15 Jahre Clubkombinat Hamburg e. V. –
You´ll never walk alone – Ausblicke (Teil 4)


Ein Jubiläum zu feiern, ist das in etwa so, wie für das Lebenswerk geehrt zu werden? Sprich: Danach kann nicht mehr viel kommen? Mitnichten. Mit 15 Jahren ist das Clubkombinat Hamburg gerade einmal im besten Teenageralter, geht also mit jugendlichem Tatendrang kommende Projekte an, statt sich saturiert auf dem Status quo bisher gesetzter Meilensteine auszuruhen.

„Wo steht das Clubkombinat im Jahr 2034?“ Wer den Popprofis Karsten Schölermann (LiveKomm/Clubstiftung) und Terry Krug (Clubstiftung) eine solche Frage stellt, der erhält flott den Eindruck: Die ersten 15 Jahre des Verbandes waren gerade einmal der Anfang. Beim Clubkombinat geht niemand mit seinen Visionen zum Arzt, sondern baut daraus ein nachhaltiges Konzept für die Musikszene der Stadt.

Wie soll es also weitergehen? Schölermann hat darauf eine knackige Antwort: „100 Millionen Euro ins System.“ Was zunächst vermessen klingen mag, ergibt in seiner Erläuterung Sinn: „Vor einigen Monaten konnte ich das erste Mal ungeniert darüber reden, dass die Popmusik auf Bundesebene genauso gefördert werden muss wie die Filmbranche.“ Schölermann glaubt fest daran, dass die Supportprogramme im Musikbereich in zehn Jahren bundesweit derart gut synchronisiert sind, dass Beträge in dreistelliger Millionenhöhe effektiv in die Popbranche fließen können – in Proberäume, Künstlerstipendien, Clubausstattung, Export- und Tourförderung. „Damit wir die Musik, die wir lieben, auch europäisch sichtbar machen können“, sagt Schölermann.

Finanzen spielen ebenfalls auf Hamburg-Ebene eine immense Rolle. „Aus den rund 60.000 Euro, die das Clubkombinat allein im vergangenen Jahr über das eigene Ticketing-System erwirtschaftet hat, wollen wir in Hamburg gerne mindestens eine Million machen“, fordert Terry Krug. Wie das funktionieren soll? Indem sich andere Kulturstätten solidarisch zeigen mit den Musikclubs der Stadt und ihren Kartenvorverkauf über das FairTix-System abwickeln oder pro verkauftem Ticket einen Euro an die Clubstiftung spenden. „Das ist das Mindeste, was wir von der Elbphilharmonie in fünf Jahren erwarten können“, sagt Schölermann. Auch Großveranstaltungen wie das Reeperbahn Festival möchte er diesbezüglich gerne in die Pflicht nehmen.

Terry Krug verweist auf ein weiteres Dauerthema: Räume erhalten und erschließen. „Ich sehe das Clubkombinat künftig verstärkt als Partner, um Kreativstandorte in Hamburg zu entwickeln. Damit fangen wir gerade an, in dem wir uns um die Kasematten hinter den Deichtorhallen kümmern und dort einen sehr partizipativen Workflow angeregt haben. Das macht uns zum interessanten Ansprechpartner, zum Beispiel für Immobilieneigentümer.“Die Clubstiftung könnte dann nicht nur als Mieter auftreten, sondern Eigentümer von Kulturgrundstücken werden. „Eine schöne Vision: In 20 Jahren gehört jeder Club sich selber“, erklärt Schölermann.

Letztlich haben die engagierten Herzblutmenschen des Clubkombinat Hamburg ein zutiefst soziales Interesse. Wenn sie fordern, die Stadt solle Kulturzonen schaffen statt weitere Business Improvement Districts, geht es um nicht weniger als die Frage, wie wir in 15 Jahren gemeinsam leben möchten. „Die größte Herausforderung der Zukunft ist für uns, die Multitasking-Ebene zwischen Stadtentwicklung, Kulturwirtschaft, Musikbetrieb und sozialem Klebstoff zu meistern“, erklärt Schölermann. Seine These lautet: Musik verbindet, macht bessere Menschen aus uns und ist kein Lärm, sondern ein Gesundheitsgeräusch.

„Wenn wir 105 Dezibel in deine Ohren tun, dann schädigt das dein Gehör vielleicht ein ganz kleines bisschen, aber dafür ist deine Seele so dermaßen viel glücklicher.“ Und damit die Spielstätten nicht ständig zwischen stadtpolitischen, gesundheitsbehördlichen und wirtschaftlichen Anforderungen hin- und hergerissen werden, will das Clubkombinat den Bund mit einem eigenen Konzept dazu animieren, ein deutschlandweites Kulturraumschutzgesetz zu verabschieden.

Um solchen wichtigen Wegmarken näherzukommen, möchte der Verband gegen so manches hartnäckige Vorurteil angehen. „Wer nichts wird, wird Wirt – dieser alte Satz soll aus den Köpfen verschwinden. Einen Club zu betreiben, ist ein hoch komplexer Job – genauer gesagt sind es 40 Jobs in Personalunion“, erläutert Krug. Von daher gelte es, die Kompetenzen der Clubkombinat-Mitglieder permanent zu erweitern. Und noch größere Sichtbarkeit herzustellen. Etwa mit eigenen Kulturlitfaßsäulen, um Konzerte zu bewerben.

Ein weiteres Clubkombinat-Thema der Zukunft: Mehrwertsteuer. Das Finanzamt mag wie die Antipode zur Clubkultur erscheinen. Und Zahlenspiele an blanken Schreibtischen haben auf den ersten Blick so gar nichts mit Krawall und Remmidemmi vor schnapsgetränkten Tresen zu tun. Aber: „Alle unsere Strukturprobleme hätten sich mit einer Mehrwertsteuerreform erledigt“, sagt Schölermann. Sein Ziel: Er möchte nachweisen, dass Musikclubs jeden Cent, den sie aus Bierverkauf einnehmen, für Künstlergagen nutzen. Denn dann gelte ein vergünstigter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Getränke. „Das ist ein ganz dickes Brett, aber auch das wird uns in 20 Jahren gelungen sein – ebenso wie eine Hamburger Musikclublotterie, aus der wir Millionen generieren, um Clubs auszustatten“, erklärt Schölermann zuversichtlich. Und er betont: „Es geht nicht darum, alte Kultur wieder aufzuwärmen. Es geht darum, dass sich neue Musik entwickelt.“ Gute Aussichten für die kommenden 15 Jahre. Und darüber hinaus.

(Text: Birgit Reuther)

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