Club-Asse: Ute Daxl // Fundbureau


In unserer Reihe „Club-Asse – Macher, Mucker & Moneten“ stellen wir euch die Köpfe hinter Hamburgs Musikclubs in einem Interview vor. Unser heutiges Club-Ass ist Ute Daxl vom Fundbureau.

Club-Ass: Ute Daxl / Fundbureau

Die Kreuzung Stresemannstraße und Max-Brauer-Allee ist nicht nur eine der meist befahrenen Straßen Hamburgs sondern auch eine hochfrequentierte Güterverkehrsstrecke. Als Dreh- und Angelpunkt zwischen Asphalt und Gleisen verbindet die seit 1925 bestehende Sternbrücke auf knappen 100 qm ganze 7 (!) Musikclubs. Unter Stahl und Beton der Gründerzeit erzählt sie Geschichte, die bis heute trägt, und ist zu einem magischen Anziehungspunkt für Konzerte, Partys und Experimentellem geworden.

Vor mehr als 20 Jahren eröffnete das Fundbureau als einer der ersten Sternbrücken-Clubs. Das Gewölbe direkt unter den Bahngleisen beherbergte einst das namensgebende Fundbüro der Deutschen Bahn. Als dieses zumachte, stand das Gebäude erst einmal leer – bis vor mehr als 20 Jahren Christian Liebisch beim Joggen die verlassenen Kasematten entdeckte. Kurz darauf holte er Ute Daxl mit ins Boot und mit ein paar Gleichgesinnten gründeten sie einen Verein, um die verlassenen Kasematten mit Kunst, Musik und Leben zu füllen. Sie mieteten die Räume der Deutschen Bahn und verwandelten das ehemalige Fundbüro in das Fundbureau.

Die hier veranstalteten Partys sind unter Freunden der elektronischen Musik längst schon kein Geheimtipp mehr, zumal hier nicht nur Technofans fündig werden. Fernab des Mainstreams hat sich im Fundbureau ein unkonventionelles Musik- und Kulturprogramm etabliert, das sich fortwährend zwischen Anspruch und Unterhaltung bewegt und weiterentwickelt – von musikalischen Nachtreisen „Horst Blau geht träumen“ bis hin zu experimentellen Theaterproduktionen. Ein regelmäßig mit den Nachbarclubs Waagenbau und Astra Stube veranstalteter Nachtflohmarkt rundet das bunte Programm ab und ist zugleich eine Reminiszenz an den Ursprung des Fundbureaus.

Um das alles möglich zu machen, bedarf es Menschen wie Ute Daxl, die mit Leidenschaft, viel Geschick fürs Organisatorische und einer enormen Energie den Laden seit Jahren am Laufen hält. Unermüdlich lassen Ute und ihr eingespieltes Team Neues entstehen – und das trotz Unsicherheit und Widerständen. Denn die geplante und vielfach diskutierte Sternbrückenerneuerung würde sowohl dem Fundbureau als auch dem Rest des nachbarschaftlichem Konglomerats den Boden unter den Füßen wegziehen. Aber noch ist nicht aller Tage Abend und so lange pulsiert es weiter hinter den Eisengittern an der Stresemannstraße.

Frage: „Wie wurdest du Clubbetreiberin?“
Ute: „Durch meinen Saxophon-Lehrer, der damals beim Joggen die leeren Hallen des Fundbureaus gefunden hat und mich gefragt hat, ob wir dort gemeinsam einen Kunst- und Musikort gründen wollen.“

Frage: „Welche Clubstationen hast du schon hinter dir?“
Ute: „Vor dem Fundbureau keine.“

Frage: „Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag aus? Welche Aufgaben fallen bei dir an?“
Ute: „Mein Arbeitsalltag besteht daraus, darauf zu achten, dass alle Mitarbeiter am richtigen Strang ziehen. Dazu gehört es, täglich die Mails zu checken, immer am Puls der Zeit zu bleiben und offen für Neues zu sein.
Neben der Organisation und Vernetzung beschäftige ich mich vor allem mit der Gestaltung der Räume.
Außerdem beraten wir im Fundbureau viele Veranstalter bezüglich der Dekoration und des Ablaufs der Veranstaltungen. Gerade bei neuen Veranstaltern ist es wichtig, diese abzuholen und zu begleiten.
Neben Konzerten und Partys haben wir auch freie Theaterproduktionen bei uns. Wir sind dabei auch für Unerfahrene da, denen wir Zeit und Raum zur Verfügung stellen und diese vorab beraten. Denn es gibt auch viele Produktionen, die noch nicht so viel Ahnung von Logistik und Organisation haben.“

Frage: „Was ist aktuell deine größte Herausforderung, deine größte Baustelle? Wo brennt es?“
Ute: „Diese Baustelle gibt es leider schon immer, da wir nie einen zuverlässigen Mietvertrag hatten. Die seit vielen Jahren anstehende Sternbrückenerneuerung führt zu einer besonders großen Unsicherheit, so dass man nicht so weit vorausplanen kann, wie es für manche größere Veranstaltung oder zB. die Anschaffung teurer Technik notwendig wäre.“

Frage: „Was war dein kuriosestes Behördenerlebnis mit dem Club?“
Ute: „Die Lärmemissionsmessung, die feststellen sollte, ob wir zu laut sind, die aber nicht funktioniert hat, weil es draußen auf der Straße geregnet hat.“

Frage: „Warum tust du dir diesen Job eigentlich an?“
Ute: „Ich mag meinen selbst-kreierten Arbeitsplatz, die Arbeit in einem guten Team und die Beschäftigung mit Musik verschiedenster Genres.“

Frage: „Wie wirkt sich die Förderung durch den Live Concert Account auf deinen Club aus?“
Ute: „Nur gut.“

Frage: „Wie wirkt sich die Mitgliedschaft beim Clubkombinat Hamburg e.V. auf deine Arbeit aus?“
Ute: „Das Clubkombinat ist sehr kreativ und wirkt sich entlastend auf den Clubbetrieb aus, allein dadurch dass die Wahrnehmung der Clubs in der Öffentlichkeit als Teil der kulturellen Szene gefördert wird. Einzelne Clubs haben oft gar nicht die Zeit, im Kontakt mit Politik und Behörden für die eigenen Belange einzustehen und überhaupt wahrgenommen zu werden.
Zusammen ist es einfacher, und das Clubkombinat bringt die Clubs zusammen. Als Mitglied im Vorstand des Clubkombinats kann ich bei unseren Sitzungen außerdem immer eine tolle konstruktive Diskussionsrunde mitgestalten.“

Frage: „Eine gute Fee sitzt bei deiner Veranstaltung am Tresen. Was wäre dein dringlichster Wunsch?“
Ute: „Ich würde mir einen lichtdurchlässigen, den Lärm von außen wie von innen komplett absorbierenden Körper um das Fundbureau wünschen. Den Körper bitte in Form eines großen, die Flügel aufrichtenden Drachen.
Ansonsten hätte ich gerne wieder mehr Zeit für eigene Musik und weniger Organisationsaufwand.“

Frage: „Was war das bisherige Highlight diese Saison?“
Ute: „Auf den 21. Geburtstag des Fundbureaus, wo wir gefeiert haben, dass wir vollständig erwachsen sind. Dabei wollen wir natürlich nicht verwachsen, sondern uns immer weiterentwickeln. Auf dass die Jungen Wilden mit den Alten Hasen zusammen weitermachen.“

Frage: „Welches Konzert wirst du nie vergessen? Was war da los?“
Ute: „1. Ein Punk-Konzert unter dem Motto „Saufen fürn Kindergarten“. Den Namen der Band habe ich leider vergessen, aber es handelte sich um ein Soli-Konzert für einen Kindergarten.
2. „Vodoo zur Entkanalisierung der Stresemannstraße“ mit der Künstlerin Lydia Kavina, sie ist die Nichte des Erfinders des Teremins und hat auf dem Instrument in Begleitung von Streichern gespielt.
3. Harlem Davidsen, der mit Liebeskummer, voll betrunken und seiner neuen Gitarre eine sehr berührende bewegende Show abgeliefert hat, ganz nah am Publikum.
4. Die Theaterproduktion „Zwei Russen in der Stresemannstraße“.
Als wir noch ein Verein für Kunst und Kultur waren, hatten wir viele solcher ausgefallenen Bookings.“

Frage: „Welche Band, welcher Künstler, der kürzlich bei euch aufgetreten ist, hat das Zeug, um richtig durchzustarten?“
Ute: „Kasimir Effekt, Robin Schulz“

Frage: „Was war dein merkwürdigstes Erlebnis mit einem Künstler?“
Ute: „Das war die Aufhängung 20 weißer Socken, also nicht als Teil einer Kunst-Installation, sondern zum Trocknen im Backstage. (DubTrio aus New York, tolles Konzert ohne Fussgeruch)
Der Schlagzeuger, der aus New York kommt, war auch besonders bewandert in Schwäbischen Küchengeräten. Ich wollte damals einen aus meinen Sachen aussortierten Spätzlehobel an einen Techniker verschenken. Als mich der Ami-Künstler damit im Backstage sah, rief er begeistert: „Oh a Spätzlehobel!““

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