Im Club mit: Fünf Sterne deluxe


Mit Moonbootica legst du seit 1999 regelmäßig auf, eure Party-Reihe ist in Hamburg legendär. Von welchem Abend hinter dem DJ-Pult wirst du noch deinen Enkeln erzählen?

Tobi Tobsen: Das habe ich doch alles weggesoffen! (Lacht) Irgendwann haben wir mal eine riesige Location in der Harkortstraße angemietet. Dummerweise ist genau an dem Tag der Winter eingebrochen und wir haben den Laden nicht mehr warm bekommen. Es war so schweinekalt, dass die 3.500 Leute bibbernd in der Halle standen. Zum Glück haben sie trotzdem gefeiert und versucht sich warm zu tanzen.

Diesen Sommer habt ihr auf dem Dockville-Gelände das Moonbootica Open Air veranstaltet. Es scheint, als würde sich die Reihe immer weiterentwickeln.

Genau das ist die Idee. Am Anfang haben wir monatlich aufgelegt – erst im Hafenklang, dann im Echochamber. Danach haben wir beschlossen, das nur noch drei bis viermal im Jahr und in Off-Locations zu machen, damit es immer ein spezielles Erlebnis ist. Aber solche Off-Locations in Hamburg klar zu machen, ist manchmal wahnsinnig schwierig. Deswegen legen wir mittlerweile auch zweimal im Jahr im Uebel & Gefährlich auf.

Warum macht das Auflegen auch nach so vielen Jahren noch Spaß?

Ich bin früher jedes Wochenende zweimal ausgegangen, Freitag und Samstag. Ich habe also mein Hobby zum Beruf gemacht. Und Menschen mit so profanen Dingen wie Tanzmusik eine Freude zu machen, verliert auch nach Jahren nicht seinen Reiz. Die Musik ändert sich vielleicht, aber der Hauptzweck ist nach wie vor, die Leute in Euphorie zu versetzen – und man kriegt da jedes Mal eine Welle positiver Gefühle zurück.

Wo auf der Welt feiern die Leute am besten?

Wir haben mit dem Goethe-Institut mal eine Tour durch Mexiko gemacht, das war beeindruckend. Dort gab es damals noch nicht so viele elektronische Musik-Events und die Leute sind durchgedreht. Auch im Ostblock war das anfangs ähnlich. Bei uns herrscht im Clubbereich inzwischen so eine Übersättigung, dass die Leute zum Teil sagen ‚das interessiert mich nicht, ich bleibe Zuhause’. Deswegen ist es immer toll, an Orte zu kommen, wo das noch nicht so abgenutzt ist.

Kannst du dich an deinen ersten Club- oder Konzertbesuch erinnern?

The Fat Boys im Docks – das muss 1986 gewesen sein. Die waren mit dem Song „The Twist“ damals so erfolgreich, dass sie noch eine Zusatzshow am Nachmittag gespielt haben und bei der war ich. Mein Bruder hatte mir extra einen Wecker an einer Kette gebaut, so wie Flavor Flav. Das war natürlich alles total aufregend und beeindruckend, denn Rap war damals komplett frische, neue Musik.

Mit welchem Hamburger Club verbindest du die meisten Erinnerungen?

Auf jeden Fall mit dem Mojo Club. Ende der Neunziger, als es mit Fünf Sterne deluxe losging, war das wie ein Zuhause für uns. Man traf dort immer eine angenehme Mischung an Leuten. Samstag war die Musik ein bisschen jazzig, Freitag war „Electric Mojo“. Da lief von HipHop bis Drum and Bass alles, was in der Sparte ging. Über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren waren wir praktisch jedes Wochenende da.

Wo trifft man dich heute?

Das Problem ist, dass ich fast jedes Wochenende in einer anderen Stadt auflege. Im Sommer auf Festivals, im Winter in Clubs. Wenn ich dann mal in Hamburg bin, fällt es mir oft schwer, mich von der Couch aufzuraffen (lacht). Aber sofern ich doch mal losgehe, dann meistens um Freunde in der Clubszene zu besuchen. Eine zeitlang war ich viel im Ballsaal. Im Moment macht das PAL einen sehr guten Job, die haben ein progressives, anspruchsvolles Programm.

Was macht einen guten Club aus?

Als DJ schätze ich natürlich die Technik. Es gibt Läden, in die du rein kommst und dir am liebsten die Ohren zuhalten willst. Da wird es dann meistens auch schwierig, den Funken überspringen zu lassen. Ansonsten sind vor allem die Leute wichtig. Läden mit einem anspruchsvollen Programm sind irgendwie meistens etwas versiffter. Alles, was in Richtung Champagner-Lounge geht, ist eher ein Stimmungskiller. Viele Clubs sind inzwischen leider darauf angewiesen, so eine Klientel anzusprechen, weil sie über die normalen Leute nicht genug Geld einnehmen. Aber wenn das zu viel wird, macht das einen guten Laden kaputt.

Wie würdest du die Hamburger Clublandschaft insgesamt beschreiben?

Was fehlt, ist eine gewisse Konstanz. Clubs sind oft für ein Jahr total hip, bis plötzlich keiner mehr hingeht und niemand weiß warum. Das macht es für Clubbesitzer schwierig. Deswegen gibt es im Moment auch keinen Club, der als Aushängeschild funktioniert und wie der Mojo Club früher eine Strahlkraft über die Grenzen Hamburgs hinaus hat. Dafür haben wir hier was den Live-Betrieb betrifft echt eine gute Infrasturktur.

Mal angenommen du wärst Kultursenator, was würdest du ändern?

Ich bin der Meinung, dass staatliche Förderung und Subkultur sich schlecht verbinden lassen. Subkultur muss aus sich selber heraus entstehen. Davon abgesehen finde ich, dass wir hier in Hamburg eigentlich gut aufgestellt sind, zum Beispiel in Bezug auf Schließzeiten oder so. Das ist in Bayern ganz anders. Eigentlich werden einem als Partymacher in Hamburg wenige Steine in den Weg gelegt.

Wenn du für euer nächstes Moonbootica Event freie Hand hättest – wenn würdest du gerne buchen und wo würde es stattfinden?

Wir sehen uns ja eher als Freigeister, deswegen würde ich versuchen einen Gesamtkosmos herzustellen. So wie auf dem Burning Man Festival, wo verschiedene Bereiche kreativen Arbeitens zusammen kommen, wo Kunst passiert, DJs auflegen und Bands spielen. Dazu vielleicht noch Theater, freakige Performances und gutes Essen – das würde mir gefallen. Am liebsten irgendwo im Hafen. Das Dockville-Gelände ist schon richtig gut, das hat keine andere Stadt so zu bieten.

So lange das noch in der Planung ist: Bei welchem Konzert würdest du im Dezember gerne auf der Gästeliste stehen?

Bei Yello am 3. Dezember in der Barclaycard Arena, die habe ich nämlich noch nie gesehen.


ZUR BAND
Bereits Mitte der Neunziger veröffentlichten Der Tobi & das Bo ihr erstes gemeinsames Album, 1997 gründeten sie mit marcnesium und DJ Coolmann die Band Fünf Sterne deluxe. Ihr Debütalbum „SiLLiUM“ wurde dank Hits wie „Dein Herz schlägt schneller“ zu einem Meilenstein deutscher Hip-Hop-Geschichte. Nach ihrem zweiten Album „Neo.Now“ wurde es jedoch still um die Band. Das Bo widmete sich seiner Solokarriere, Tobi Tobsen gründete gemeinsam mit dem DJ KoweSix das Elektroprojekt Moonbootica. Im August 2013 traten Fünf Sterne deluxe erstmals wieder in Originalbesetzung auf, im Oktober dieses Jahres erschien ihr drittes Album „Flash“.


www.forceofthenorth.com


ZUR MUSIK
Stolze 17 Jahre mussten Fans auf ein neues Album der Hamburger HipHop-Legende warten. „Flash“ klingt nun unverkennbar nach Fünf Sterne deluxe und doch irgendwie neu. Inspiriert von den letzten Solo-Sachen von Das Bo sowie Tobi Tobsens Arbeit mit Moonbotica experimentierte die Band vermehr mit elektronischen Elementen. Heraus kam eine Platte, die verdammt viel Spaß macht und laut Fünf Steren deluxe vor allem eins soll: Ordentlich flashen!

FÜNF STERNE DELUXE live
Datum: 19. und 20. Dezember 2017 Ort: Docks
Einlass: 19.00 Uhr Beginn: 19.30 Uhr
Tickets: ausverkauft
Für die Show am 14. Dezember in Hannover gibt es noch Karten.

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