Im Club mit … Mantar


Erinç, wenn du nicht bei Mantar am Schlagzeug sitzt, stehst du gelegentlich als Türsteher auf dem Kiez. Welchen Abend wirst du nie vergessen?

Erinç Sakarya: Ich habe mal voll eins auf die Fresse gekriegt. Meistens stehst du bloß stundenlang herum und es passiert nichts, aber es gibt eben auch solche Situationen und wenn die Bösen stärker sind, wachst du im Krankenhaus auf. Wir mussten daraufhin sogar eine Tour absagen. Ansonsten habe ich die eine oder andere komische Mantar-Geschichte erlebt. Auch wenn Hanno ja eigentlich das Gesicht der Band ist, werde ich schon ab und zu erkannt. Oft sage ich einfach, dass ich dem Mantar-Drummer nur ähnlich sehe (lacht).
Hanno Klänhardt: Ich glaube Erinçs nervigster Gast war tatsächlich ein paar Mal ich. Gerade in der Anfangszeit unserer Band, als wir enorm viel geprobt haben, musste Erinç anschließend oft irgendwo an die Tür und ich bin alleine ausgegangen. Wenn die Sonne schon wieder am Aufgehen war, habe ich ihn dann betrunken besucht und wir haben uns gegenseitig die Zeit vertrieben.

Was macht dir am Türstehen Spaß, Erinç?

Erinç: So oft wie früher stehe ich gar nicht mehr an der Tür – vielleicht zwei Mal im Monat. Mittlerweile ist es zu Arbeit geworden, zumal es immer fünf tote Stunden gibt, die wirklich langweilig sind. Allerdings habe ich ein paar Kollegen, mit denen ich echt gerne abhänge, mich privat aber nie treffen würde. Das macht dann schon Spaß.

Ihr kommt beide ursprünglich aus Bremen. Könnt ihr euch noch an euren ersten Konzert- oder Clubbesuch in Hamburg erinnern?
 

Hanno: Das war 1999 bei den Foo Fighters im Docks, mit den Hellacopters als Vorband. Erinç ist ja ein paar Jahre älter als ich und hat mich damals mitgenommen. Wir haben zu der Zeit viele coole Bands in Bremen gesehen, aber für große Kaliber wie die Foo Fighters musste man halt nach Hamburg. Hinterher haben wir sogar noch ein Foto mit Dave Grohl gemacht. Das Feinripp-Shirt mit seinem Autogramm, das ich an dem Abend an hatte, habe ich auch noch. Das hing jahrelang in meinem Zimmer.
Erinç: Mein erstes Konzert war 1995 in der Markthalle: Mudhoney mit Love Battery als Vorband, das weiß ich noch ganz genau. Letztes Jahr habe ich Mudhoney wieder gesehen – über 20 Jahre später, immer noch eine krasse Band!

Was hat euch an Hamburg gefallen, dass ihr beide hier gelandet seid?

Erinç: Meine damalige Freundin wohnte in Hamburg und als in ihrer WG ein Zimmer frei wurde, musste ich nicht lange überlegen. Ich hatte Hamburg schon immer mit positiven Dingen verbunden – geile Konzerte, da war immer was los, es war immer spannend. Wie ein großer Freizeitpark.

Hanno: Ich musste einfach aus Bremen weg. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich da nicht mehr bewegen kann und nicht mehr weiter komme. Ich musste irgendwo hin und da war Hamburg die naheliegendste Option. Seit letztem September wohne ich in Florida, aber ich hatte einige wirklich gute Jahre in Hamburg.

Mit welchem Laden verbindet ihr die meisten Erinnerungen?

Hanno: Ich hatte das Glück, dass ich durch meinen Job in Hamburg sofort in ein gefestigtes, soziales Umfeld gerutscht bin. Die haben mich einfach an die Hand genommen und ich habe unzählige Nächte im Schlemmereck verbracht. Das waren tolle Abende. Wenn der Wirt Herbert keinen Bock mehr hatte, hat er einfach alle rausgeschmissen und abgeschlossen – aber wir durften noch bleiben und austrinken. Ansonsten war ich wegen Erinç halt viel im Molotow. Die Schwulen-Nächte, wenn Disco war, fand ich immer am besten.

Erinç: Bevor ich als Türsteher angefangen habe, war ich ziemlich oft im Lunacy. Das war auch der erste Laden, wo ich in Hamburg Bier trinken war.

Wo trifft man euch heute?

Hanno: Ich lande mittlerweile eher in Kneipen als Clubs. Wenn ich im Lande bin gehe ich natürlich bei Herbert vorbei. Vielleicht noch in die Gemütliche Bierstube in der Brüderstraße, über der habe ich früher gewohnt. Da kostet ein Bier 1,60 € und ein Schnaps 80 Cent. Und, das gebe ich zu: Ich stehe auf die Bar im east Hotel. Die Drinks sind zwar teuer, aber super. Außerdem gibt es Erdnüsse.

Erinç: Ich gehe eigentlich nur noch selten aus. So viele Läden haben ja auch nicht mehr auf, wenn ich Feierabend mache – aber ich gehe zum Beispiel gerne in den Gun Club, weil da auch zwei Freunde von mir auflegen.

Was macht einen guten Club aus?

Hanno: Was mich als Musiker tierisch nervt, sind übertriebene Lautstärkebegrenzungen – denn dann können wir uns einfach nicht mehr richtig ausdrücken. Ein guter Club muss schon ein bisschen Rock’n’Roll sein. Man geht da ja nicht hin, um Yoga zu machen oder gesünder zu werden. Beim Ausgehen geht es doch auch darum, wild zu sein. Man will tanzen, konsumieren, laut sein und sich nicht ständig benehmen müssen. Natürlich gibt es gewisse Regeln, an die man sich halten muss, aber bei zu vielen Beschränkungen wird es schwierig, Spaß zu haben.
Wie würdet ihr die Hamburger Clublandschaft insgesamt beschreiben?
Hanno: Ich würde schon sagen, dass es viele Optionen gibt, dass man viel machen kann. Es gibt ja noch eine ganz große Parallelwelt, wo wir uns überhaupt nicht herum treiben, und zwar was Elektro-Mucke betrifft. Wenn dir in Hamburg langweilig wird, dann machst du die Augen nicht genug auf.

Erinç: Es wird ja immer wieder drüber gesprochen, was sich zuletzt alles verändert. Ich war auch traurig, als das alte Molotow zugemacht hat – aber jetzt gibt ja das Neue. Klar finde ich es nicht gut, wenn Mietpreise steigen, nur manchmal ist das vielleicht auch einfach der Wandel der Zeit, wenn Läden sich nicht halten können.

Mal angenommen ihr wärt Kultursenator, was würdet ihr ändern? 

Hanno: Ich würde vor allem kleinen, unabhängigen Clubs und Bars mehr Möglichkeiten geben, sich zu entwickeln – ohne die Angst haben zu müssen, in drei Monaten die Miete nicht mehr bezahlen zu können, weil man sich für Kunst statt für Kiez-Ballermann-Techno interessiert hat. Auch Clubs in Randbezirken würde ich fördern, damit die Leute mal über den Tellerrand hinaus gucken.
Im April spielt ihr mit Mantar im Knust. Welches eurer bisherigen Hamburg-Konzerte werdet ihr nicht vergessen? 
Hanno: Das allererste Konzert in der Astra Stube, das war obergeil. Es waren 120 Leute da, das war echt wie Tetris. Einen Support gab es nicht und wir haben gerade mal 30 oder 40 Minuten gespielt. Hat aber auch nur 5 Euro gekostet!

Bei welchem Konzert würdet ihr im April selbst gerne auf der Gästeliste stehen? 

Hanno: Ich würde zu Wolves In The Throne Room am 24. April im Uebel & Gefährlich gehen – die habe ich 2011 im Hafenklang gesehen und das war super.

Erinç: Ich würde mir Eläkeläiset am 21. April in der Markthalle angucken. Die covern jeden Song, den es gibt, in einer Humppa-Version, das macht immer Spaß.
Hanno: Da würde ich für 100 Euro in bar nicht hingehen. Schön, dass wir so verschieden sind!


ZUR BAND

Das Hamburger Metal-Duo Mantar (türkisch für „Pilz“) wurde 2012 von Sänger und Gitarrist Hanno Klänhardt und Schlagzeuger Erinç Sakarya gegründet. Die beiden stammen ursprünglich aus Bremen und sind schon seit Ende der Neunziger befreundet. Ihr Debütalbum „Death By Burning“ nahmen sie in Eigenregie auf. Die Platte brachte ihnen 2014 nicht nur einen Auftritt beim Wacken Open Air, sondern schlug auch international Wellen.
www.mantarband.com


ZUR MUSIK

Das zweite Mantar-Album „Ode To The Flame“ ist Ende letzten Jahres beim bekannten Metal-Label Nuclear Blast erschienen und schaffte es immerhin auf Platz 67 der deutschen Albumcharts. Wie schon auf ihrem Debüt kommen Mantar ohne Bassisten aus. Die Platte bewegt sich zwischen Doom-Metal, Hardcore Punk und Sludge Metal und ist vor allem eins: Verdammt laut!


MANTAR live
Datum: 22. April 2017 Ort: Knust
Einlass: 19.30 Uhr Beginn: 20.30 Uhr
Tickets: ausverkauft

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