Club-Asse: Stefan Jonas // Booze Cruise Festival


In unserer Reihe „Club-Asse – Macher, Mucker & Moneten“ stellen wir euch die Köpfe hinter Hamburgs Musikclubs in einem Interview vor. Unser heutiges Club-Ass ist der Veranstalter Stefan Jonas.

Club-Ass: Stefan Jonas / Booze Cruise

Wenn das Herz für Punk schlägt, ist D.I.Y. der Weg zum Ziel. Instrumente schleppen und spielen, Shirts selber drucken und verkaufen, Flyer basteln und verteilen, Shows buchen und Knete eintreiben. Wie viele Veranstalter hat Stefan Jonas nach dem DO IT YOURSELF-Prinzip mal ganz klein angefangen: Seit 1998 ist er aktiv unterwegs, zunächst im Juz Schwarzenbek, darauf folgten das Bad Taste in Lübeck, das Café Flop in Bergedorf und die Mission in der Kaiser-Wilhelm Straße.

Der subkulturelle rote Faden lässt sich weiterspinnen. Stefan organisierte zahlreiche Konzerte in der Flora und bot dort neben hunderten Punkshows auch namhafteren Künstlern wie Jan Delay, Fettes Brot und Tocotronic eine Bühne. Die Liste zeigt die Umtriebigkeit eines Menschen, dem es
vornehmlich darum geht, Sachen zu machen, die ihm ganz persönlich am Herzen liegen. Dass er damit den Nerv vieler anderer trifft, zeigt der Erfolg des Booze Cruise Festivals. Spielten 2015 gerade mal zwei Bands anlässlich einer Releaseparty auf der MS Hedi, beteiligen sich mittlerweile ganze elf Locations am Punk- und Indiefestival rund um den Hamburger Hafen.

Pünktlich zum sommerlichen Pfingstwochenende öffnen nicht nur Clubs Tür und Tor für das
BoozeCruise, sondern es sind inzwischen auch Bierbrauereien, Burgergastro und Schiffe mit von der Partie: Molotow Club/Skybar/Backyard, Astra Stube, Bidges & Sons, Hafenklang/Goldener Salon, GunClub, Komet, Menschenzoo, MS Hedi, MS Tonne, Überquell Brewpub, The Rope Shack. Und als ob das nicht alles schon genug wäre, veranstaltet Stefan Jonas inzwischen auch ein zweites Booze Cruise in Bristol sowie das Frosty Booze Cruise Festival und weitere Shows für Punkbands im Hafenklang, Molotow, Stellwerk, Komet, Prinzenbar, Menschenzoo und dem Gun Club.

Stefan sagt von sich selbst, dass er nach ein paar gescheiterten Versuchen, selbst als Musiker zu agieren, schnell erkannte, weder über musikalisches Talent zu verfügen noch gerne auf der Bühne zu stehen. Aber das alles zu organisieren, im Hintergrund die Fäden zu spinnen, das gehe ihm so von der Hand.

Mit ihrem unkommerziellen Musikprogramm nehmen Stefan Jonas und seine Mitsteiter in Zeiten von Gentrifizierung, teuren Hotelneubauten und kassenklingelnden Musicals eine klare Haltung ein und zeigen, dass Subkultur sich nicht unterkriegen lässt.

Frage: „Wie wurdest du Veranstalter?“
Stefan: „Mit 16, Ende der 90er, hab ich die PROUD TO BE LOUD Radioshow im Offenen Kanal Lübeck moderiert. Von da an haben mich dauernd Bands und Labels gefragt, ob ich jemanden kenne, der Shows dort veranstaltet. Kannte ich nicht, aber hab’s dann einfach selbst gemacht. Das erste Konzert war im Lübecker Bad Taste Club eine Show mit den YACOPSAE und NOT ENOUGH.“

Frage: „Welche Stationen im Musikgeschäft hast du schon hinter dir?“
Stefan: „Puh, einiges. Ich war Radiomoderator, Fanzine-Redakteur und -Herausgeber, DJ im Lunacy, Tour-Van-Vermieter, Tourbooker, Gründungsmitglied und so ’ne Art Bassist bei JUST WENT BLACK, Plattenlabelbetreiber, Bandshirt-Designer, Mitarbeiter im Musikvertrieb, Konzert- und Festivalveranstalter. Eigentlich müsste ich jetzt nur noch ’nen Plattenladen oder einen Club aufmachen, dann hab ich alles durch. Hmmm…. „

Frage: „Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag aus? Welche Aufgaben fallen bei dir an?“
Stefan: „Meistens arbeite ich aus dem Homeoffice, was bedeutet, dass ich meistens zwei Hunde und zwei Katzen um mich herum habe. Fast alles dreht sich um Kommunikation: Ich schreibe Mails und telefoniere echt total viel mit Bookern oder Bands; manchmal treffe ich Sponsoren und Clubbetreiber in der Stadt. An Aufgaben mache ich das meiste selbst, von Booking über Sponsoren suchen, mir Merch ausdenken… Bei der Pressearbeit hilft mir eine Agentur und auch ein paar andere Jobs sind ausgelagert.
Gerade habe ich eine Mitarbeiterin angestellt, die mich bei der Orga unterstützt.“

Frage: „Was ist aktuell deine größte Herausforderung, dein größte Baustelle? Wo brennt es?“
Stefan: „Haha, ehrlich gesagt hab ich gerade das Gefühl, es ist ein Flächenbrand und ich tanze ums Feuer. Nee, es ist einfach echt viel zu tun, aber ich will mich nicht beschweren – die Ideen stammen ja alle von mir.“

Frage: „Was war dein kuriosestes Behördenerlebnis mit einer Veranstaltung?“
Stefan: „BOOZE CRUISE ist eigentlich nur unser PLAN B bei der Namensfindung gewesen, eigentlich sollte das Festival CRUISE DAZED heißen. Andreas von der Hedi hat sich aber partout geweigert, uns unter diesem Namen an Bord zu lassen – aus Angst, die Stadt Hamburg würde ihn und uns verklagen. Ist also eher ein Pre-Behördenerlebnis. Ansonsten war schön: Ich hab mich für eine Förderung im Rahmen des Musikstadtfonds beworben und diese auch bewilligt bekommen. Als ich die Behörde angerufen habe, meinte die Dame am Telefon: „Ah, Sie sind doch der Punkertyp! Wir freuen uns schon sehr auf ihr Festival!“ Das hat mir ganz gut gefallen.“

Frage: „Was macht deinen Job so spannend?“
Stefan: „Nach wie vor buche ich nur Bands, die ich selber sehen will – ich mache das alles also hauptsächlich für mich selbst. Dass es so viele Leute gibt, die sich mega über das Festival freuen, ist eine super Bestätigung und macht einfach Spaß.“

Frage: „Wie wirkt sich die Mitgliedschaft beim Clubkombinat Hamburg e.V. auf deine Arbeit aus?“
Stefan: „Das BOOZE CRUISE ist ja ein Clubfestival, sprich wir haben jeden Mal ca. 10 Clubs dabei, in denen die Konzerte stattfinden. Clubbetreiber haben sicherlich Besseres zu tun, als auf alle E-Mails zu reagieren, daher sind z.B. die Club-Brunchs sehr hilfreich für mich, da ich da alle persönlich ansprechen kann.“

Frage: „Eine gute Fee sitzt bei deiner Veranstaltung am Tresen. Was wäre dein dringlichster Wunsch?“
Stefan: „Ich glaube, dass der Konzertsommer nicht deswegen tot ist, weil im Sommer niemand auf Konzerte gehen will, sondern weil die Festivals im Umland mit Gebietsschutz arbeiten und kaum spannende Bands nach Hamburg kommen dürfen. Die Fee dürfte sich dann gern um ein Verbot von derartigen Vertragsklauseln kümmern.“

Frage: „Worauf freust du dich in der kommenden Saison am meisten?“
Stefan: „AS FRIENDS RUST und CHAMBERLAIN bei uns auf dem Festival, LESS THAN JAKE im Molotow und Union Berlin endlich in der 1. Liga!“

Frage: „Welche Veranstaltung wirst du nie vergessen? Was war da los?“
Stefan: „2016 hatten wir knapp 100 Besucher auf der Hedi und im Menschenzoo, fürs zweite BOOZE CRUISE Festival haben wir dann ganz großzügig mit 350 Tickets gerechnet – die waren innerhalb von drei Minuten ausverkauft. Ich hab in dem Augenblick gedacht, unser Onlineshop wäre kaputt.“

Frage: „Welche Band, welcher Künstler, den du kürzlich gebucht habt, hat das Zeug, um richtig durchzustarten?“
Stefan: „DOE kommen aus London und waren vor kurzem in Hamburg. Deren Songs erinnern wunderbar an Weezer, Dinosaur Jr und 90er-Gitarren. Einfach toll! Wäre großartig, wenn das Hafenklang beim nächsten Mal voller wäre, wenn die Band wieder in der Stadt ist. „

Frage: „Was war dein merkwürdigstes Erlebnis mit einem Künstler?“
Stefan: „So richtige Diven hatte ich jetzt immer noch nicht dabei und hoffe, das kommt noch.
Supernett waren TOCOTRONIC, die reinkamen und sich noch mal vorstellten und anboten, uns beim Bierkistenschleppen zu helfen.“

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