Im Club mit … Madsen


Die Heimat von Madsen ist das Wendland, doch die ersten großen Schritte als Band habt ihr in Hamburg gemacht. Was bedeutet die Stadt euch?

Sascha: Hamburg ist für uns so etwas wie eine zweite Heimat. Unsere Mutter ist Hamburgerin und Johannes wurde sogar noch hier geboren. Danach wollten unsere Eltern mit Kind lieber aufs Land ziehen, aber unsere Großeltern leben nach wie vor hier und wir haben uns mit der Stadt immer sehr verwurzelt gefühlt. In Hamburg haben wir die ersten Konzerte gespielt und vor allen Dingen auch besucht. Bei uns im Wendland gibt es ja nichts (lacht).

Könnt ihr euch noch an euer erstes Konzert als Besucher erinnern?

Sascha: Bei mir könnte es Helge Schneider im Stadtpark gewesen sein, oder Dover im Logo. Das war auf jeden Fall noch in den Neunzigern. Meistens haben unsere Eltern uns gefahren und sind in der Zwischenzeit essen gegangen. Später sind wir dann auch oft mit dem Zug gefahren – das war immer aufregend, alleine in die große, weite Welt.

Sebastian: Mein allererstes Konzert war Heiter bis wolkig im Club Hanseat in Salzwedel. Was das erste in Hamburg war, weiß ich gar nicht, aber ich habe noch sehr lebhafte Erinnerungen an die Show von Green Day in der Großen Freiheit. Zum Album „Morning“ war das. Ich bin mittlerweile echt kein Fan mehr, aber die haben damals richtig was angezündet – also im wahrsten Sinne des Wortes. Da kam ein Typ auf die Bühne, der als Biene verkleidet war. Er hatte eine Super Soaker in der Hand, in der Benzin war, und damit hat er dann das Schlagzeug abgefackelt. Das war echt abgefahren.

War euer erstes eigenes Konzert in Hamburg ähnlich spektakulär?

Sebastian: Eher nicht. Das war noch mit Alice’s Gun im Logo, bei einem Bandwettbewerb. Doll kann das nicht gewesen sein, denn wir haben keine Trophäe oder irgendetwas mit nach Hause genommen (lacht).

In welche Hamburger Clubs geht ihr heute privat am liebsten?

Sascha: Ich finde die Große Freiheit super, aber am liebsten gehe ich in die Markthalle. Die liebe ich wirklich. Ich glaube, weil man da immer so einen tollen Überblick hat.

Sebastian: Und der Laden hat so viel Geschichte erlebt. Das merkt man schon, wenn man rein kommt. Oft erzählen sich die Leute, wen sie da schon alles gesehen haben. The Clash, Police – da wird man immer ganz ehrfürchtig, wenn man diese Namen hört.

Was macht einen guten Club aus?

Sebastian: Ich finde den Geruch wichtig. Wenn man rein kommt und es nach altem Holz riecht – das mag ich! In der Großen Freiheit ist das so. Ich finde man kann die Geschichte des Clubs riechen. Wenn ein Club erst ein Jahr alt ist, riecht alles noch nach frischer Farbe und nach neuem Putz. Aber wenn Geschichten ins Holz eingraviert sind, spürt man das. Davon abgesehen freut man sich im elften Bandjahr auch, wenn es schöne Backstageräume gibt, in denen es warm ist, ein Sofa steht und ein Kühlschrank, der funktioniert (lacht).

Ihr beide wohnt mittlerweile in Berlin beziehungsweise Wien. Wie würdet ihr den Leuten dort die Hamburger Clublandschaft beschreiben?

Sascha: Sie ist sehr vielfältig. Man kann ganz in Ruhe gepflegt etwas trinken gehen, man kann aber auch eine Ecke weiter total die Sau raus lassen und auf dem Hamburger Berg von Kneipe zu Kneipe ziehen. Das finde ich super.

Sebastian: Ich finde sie ist vielfältig, aber doch übersichtlich. Vor Berlin habe ich immer noch ein bisschen Angst und ich gehe dort auch nicht so gerne aus. Wenn man genau weiß, wer in welcher Kneipe rumhängt, ist es irgendwie einfacher – und in Hamburg ist das so. Es gibt ein paar Adressen, wo man immer jemanden trifft. Die Mutter zum Beispiel. Oder Erikas Eck.

Sascha: Ich verstehe übrigens nicht, warum plötzlich jeder Mensch behauptet „seinen“ Kiez zu haben. Wenn die Berliner sagen „ich bin in meinem Kiez unterwegs“, dann möchte ich die verhauen. Für mich gibt es nur einen Kiez, nämlich den in Hamburg. Und der ist einzigartig.

Habt ihr deshalb 2013 eure Konzertreihe, bei der ihr eure Live-CD aufgenommen habt, in fünf Hamburger Clubs gespielt?

Sascha: Ja, so eine Ansammlung von Clubs in diesen jeweiligen Größenordnungen gibt es in keiner anderen deutschen Stadt. Und es wäre auch in keiner anderen Stadt so authentisch gewesen. Als wir kürzlich in der Großen Freiheit unser 500. Konzert gegeben haben, haben wir mal nachgerechnet: Wir haben inzwischen 26 Mal in Hamburg gespielt, öfter als in jeder anderen Stadt. Und bis auf das neue Mojo fiel uns kein Club ein, in dem wir noch nicht aufgetreten sind.

Habt ihr in den letzten Jahren irgendwelche Veränderungen in der Hamburger Clublandschaft wahrgenommen?

Sascha: Ich kann das schwer beurteilen in Hamburg. Klar haben einige Clubs geschlossen und andere neu eröffnet. Veränderung muss erst mal ja nicht grundsätzlich etwas Schlechtes sein – bloß wenn ein Club wirklich dauerhaft verschwindet, ist das natürlich doof.

Madsen war die letzte Band, die vor dem Abriss der Esso-Häuser im alten Molotow gespielt hat. Mit welchen Erinnerungen blickt ihr auf den Abend zurück?

Sascha: Mit gemischten Gefühlen. Zunächst war es natürlich ein toller, sehr spezieller Abend, aber er endete mit einem kleinen Schreck, als die Polizei den Club geräumt hat. Für eine kurze Zeit schlich sich bei mir auch ein schlechtes Gewissen ein. Haben wir damit etwas zu tun, war es vielleicht wirklich zu laut? Aber das ist natürlich Quatsch. Mittlerweile haben wir ja auch im neuen Molotow gespielt und es war alles total cool. Wir haben jetzt halt unsere gemeinsame Geschichte. Und immerhin waren wir so mal auf der Titelseite der Mopo (lacht).

Angenommen ihr wärt Hamburgs neue Kultursenatoren – was würdet ihr ändern?

Sascha: Ich würde junge Künstler und Musikschaffende mehr fördern, zum Beispiel, indem man mehr Auftrittsmöglichkeiten schafft. Für Bands, die ganz am Anfang ihrer Karriere stehen, ist es das allerwichtigste, live zu spielen. Kleine Clubs gibt es in Hamburg genug, aber sie könnten noch wesentlich mehr genutzt werden.

Habt ihr noch ein letztes Wort?

Sascha: Hamburg, bleib so wie du bist!


ZUR BAND

Madsen stammen aus Prießeck, einem Ortsteil von Clenze im Wendland. Nachdem die drei Brüder Johannes, Sebastian und Sascha Madsen zunächst unter den Namen Alice’s Gun und Hoerstuatz Musik gemacht hatten, benannten sie die Band 2004 in Madsen um. Ein Jahr später veröffentlichte das Quintett sein Debütalbum, das Thees Uhlmann als „die beste Debüt-LP, seitdem ich über Musik schreibe“ bezeichnete. Mittlerweile haben Madsen sechs Studioalben und eine Live-Platte veröffentlicht, sie waren mit dem Goethe-Institut auf Amerika-Tour und haben es mit dem Album „Wo es beginnt“ auf Platz 2 der deutschen Charts geschafft.


HÖRSTOFF

Unter dem Motto „5 Alben – 5 Nächte“ spielten Madsen 2013 fünf Hamburg-Konzerte in Folge – pro Abend ein Album in kompletter Länge. Daraus entstand schließlich das gleichnamige Live-Album, das pünktlich zum 10. Bandjubiläum erschien und einen wunderbaren Querschnitt durch die Karriere der Band bietet. Das aktuelle und sechste Madsen-Album „Kompass“ ist im August 2015 erschienen und erreichte Platz 5 der deutschen Charts. Sehr empfehlenswert ist die limitierte Fanbox des Albums: Ihr liegen ein Kochbuch mit Rezepten der Bandmitglieder sowie eine Kochschürze bei. Madsen sind nämlich begeisterte Hobbyköche.

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