Aus aktuellem Anlass: Tanzverbot abschaffen!


Die Stadt Hamburg hat das erste Mal seit 20 Jahren Musikclubs in den Bezirken Altona und Mitte auf Grundlage des Tanzverbots zu Ostern unter Androhung von Bußgeldern schließen lassen.

In Hamburg gilt am Karfreitag ein Tanzverbot. Gemäß § 4 der Hamburger Feiertagsverordnung von 1957 dürfen demnach zwischen zwei Uhr morgens bis zwei Uhr des Folgetages keine Veranstaltungen stattfinden, die den ernsten Charakter des Tages nicht wahren. In Hamburg gibt es allerdings keinen Kriterienkatalog, welche genauen Merkmale unter diese Definition fallen. Diese Regelung der Feiertagsschutzverordnung wird umgangssprachlich auch als „Tanzverbot“ bezeichnet und wurde nun erstmals seit 2003, damals unter Innensenator Ronald Schill, wieder aktiv kontrolliert und mittels einem größeren Polizeiaufgebot u.a. im Uebel & Gefährlich durchgesetzt. Auch der Hamburger Berg ist von den durchgesetzten Schließungen betroffen. Hier wurde bisher eine Herunterregelung der Musik und Türschließungen als praktikable Variante geduldet.

Claudia Mohr vom Vorstand des Clubkombinat Hamburg e. V. kommentiert: Ein generelles Tanzverbot, unabhängig davon, ob Personen in ihrer Religionsausübung gestört werden, hält das Clubkombinat für unverhältnismäßig. Wir sehen es als nicht mehr zeitgemäß, einen so starken Einschnitt in die Rechtsgüter Dritter zu rechtfertigen. Es ist gerade nicht Aufgabe des Staates, die Interessen einer Religionsgemeinschaft durchzusetzen und den Hamburgerinnen und Hamburgern Vorschläge oder Vorschriften zu machen, wie sie ihre Freizeit zu gestalten haben – auch nicht an einem einzigen Tag im Jahr. Der § 4 Feiertagsschutzverordnung schränkt demnach Personen, die am Karfreitag tanzen wollen, in ihrem Recht auf Freiheit von Religion ein. Wir vermuten ein koordinierte Aktion gegen die Clubs – ohne jegliche Vorwarnung.“

„Stille Feiertage“ sind religiöse Feiertage, die gesetzlich einen besonderen Schutz genießen. Je nach Bundesland verbieten die Feiertagsgesetze themenfremde öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen, den Schankbetrieb sowie musikalische Darbietungen. Seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf kein Bundesland Tanzveranstaltungen grundsätzlich verbieten. Die Bundesländer handhaben diese Regelungen sehr unterschiedlich. Anders als in Hamburg, wo zwei Veranstaltungstage – von Karfreitag um 2 Uhr morgens bis Karsamstag bis 2 Uhr (24 Stunden) – betroffen sind, herrscht in Bremen z. B. das Tanzverbot „nur“ am Karfreitag von 6 bis 21 Uhr (15 Stunden).

Dadurch, dass am Karfreitag durch eine staatlich verordnete Stille kein aktives Tun, sondern ein Unterlassen besteht – namentlich im Verbot von beispielsweise öffentlichen Parties – werden der oder die Einzelne gezwungen, auch an diesem religiösen Ritus teilzunehmen. Aus den angeführten Gründen fordert das Clubkombinat die sofortige Abschaffung des Tanzverbotes und daher die ersatzlose Streichung des § 4 der Hamburgischen Feiertagsschutzverordnung.

Anna Lafrentz ergänzt als 1. Vorsitzende des Clubkombinat: Als Kulturschaffende mit Clubbetrieben gehören Feiertage zu unserem Kerngeschäft. Umso trauriger macht es uns, dass nach den Coronajahren und Jahrzehnten, in denen man uns unter den anachronistischen Regelungen des Tanzverbots  zumindest halbwegs  gewähren ließ, in der vergangenen Nacht mit einer unverhältnismäßigen Härte eben diese Regelungen besonders eng ausgelegt und durchgesetzt wurden. Wir fragen uns, was den Anlass für dieses Vorgehen lieferte und ob es Vorgaben aus der Politik, der Verwaltung oder der Polizeiführung gab?“

Hamburg, den 07. April 2023

Gezeichnet: Der Vorstand

 

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