen ganz fantastischen Songwriter entdeckt: Jonathan Bree. Unfassbar guter Typ, den würde ich sofort einladen. Und ich hätte auch eine Idee wo: in der Schilleroper. Natürlich müsste man sie vorher sanieren, so dass das Dach nicht runterkommt. Aber das wäre doch traumhaft.
Anfang Februar spielt ihr im Mojo Club. Welches eurer bisherigen Hamburg-Konzerte werdet ihr nicht vergessen?
Milo: Das war ebenfalls im Mojo, zu unserem zweiten Album „Wire“. Ich hatte vorher solche Angst, ob da überhaupt genug Leute kommen, aber am Ende war es ausverkauft, ich habe den ersten Stage Dive meines Lebens gemacht und der ganze Abend war total intensiv und wundervoll. Auch, weil das Publikum so gemischt war: Da stand der Punker neben dem Geschäftsmann und dem Metaller. Dass so unterschiedliche Leute zusammenkommen, um uns zu sehen, fand ich gigantisch.
Jan: Unvergessen ist für mich auch unsere Deutschland-Tour mit Paul Weller. Weller ist ja eine Kultfigur und er war auf der Tour zuckersüß zu uns. Er hat sich wirklich jedes Konzert vom Bühnenrand angehört.
Wenn ihr freie Auswahl hättet: Bei welchem Konzert würdet ihr im Februar gerne auf der Gästeliste stehen?
Jan: Bei Meute am 2. Februar im Docks. Das sind gute Bekannte von uns und live sind die einfach super. Leider spielen wir an dem Tag selbst, von daher wird das nichts. Ansonsten bei Thomas Dybdahl am 11. Februar im Nochtspeicher. Den mag ich einfach.
Milo: Ich würde am 11. Februar zu Marsimoto in die Große Freiheit gehen, der ist cool. Und zu Joan Baez am 18. Februar im Mehr Theater. Das ist mal eine Ansage!
Habt ihr noch ein letztes Wort an die Hamburger Clubgänger?
Jan: Unterstützt die kleinen Clubs!
ZUR BAND
Als die Rockband Trashmonkeys 2012 ihre Auflösung bekannt gab, beschlossen vier der Musiker gemeinsam eine neue Band zu gründen – der Beginn von Rhonda. Die bisherige Bassistin Milo Milone wurde neue Sängerin, zu Offer Stock, Gunnar Riedel und Dennis Rux, der später durch Ben Shadow ersetzt wurde, stieß noch Jan Fabricius als Bassist hinzu. Der Neo-Soul der Band fand schnell Anklang. 2014 ging die Band im Vorprogramm von Paul Weller auf Deutschland-Tour, wenig später erschien ihr Debütalbum „Raw Love“, das Platz 61 der deutschen Charts erreichte. Drei Jahre später folgte das zweite Album „Wire“.
ZUR MUSIK
Auf ihrem dritten Album „You Could Be Home Now“ bewegen Rhonda sich in ihrem typischen Klangkosmos zwischen Soul, Pop und Psychedelic. Filmmusikeinflüsse von Ennio Morricones oder John Barrys treffen auf Punk und Rock’n’Roll. Textlich ist die Platte eine intime, rohe Momentaufnahme. Die Band erzählt Geschichten, die offen für eigene Interpretationen sind – durchzogen von einer unbestimmten Sehnsucht, die jeder kennt.
RHONDA live
Datum: 2. Februar 2019 Ort: Mojo Club
Einlass: 19 Uhr Beginn: 20 Uhr
Tickets: ab 20,50 Euro