Standpunkt: 2G/3G Debatte – Öffnungsperspektiven für Musikclubs


Das Clubkombinat Hamburg ergänzt seine Position vom 23.08.2021 mit einem Standpunkte-Papier. Adressiert an den Hamburger Senat bündelt es gleichermaßen viele erste offene Fragen aus dem Kreis des Interessenverbands.

Sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg,

nach Bekanntgabe näherer Details zum 2G-Optionsmodell stuft der Vorstand des Clubkombinat Hamburg e.V. das Vorhaben des Senats weiterhin kritisch ein.

Zur Durchsetzung einer höheren Impfquote wird nun die Gastro-, Kultur- und Veranstaltungsbranche von staatlicher Seite benutzt, anstatt auf politischem Wege Regelungen und geeignete Maßnahmen zu treffen, die dieses Ziel verfolgen. Die Frage des Zugangs zu gesellschaftlicher Teilhabe spaltet die ohnehin gebeutelte Gesellschaft (noch) weiter. Die Risiken in anderen Bereichen (z. B. der Arbeitswelt, Industrie und Reisen) werden weitgehend akzeptiert, während in der Kultur nahezu eine Nulltoleranzlinie gefahren wird.

In einer jüngsten Umfrage zeigt sich, dass auch unsere Mitglieder in der 2/3G-Frage gespalten sind.
Zurzeit existieren in der Branche viele Fragen und die Folgen dieses Modell sind derzeit noch kaum absehbar:
Die Ungleichbehandlung von Nicht-Geimpften wie z.B. Schwangeren, Kindern und Jugendlichen oder Menschen, die eine Impfung gesundheitlich bedingt nicht vertragen, ist kaum zu ertragen. Diese Menschen werden praktisch vom sozialen und kulturellen Leben ausgeschlossen. Laut ihren Aussagen geschieht diese Ausgrenzung bis auf weiteres ohne zeitliche Befristung.

Bundesjustizministerin Lambrecht hält das 2G-Modell hingegen eindeutig für verfassungswidrig. Sind Sie der Meinung, dass ihre Parteikollegin in dieser Rechtsauffassung falsch liegt?

Die Verpflichtung zur Durchführung von Identitätskontrollen beim Publikum erhöht die Verantwortung von Veranstalter:innen noch weiter. Wie sollen Fälschungen erkannt werden? Wer haftet dann bzw. muss mit Bußgeldern rechnen?

Das Wahlmodell zwingt den Betreiber:innen eine Entscheidung auf und führt in ein Dilemma: bleibt man bei 3G, sympathisiert man mit Impfskeptiker:innen, oder wechselt man zu 2G und schließt Menschen aus.

Die weiterhin existierende Maskenpflicht wird dazu beitragen, dass wir von Normalität im Club noch weit entfernt bleiben. Die Kontrollierbarkeit der Maskenpflicht im Club ist praxisfern und wirklichkeitsfremd. Andere Bundesländer, wie z.B. Baden-Württemberg zeigen Wege auf, wie konstruktive Regelungen im Dialog mit der Branche getroffen werden können, die auch Lösungen bei der Aufhebung der Maskenpflicht beinhalten.

Dass der Hamburger Senat zunächst eine tanzende Menge auf 150 Menschen im Club begrenzt, ist der Sicherheitslogik des Senats geschuldet und kann nur ein erster Schritt sein, dem bald weitere Lockerungen folgen sollten. Wenn mit 2G ein weitestgehender Schutz vorhanden ist, warum können dann nicht auch z.B. 250 oder 500 Menschen derart feiern und die Maskenpflicht entfallen? Es bedarf zudem für eine weitere Planbarkeit – eine Aussage, wie lange dieses Modell Bestandteil der Pandemiebekämpfung bleiben soll.

Wir appellieren entschieden an Sie, Herr Erster Bürgermeister und an den Senat der FHH, auch eine 3G-Variante zur Wahl zu stellen, die in Analogie zu 2G Lockerungen vorsieht und z.B. die Funktion von vorhandenen Lüftungsanlagen berücksichtigt.

Aktuell sammeln wir aus den Reihen unserer Mitgliedschaft Fragen an den Senat und versuchen, diese zu klären, um die Entscheidungen für eine Öffnungsvariante zu begünstigen:

1.) Müssen sich die Betreiber:innen insgesamt für ein Modell entscheiden und können danach nicht mehr wechseln (z.B. nach einer Probephase)?

1a.) Kann man das Modell auch am selben Abend (z.B. nach einem Publikumswechsel) von 3G auf 2G wechseln, z.B. nach einem Konzert zu einer Tanzveranstaltung?

2.) Auf welcher Rechtsgrundlage basiert die Personalausweiskontrolle am Eingang durch private Club-Betreiber:innen?

3.) Kontrollen am Einlass: Gelten die Bußgelder auch bei gefälschten Impfausweisen?

Welche Ansichtsexemplare existieren für die Genesenausweise? Werden hier seitens des Senats Hilfen/Übersichten geliefert?

4.) Wie steht es bei der Maskenpflicht draußen beim Tanz(en) mit bis zu 750 Personen? Gilt dort auch eine Maskenpflicht?

5.) Wie ist der Begriff des Tanzens zu definieren? Wird ein Konzert mit tanzbarer Musik auf 150 Leute begrenzt und bei „langweiliger“ Musik darf man den Veranstaltungsort voll auslasten?

Was ist, wenn bei einem ausverkauften Stehkonzert mit Vollauslastung die Menschen spontan beginnen zu tanzen? Muss das unterbunden werden?

6.) Wenn der Club zu einem Konzert ausverkauft werden darf, ist die Maskenpflicht beim Bewegen im Raum nicht eindeutig. Wie stellt sich der Senat einen fixen Stehplatz im Club vor (außer am Tresen), an dem man die Maske absetzen darf?

7.) Wie soll die Maskenpflicht bei vollem Haus kontrolliert und durchgesetzt werden?

8.) Zwecks Einrichtung von Vorverkäufen für Shows im Jahre 2022: Wie lange soll das 2G Modell gefahren werden?

9.) Fallen die Musikclubs weiterhin unter den Club-Rettungsschirm, wenn sie mit 2G öffnen?

Ü-Hilfen werden dann vermutlich in Teilen obsolet, weil Umsatzgrenzen gerissen werden. Der Umsatz wird aber vermutlich nicht ausreichen, um die höheren Personalkosten zu decken.

9 a.) Bleibt der Club-Rettungsschirm bzw. die Ü-Hilfen für diejenigen weiter bestehen, die sich für das 3G Modell entscheiden?

10.) Wer trägt die zusätzlichen Kosten für Kontrollen an der Tür und im Innenraum zur Kontrolle und Durchsetzung der Maskenpflicht?

11.) Was macht man mit Mitarbeiter:innen, die, laut Bürgermeister, nicht eingesetzt werden dürfen? Wer zahlt deren Gehälter?

12.) Müssen wir jetzt beim Booking auch die verabreichten Impfstoffe von auswärtigen Künstler:innen auf Zulässigkeit (Stichwort: Sputnik V) in Deutschland erheben und prüfen?

13.) Wie soll die Branche mit bereits verkauften Tickets an Nicht-Geimpfte umgehen?

14.) Wie sollen bei diesem Flickenteppich an Regelungen der Bundesländer jemals wieder künftig Tourneen geplant werden?

Hamburg, den 27.08.2021

Gez.

Der Vorstand

 

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