Am 27. Juli spielt ihr im Rahmen der „Knust Acoustics“ auf dem Lattenplatz. Jupiter Jones akustisch – funktioniert das?
Sascha: Klar, wir haben schon zu Beginn unserer Karriere Unplugged-Konzerte auf Dorffesten in der Eifel gespielt. Seitdem machen wir das mindestens ein bis zwei Mal pro Jahr. Wobei ich sagen muss, dass wir den Rahmen etwas sprengen: Wir bringen meinen Koffer-Amp aus den Sechzigern mit – ein Gitarrenkoffer mit eingebautem Verstärker und Lautsprecher – und dazu Klavier, Bass und Schlagzeug. Es ist also eher halb-akustisch.
Am Ende der Show geht für die auftretenden Künstler ein Hut rum. Was haltet ihr von dem Konzept der Reihe?
Becks: Ich war leider selbst noch nie da, weil ich zu der Zeit immer mit den Leuten vom Knust Fußball spiele – aber ich habe bisher nur Gutes davon gehört.
Sascha: Mal abgesehen davon, dass dieser Innenhof einfach toll ist, finde ich es super, wenn Leute den Mut haben so etwas auf die Beine zu stellen. Und wenn Bands bereit dazu sind mitzumachen. Denn Geld zu verdienen gibt es da halt nicht – es geht eher um den Spaß an der Sache.
Bei welchem eurer bisherigen Hamburg-Konzerte hattet ihr so viel Spaß, dass ihr noch euren Kindern davon erzählen werdet?
Sascha: Unvergesslich war unser Auftritt am 5. November 2003 im Rahmen der Reihe „Klangsofa“. Das war unser zweites Konzert in Hamburg überhaupt. Der Witz an der Sache ist: Unser jetziger Sänger Sven hat die Reihe damals organisiert. Sie fand in der Roten Laterne in der Gerhardstraße statt. Da wurde der Kicker zur Seite geräumt und dann haben wir in der Kickerecke gespielt. Es kamen zwölf zahlende Gäste. Trotzdem werde ich es nie vergessen. Als kleine Band aus der Eifel plötzlich in Hamburg zu spielen, war einfach aufregend. Und immerhin waren es zehn Leute mehr als bei unserem ersten Auftritt in der Scandia Bar (lacht).
Ist das Hamburger Publikum anders?
Sascha: Für eine Großstadt ist es sehr locker. In Berlin ist das schon anders, da sind die Leute sehr verwöhnt. Wenn sie nicht wollen, wollen sie auch nicht. In Hamburg hingegen sind unsere Konzerte immer super. Irgendwann hat es da so einen Switch gegeben: Früher haben wir Zuhause in der Eifel und um Köln immer die meisten Tickets verkauft, aber ab 2009 oder 2010 war es plötzlich Hamburg. Und ab da hatten wir auch immer die besten Konzerte hier. Wir wurden quasi adoptiert.
Becks: Generell finde ich, dass Rockbands und deutsche Bands in Hamburg gut angenommen werden. Und die Hamburger sind ein echt tanzfreudiges Publikum.
Privat wohnt ihr schon viele Jahre in Hamburg, seit 2014 ist auch euer Proberaum und Studio hier. Was bedeutet euch die Stadt?
Sascha: Für mich ist Hamburg meine Heimat geworden. Wenn ich über die Elbbrücken in die Stadt rein fahre, habe ich das Gefühl, dass ich da bin, wo ich hingehöre. Klar, es ist immer noch schön in die Eifel zu fahren, die Familie zu besuchen und Konzerte dort zu spielen – was wir ja auch regelmäßig tun. Aber mein Herz ist in Hamburg und ich werde hier auch niemals weg gehen.
Becks: Jupiter Jones werden immer eine Eifler Band bleiben, aber genauso sind wir inzwischen eine Hamburger Band. Ich bin schon relativ früh regelmäßig nach Hamburg gekommen – ich glaube als ich das erste Mal hier war, war ich 14. Ab da war ich jedes Jahr mindestens einmal hier. Der Hafen und so – mich hat das sofort gefesselt und ab da war Hamburg meine Lieblingsstadt.
Wenn ihr heute ausgeht, wo geht ihr dann gerne hin?
Becks: Um die Ecke von unserem Büro gibt es eine tolle neue Bar: John Lemon. Da waren wir in letzter Zeit des Öfteren. Zum Fußballgucken kann ich die Bar Amanda 66 empfehlen – da trifft man sehr nette Fußballfans.
Sascha: Im Otzentreff trifft man uns gerne zu späterer Stunde auf einen Absacker. Das Eldorado ist eine meiner Lieblingskneipen und ich genieße auch gerne mal ein Getränk im Onkel Otto.
Becks: In Sachen Clubs mag ich vor allem das Molotow und das Knust.
Sascha: Und ich finde es super, dass es mit dem Mehr Theater jetzt auch endlich einen mittelgroßen Laden gibt – das hat in Hamburg lange gefehlt.
Was macht denn einen guten Club aus?
Becks: Geschichte. Wenn an der Wand Kritzeleien sind von anderen Bands, die da schon gespielt haben. Und es muss ein bisschen dreckig sein.
Sascha: Genau. Diese Patina überall. Es muss urig sein, nicht zu groß und authentisch. Keine Ikea Shabby Chic Möbel, sondern stylisch zusammengestellter, alter Kram. Am besten noch mit einem Plattenteller, wo jemand auflegt. Und Bar-Personal, das weiß, was es tut.
Wie würdet ihr die Hamburger Clublandschaft insgesamt beschreiben?
Sascha: Man kann hier von ultra chic bis zu total abgeranzt wirklich alles machen und dazu gibt es viele tolle Live-Clubs. Manchmal weiß man gar nicht, wo man hingehen soll, weil es so viele tolle Läden gibt.
Becks: Und anders als in Berlin kann man sie alle zu Fuß erreichen.
Sascha: Schade ist es natürlich, wenn solche Institutionen wie der Golden Pudel Club oder die Hasenschaukel wegbrechen.
Welchen Ratschlag würdet ihr Hamburgs Kultursenatorin geben?
Sascha: Als Außenstehender, der keine Ahnung von dem Job hat, ist es immer schwer Ratschläge zu geben. Aber ich würde ihr raten sich nicht nur um die Elbphilharmonie zu kümmern und Klassik zu fördern, sondern auch mal in die Punk-Rock-Bar zu gehen und mit Betreibern von Indie- und Alternative-Clubs zu sprechen. Damit es solche abgefahrenen Kneipen wie zum Beispiel den Honkey Tonk Music Pub noch lange gibt. Der Laden ist auch total abgefahren: Überall Snchick Schnack an den Wänden und in der Ecke steht sogar ein Aquarium.
Becks: In Schweden werden ja selbst die kleinsten Bands staatlich unterstützt. Wenn man so etwas umsetzen könnte, wäre das auch was.
Über die „Knust Acoustics“ sprachen wir schon. Mal angenommen ihr dürftet dort einen Abend gestalten, welche drei Künstler würdet ihr einladen?
Sascha: Auf jeden Fall Jack White, am liebsten mit The Dead Weather.
Becks: Ich würde dazu Iggy Pop einladen, weil ich ihn im Mehr Theater verpasst habe. Das hätte den Vorteil, dass der Gitarrist von The Dead Weather gleich auf der Bühne bleiben könnte.
Sascha: Und als drittes würde ich als alter Fan für die Ärzte plädieren. Das ist doch dann ein schön bunter Abend.
ZUR BAND
Jupiter Jones wurden im Herbst 2002 auf einer Party in der Eifel gegründet. Der Name stammt aus der Buch- und Hörspielreihe Die drei ???. Zwei Jahre nach Gründung erschien ihr Debütalbum „Raum um Raum“. Die Band musizierte viele Jahre recht erfolgreich vor sich hin, wurde vom Goethe-Institut sogar im Ausland auf Tour geschickt. Der große Durchbruch kam schließlich mit der Single „Still“ – im April 2011 der meistgespielte deutschsprachige Song im deutschen Radio. Die Tour zum fünften Jupiter Jones Album „Das Gegenteil von Allem“ musste aufgrund der Angststörung von Sänger Nicholas Müller abgesagt werden, wenig später verließ Müller die Band. Im September 2014 übernahm Sven Lauer seinen Posten.
ZUR MUSIK
„Brüllende Fahnen“, das sechste Album von Jupiter Jones, ist im März erschienen. Es ist die erste Platte mit dem neuen Sänger Sven Lauer – und ein stilistischer Aufbruch: Inspiriert von den Black Keys, Jack White und den Arctic Monkeys nahm die Band eine kantige Rockplatte auf, die kein Gramm Fett zu viel hat. Für die Texte holten Jupiter Jones sich tatkräftige Unterstützung von Niklas Breslein, einst Sänger der Hamburger Band Junges Glück. Das Ergebnis ist gesellschaftskritischer und politischer als je zuvor.