Begründung zur Verleihung der zerbrochenen Gitarre 2023 für die Verdrängung von kulturellen Orten
Das Clubkombinat setzt sich als Zusammenschluss Hamburger Club-, Party- und Kulturereignisschaffenden für die Anliegen von Musikbühnenbetreiber:innen und Kulturveranstalter:innen ein und vergibt einmal im Jahr in eigener Verantwortung die “Himbeere” des clubawards. Diese wird an denjenigen oder diejenigen verliehen, die in vorsätzlicher Art und Weise das „Club-Sterben“ durch gesellschaftliche, politische und/oder finanzielle Entscheidungen vorantreiben, oder wissentlich in Kauf nehmen. Mit dem „Negativ“-Preis werden die Probleme der Clubkultur in die öffentliche Wahrnehmung gelenkt und dem(n) Awardgewinner(n) die Möglichkeit zur Korrektur geboten.
Das Jahr 2023 endete mit einem Paukenschlag: Mit den Vorgängen um die Vertreibung des Molotows und die heimatlose Astra Stube erleidet die Musikstadt Hamburg einen schweren Schaden. Beide Clubs wurden in der Vergangenheit für ihre wertvolle Arbeit vielfach beim clubaward ausgezeichnet. Die jüngsten Vorgänge bringen ein Fass zum Überlaufen. Dieses Erdbeben darf nicht folgenlos bleiben! Das Molotow ist ein prominentes Opfer, das genutzt werden sollte, um auch weniger prominenten Verdrängungsfällen künftig vorzubeugen. Es bedarf nicht nur ein konsequentes und schnelles Handeln für das Molotow und die Astra Stube, sondern auch eine Aufarbeitung der Geschehnisse und strukturelle Reformen für eine kulturelle Stadtentwicklung. Es gilt zu verstehen, warum es zu diesen Entscheidungen kommen konnte, wie die Prozesse verliefen, um dann Konsequenzen auf den verschiedenen Ebenen (Bezirke, Land, Bund) zu ziehen. Wir brauchen ganzheitliche Stadtplanung mit einer Priorisierung von Kultur und Mensch vor Kapital. Die Dringlichkeit für eine kulturelle Stadtentwicklung ist unübersehbar.
Es darf nicht sein, dass ein Musikclub dessen Existenz bekannt war, in seinen Belangen übersehen wird und den Interessen von Investoren:innen mit ihren Bauvorhaben einfach weichen muss.
Hamburg hat in der Vergangenheit viel für den Erhalt der Musikclubs geleistet. Dieser Einsatz sollte nicht aufs Spiel gesetzt und gefährdet werden. Aufgrund der sich verschärfenden Rahmenbedingungen müssen die gemeinsamen Anstrengungen intensiviert werden.
Für eine prosperierende Clubkultur ist weiterhin ein enges und andauerndes Zusammenspiel zwischen Finanzbehörde, Stadtentwicklungsbehörde, Kulturbehörde und der Clubszene erforderlich. Wir brauchen nicht nur Hilfszusagen in der akuten Not. Die Probleme müssen an der Wurzel angegangen werden. So muss künftig u.a. das Club-Kataster bei der Stadtplanung verbindliche Berücksichtigung finden und ein Veto-Recht bei der Verdrängung von Kulturstätten implementiert werden. Die Bezirke sollten Nutzungsvorbehalte und/oder einen Milieuschutz für Musikclubs formulieren.
Es gilt zu verhindern, dass sich das Kapital weiter durch die Stadt frisst und damit droht, dass die Musik immer leiser erklingt! Denn: “Eine Stadt ohne Clubs ist eine tote Stadt”. Daher verleiht das Clubkombinat die zerbrochene Gitarre 2023 für die Verdrängung von kulturellen Orten.
Begründung (PDF / 104 KB)
Fotocredits: Kevin Winiker