In echt und im Stream: Vom 16.09. – 19.09.2020 zeigt das Reeperbahn Festival in einer pandemiegerechten Ausführung live vor Ort sowie im digitalen Raum Konzerte und Programm aus den Bereichen Kunst, Film, Word, Education sowie eine Konferenz für Musik- und Digitalwirtschaft. Mit der EU-Initiative Keychange macht sich das Reeperbahn Festival seit 2017 stark für eine Gleichstellung der Geschlechter in der Musikwirtschaft – die Musikbranche bleibt hinter ihren Möglichkeiten, wenn Sie das Talent von Künstlerinnen nicht fördert. Das gilt es zu ändern!
Alex, unter welchen Bedingungen kann das Reeperbahn Festival in diesem Jahr stattfinden?
Das Reeperbahn Festival findet in diesem Jahr unter Einhaltung der behördlichen Vorgaben für Clubkonzerte sowie der aktuell geltenden Abstands- und Hygieneregeln statt. Konkret bedeutet dies zum Beispiel eine stark verringerte Anzahl der Besucher*innen, Konzerte und Spielstätten und ihren Kapazitäten sowie die Verlagerung unseres Programms für Fachbesucher*innen sowie große Teile des Konzertprogramms als Livestream und Video On Demand in den digitalen Raum. Die Spielorte werden zwischen den Shows komplett geräumt, desinfiziert und belüftet. Weiterhin besteht Maskenpflicht für alle Besucher*innen in Schlangen vor sowie auf allen Wegen innerhalb der Spielstätten. Alle Clubs erhalten einen individuellen QR-Code, über den sich unsere Besucher*innen ein- und wieder auschecken. In Gänze sind die Maßnahmen auf der Reeperbahn Festival-Homepage nachzulesen und werden aufgrund der dynamischen Entwicklung fortlaufend aktualisiert.
Wie viele und welche neuen Musikorte wird es in diesem Jahr geben und was waren die Kriterien bei der Auswahl?
Wir bespielen je nach Tagen zwischen 19 und 21 Spielstätten, davon 16 Indoor sowie fünf Open Air. Neu dazugekommen ist eine erweiterte Open-Air-Bühne im Festival Village auf dem Heiligengeistfeld. Die teilnehmenden Clubs sind mit u. a. Nochtspeicher, Molotow, Gruenspan, Mojo Club, Uebel & Gefährlich, Operettenhaus, uvm. alles „alte Bekannte“. Die Kriterien zur pandemiegerechten Umsetzung innerhalb der Spielstätten haben wir gemeinsam mit den Clubs und einem Spezialisten-Team aus zwei Veranstaltungsmeistern, einem Mediziner und einem Justitiar erarbeitet. Die Konzepte sind für jeden Club individuell unter Einbeziehung der räumlichen Umsetzungsmöglichkeiten und jeweiligen Kapazitäten erstellt, so dass die größtmögliche Sicherheit aller beteiligten Personen zu jeder Zeit gewährleistet ist. Wir haben aber immer auch zunächst erörtert, in welcher Konstellation denn der Spielbetrieb in Zeiten der Pandemie nach dem Reeperbahn Festival am wahrscheinlichsten wäre. In den allermeisten Fällen spielen wir deshalb bestuhlt und mit Getränkeausschank.
Was erwartet die Besucher*innen bei dieser speziellen Ausgabe programmatisch?
Wir finden es wichtig, gemeinsam mit unseren Besucher*innen, teilnehmenden Künstler*innen und Mitarbeitenden auszuprobieren, wie ein Festival unter den aktuellen Bedingungen, die uns voraussichtlich noch länger beschäftigen werden, aussehen muss und vor allem wie es sich für alle anfühlt – bewusst ergebnisoffen. Abseits dieser Thematik erwartet alle Besucher*innen ein hochklassiges Programm aus Konzerten, Lesungen, Filmvorführungen und Kunst, das sich in diesem Jahr auf Bands und Künstler*innen aus Deutschland und dem benachbarten europäischen Ausland zusammensetzt.
Wie sieht es mit dem Konferenzprogramm aus?
Die Fachbesucher*innen aus der Musikwirtschaft kommen aus aller Welt. Um diese internationale Prägung der Besucher*innen und der Themen nicht zu gefährden, haben wir uns nach den sehr positiven Reaktionen auf unsere digitale New York-Edition im Juni entschieden, mit diesem Programm-Angebot im September ebenfalls in den digitalen Raum zu wechseln. Viele Entscheider*innen der Musikindustrie sind inzwischen zwangsläufig an virtuelle Zusammenkünfte gewöhnt, so dass wir sicher sind, dass der Dialog innerhalb der Musikwelt auch digital rege weitergeführt werden kann. Die Matchmakings, Receptions und Panels produzieren wir ohne Publikum als Live-Sendungen aus drei Studios im Klubhaus, nämlich im UWE, im Schmidtchen und im Häkken.
Dein musikalischer Geheimtipp für dieses Jahr?
Drew Sycamores (DK), People Club (Berlin)… Diese zwei haben sich um die Teilnahme an unserem Wettbewerb ANCHOR 2020 beworben. Alle sechs Nominierten spielen ihre Shows in diesem Jahr übrigens im Nochtspeicher und werden von uns online live übertragen!
Welchen Einfluss wird die Pandemie deiner Einschätzung nach auf eine zukünftige Hamburger Musiklandschaft und euer Festival haben?
Enormen, wie sich seit Monaten zeigt. Gleichwohl ist es wichtig, einen Umgang mit den situativ bedingten Umständen zu finden, da sie uns voraussichtlich noch länger begleiten werden. Dazu gehört einerseits, wieder Kultur auf die Bühnen der Stadt zu bringen und mit Fördermodellen neue Wege zu diskutieren und zu gehen – nur so kann es gelingen, die Hamburger Musiklandschaft, die den unabdingbaren Nährboden für das Reeperbahn Festival darstellt, langfristig zu erhalten. Wir erhoffen uns von der diesjährigen Durchführung des Reeperbahn Festivals viele neue Impulse in genau diese Richtung.
Hast Du noch ein letztes Wort für Hamburgs Clubgänger*innen?
Ich empfehle in diesem Jahr besonders, das Reeperbahn Festival wenigstens an einem Tag zu besuchen. Wir betreiben diese erheblichen Aufwände, damit wir gemeinsam mit den Künstler*innen, den Musikwirtschaftenden und vor allem den Besucher*innen einen atmosphärischen Eindruck von Veranstaltungen in Zeiten der Pandemie gewinnen können.