CLUB AWARD 2020 – Begründung zur Verleihung der zerbrochenen Gitarre an die Weltgesundheitsorganisation (WHO)


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Das Clubkombinat setzt sich als Zusammenschluss Hamburger Club-, Party- und Kulturereignisschaffender für die Anliegen von Musikbühnenbetreibern und Kulturveranstaltern ein. Diese Menschen übernehmen in der Musikstadt Hamburg eine Schlüsselrolle in der Produktion einer heterogenen Musiklandschaft und sind von großer Wichtigkeit für die Förderung von Diverstität und Attraktivität im urbanen Kultur- und Nachtleben.

Eine zentrale Herausforderung dieser Szene besteht darin, dass künftige Verschärfungen in der Schallpegelregulierung zu unwiderruflichen Schädigungen der Clubkultur führen können.

Auslöser für diese Sorge ist die von der WHO im Oktober 2018 veröffentlichte Lärmrichtlinie für die europäische Region, in denen Lärm als eine der größten Umweltgefahren für die körperliche und geistige Gesundheit und das Wohlbefinden identifiziert wurde. In ihren Richtlinien definiert die WHO Geräusche, die von Live-Musikdarbietungen stammen, als „Lärmbelästigung“ und stuft Musik als „Freizeitlärm“ mit schadhaften Geräuschen gleich, die von motorisierten Fahrzeugen erzeugt werden.
Laut WHO gehört zum Freizeitlärm der Besuch von Nachtclubs, Pubs, Konzerten und Musikveranstaltungsorten. Zitat Dr. Zsuzsanna Jakab, WHO Regional Director for Europe:  “We need to act on the many sources of noise pollution – from motorized vehicles to loud nightclubs and concerts – to protect our health.” Schätzungen der WHO zufolge sind mehr als 40% der jungen Menschen, die Veranstaltungsorte besuchen, lauten Geräuschen ausgesetzt, die ihr Gehör gefährden sollen. Ein durch laute Geräusche verursachter Hörverlust sei dabei meist irreversibel.

Zur „Förderung des sicheren Zuhörens in Veranstaltungsorten“ sollen weltweite Standards festgelegt werden, die ab Mitte 2021 bereit stünden, um dann in nationale Gesetzgebungen übertragbar zu sein. In Deutschland wird sich dann das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium für eine Umsetzung verantwortlich zeichnen. Es ist davon auszugehen, dass sich daraus Verschärfungen in der LärmVibrationsArbeitsschutzverordnung (Schutz der Beschäftigten), TA Lärm / Freizeitlärmrichtlinie (Schutz der Anwohner) und der DIN 15905-5 (Publikumsschutz) ergeben. Die letzt genannte Norm wird derzeit bereits novelliert.

Mit der WHO-Initiative „Make Listening Safe“ zur Schallregulierung ist mit umfassenden Auswirkungen auf den Live-Musiksektor zu rechnen. Ob mit neuen Vorschriften für Präventivmaßnahmen (Bsp.: Hinweisschilder die dem Publikum den aktuellen Schallpegel in der Venue, aber auch die Notwendigkeit von „Chill Rooms“ (Ruhezonen) beim Bau neuer Musikclubs bis zu möglichen, schärferen Schallgrenzwerten. Strengere Auflagen würden jedoch zusätzliche, teure Investitionsbedarfe erzeugen, die von kleinen Clubs und Festivals – insbesondere im Newcomer- und Nachwuchsbereich – kaum zu finanzieren sind. Hier stünden schnell kostenintensive Technik- und Regulierungsbedarfe im Raum, die Entwicklungschancen für Künstler*innen mindern und eine Bedrohung des gesamten Musikbereichs darstellen.

Als Clubkombinat verweisen wir darauf, dass Klangempfehlungen zur Musiknutzung nicht die Freiheit der Kunst und das Wohlbefinden, das auch intensiver Musikkonsum mit sich bringt, weiter einschränken dürfen. Hier stehen insbesondere Musikerfahrungen und Stile von Rock über Musicals bis Klassik mit im Vordergrund, deren intensive Musikerfahrung einer positiven Karthasis gleich zu setzen ist. Natürlich ist der Gesundheitsschutz unseres Publikums von großer Bedeutung. Es muss bei der Diskussion um Schallpegelbeschränkungen jedoch ein Ausgleich der Interessen zwischen Musikfans, die ein Bedürfnis für intensives Musikhören verspüren und den behördlichen Anforderungen erfolgen. Die einseitige Betrachtungsweise der WHO ist hier kontraproduktiv und gefährdet die gewachsene Musikkultur in Europa und der Welt.

Daher verleiht das Clubkombinat die zerbrochene Gitarre 2020 an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und ruft die Akteure*innen der Musikbranchen auf, sich in einer Allianz anzuschließen und zu Wehr zu setzen. Musik ist kein Lärm! Oder wie AC/DC es bereits formulierten: Rock and Roll Ain‘t Noise Pollution!


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CLUB AWARD 2020 – Statement for presenting anti-award “The broken guitar” to the World Health Organization (WHO)

The WHO’s „Make Listening Safe“ initiative for sound regulation is expected to have a comprehensive impact on the live music sector. New regulations for preventive measures (e.g. signs to inform the public about the current sound level in a venue), the need of “chill rooms” (quiet zones) when building new venues or stricter sound limits are possible scenarios. Stricter requirements, however, would cause a need for expensive investments, which can hardly be financed by small clubs and festivals, especially if they support mainly newcomers and young talents. Subsequently this would quickly reduce the development opportunities for artists and pose a threat to the entire music sector.

As the association of Hamburgs club, party and cultural event promoters (Clubkombinat Hamburg), we would like to point out, that sound regulations shouldn’t restrict the freedom of art and the well-being, that intensive music consumption allows. Intensive musical experiences and styles from rock to musicals to classical music can be equated to a positive catharsis.

Clearly the health of our audience is very important. When discussing sound level restrictions, however, there must be a balance between the interests of music fans who like intensive listening and the official requirements. The WHO’s one-sided approach is counterproductive and endangers the growing music culture in Europe and the world.

Therefore Clubkombinat Hamburg presents their anti-award “The broken guitar 2020” to the World Health Organization (WHO) and calls all players in the music industry to join into an alliance and assemble resistance. Music is not noise! Or as AC/DC put it: Rock and Roll Ain’t Noise Pollution!

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