NACHBERICHT — ROUNDTABLE AWARENESS & TEILHABE #11

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Am 1. Oktober fand der Roundtable #11 zum Thema „Mental Health im Clubkontext – Handlungsimpulse für einen gesunden Cluballtag“ im eeden – Space & Community statt. Initiiert wurde die Veranstaltung durch das Clubkombinat Hamburg e.V. Projekt tba – to be aware, gefördert durch die Behörde für Kultur und Medien (BKM) und die Clubstiftung Hamburg.

Einleitung und Kontextualisierung

Ohne gesunde Clubmitarbeitende gibt es keine lebendige Clubkultur. Wer im Club arbeitet, ist häufig dauerhaft psychischem Druck ausgesetzt, der sich negativ auf den Alltag auswirken und langfristige Konsequenzen haben kann. Wie können wir diesen Belastungen in der Clubkultur begegnen?

Der 11. Roundtable widmete sich dieser Frage und gab Handlungsimpulse, die sowohl individuell als auch strukturell ansetzen. Im Fokus stand die Entwicklung neuer Ansätze für Teamkultur, Kommunikation und Verantwortung in einem Arbeitsumfeld, das oft durch Unregelmäßigkeit, Unsichtbarkeit und hohe emotionale Anforderungen geprägt ist.

Vy Tran, DJ und Kulturenthusiast, verfügt über langjährige Erfahrung in der Club- und Festivalkultur. Fast zehn Jahre lebte er in Mecklenburg-Vorpommern und engagierte sich dort besonders für die Stärkung von Club- und Musikkultur im ländlichen Raum. Seit zwei Jahren ist er Teil des Projekts »Mental Health in Clubs« der Clubcommission Berlin und setzt sich dort für eine gesunde, resiliente und zukunftsfähige Clubkultur ein.

Grundbegriffe und Definition

Ressourcen:
  • Identifikation mit dem Club, Identifikation mit der städtischen Clubkultur, Zugang zur Clubkultur.

„Community und das Team sind die größte Ressource im Club. Der Freundeskreis befindet sich innerhalb der Clubkultur.“

Stressoren:
  • Organisation: Mangel an Strukturen, späte Schichtplanung, zu viele Kommunikationstools/-kanäle, schlechte Vergütung und Arbeitsverträge, fehlende On-/Offboarding-Prozesse
  • Übergeordnete Organisation: fehlende Work-Life-Balance, Schlafmangel, Stress, Lärm, schlechte Luft, Substanzgebrauch, mangelnde Regeneration
  • Diskriminierung/Grenzüberschreitungen: durch Gäst:innen, Kolleg:innen oder Führungskräfte;
    Zugehörigkeit zu marginalisierten Gruppen; Diskriminierung aufgrund von Gender, Ethnie oder sexueller Orientierung
Umgang mit Stressoren – Selbstfürsorge:

Definition: Selbstfürsorge bedeutet, bewusst Zeit und Energie in sich selbst zu investieren. Sie dient als Werkzeug, Prävention und Wahrnehmung eigener Grenzen.

Praktische Übung: Was tut ihr vor, während und nach einer Arbeitsschicht?

Ergebnisse:
  • Vor: ausgeruht starten, „Me-Time“, Essen & Trinken, Informationen über das Programm, Pausen planen
  • Während: nach Hilfe fragen, Pausen, Fokus setzen, Prioritäten definieren, ausreichend trinken, Augen schließen, Ruhephasen, Gespräche, Mikropausen
  • Nach: Schlaf, Essen, Feiern, Nachbesprechung/Reflexion, Raum für positives Feedback
Tipps:
  • Mach es dir zur Gewohnheit regelmäßig mit dir selber einzuchecken
  • Schlaf, Sport/ Bewegung, Achtsamkeit / Atmung, Essroutinen, soziale Beziehungen, Trennung Arbeit & Leben
  • Box-Atmung: 4 Sek. Einatmen, 4 Sek. Atem anhalten, 4 Sek. Ausatmen
  • Nehmt euch Zeit für Verarbeitung und Identifikation eurer Emotionen
  • Nutzt Programme der Krankenkassen als Unterstützung – z.b. Achtsamkeit, Stressmanagement
  • Achtung: Selbstfürsorge ist kein Ersatz für profesionelle psychologische oder medizinische Hilfe – nehmt externe Hilfe an, wenn die Belastung zu akut oder groß ist!
Umgang mit Stressoren – Organisationale Resilienz

Resilienz innerhalb einer Organisation wird durch individuelle Faktoren beeinflusst – u. a. Arbeitsumgebung, Arbeitsinhalte, Organisation, soziale Beziehungen, finanzielle Situation.

Bedarfe von Clubmitarbeitenden

Gruppenarbeit: Welche konkreten Bedarfe haben Clubmitarbeitende in den Bereichen Arbeitsorganisation, Kommunikation, Gesundheit und Diversität?

Ergebnisse:
  • Arbeitsorganisation: klare Rollen, Kommunikationswege, Teammeetings, Transparenz, Raum für Konflikte & Beteiligung, geregeltes On-/Offboarding, faire Entlohnung, langfristige Schichtplanung, definierte Pausenzeiten
  • Kommunikation: transparente Strukturen, Feedbackschleifen, gestärkte Fehlerkultur, offene Feedbackkultur, Teambuilding
  • Gesundheit: klare Verantwortlichkeiten, Lärm- und Gehörschutz, Rückzugsorte, Austauschmöglichkeiten, Grenzen bei Arbeitszeit & Umfang, Regelungen zum Substanzgebrauch, Dokumentation von Notfällen, angemessene Arbeitsplatzausstattung
  • Diversität: Awareness-Strukturen, Abbau von Barrieren, intersektionaler Blick, inklusive Sprache, Stärkung marginalisierter Gruppen, anonyme Feedbackkanäle, Peer-Support-Strukturen, Allyship-Schulungen

Handlungsempfehlungen – Umgang mit Herausforderungen

Diskriminierung/Grenzüberschreitungen:

  • Fokus auf Prävention, Entwicklung eines Code Of Conduct = Verhaltenskodex, Implementierung von Awareness-Konzept & Schulungen der Mitarbeitenden
    • Handlungen immer gemäß Definitionsmacht der Betroffenen – egal ob Mitarbei-tende, Gäst:in oder Künstler:in!
    • Ruhe bewahren, Angebote machen, keine Fragen zur Tat stellen, aktives Zuhö-ren & Präsenz zeigen, gemeinsam den Fokus lenken / Themenwechsel, medizi-nische Versorgung, vertrauliche Spurensicherung, Dokumentation, Support durch Kolleg:innen
  • Substanzgebrauch / drogeninduzierte Fälle: immer Erste Hilfe leisten, Security & Führungskräfte in der Entscheidung hinzuziehen – Konsens & Definitionsmacht der betroffenen Person kann in diesem Fall nicht mehr eindeutig erfolgen
  • Aftercare für Mitarbeitende: Intervision / Supervision, Dokumentation, psychologische Er-stunterstützung, teambildene Maßnahmen / Schulungen

Psychologische Unterstützungsformate

  • Workshops für Führungskräfte / Inhouse Workshops für eine bessere strukturelle Organisation
  • Psychologische Stärkung des Teams durch Kurzzeittherapien nach dem FRIAA (Früh-zeitige Intervention am Arbeitsplatz – https://www.friaa.de/) und Achtsamkeitsübungen (CheckIn & Out)
  • Seminare zur Stärkung der Resilienz für Mitarbeitende wie Gesunder Schlaf, Umgang mit Suchtmitteln, Kommunikation unter Stress etc.
  • Peer-Support-Strukturen: gegenseitige Unterstützung von Mitarbeitenden, Schulung von eigenen Peer-Leitungen oder Einbezug von externen Berater:innen
  • Supervision: durch externe Personen für akute Belastung & Teamkonflikte, Begleitung von
    Veränderungsprozessen, Teambuilding, für eine bessere Betriebsresilienz
  • Psychologische Beratung: externe Fachkräfte, Ansprechspersonen, Beratungsstellen

Leitbild – Mentale Gesundheit & Sicherheit

  • Kann Orientierung & Handlungsspielräume aufzeigen
  • Klare Werte sorgen für Struktur und Sicherheit
  • Prozess Leitbild: Bedarfe klären, diverse Arbeitsgruppen bilden, externe Expertise ein-beziehen, text entwerfen und mit Team abstimmen, veröffentlichen und leben lassen
  • Kernthemen Leitbild:
    • Psychologische Sicherheit (Fehler- und Feedbackkultur)
    • Wertschätzung und Respekt
    • Stressbewältigung / Belastungsmanagement
    • Transparente Kommunikation
    • Klare Haltung zu Diversität
    • Zugang zu Unterstützungsangebote
    • Pausenkultur
  • Handlungsempfehlung Leitbild:
    • Regelmäßige Check Ins & Outs
    • Externe Supervision
    • Workshops & Führungskräftetraining
    • Schulung & Vertrauenspersonen
    • Anpassung von Schichtsystemen an Belastungslevel
    • Niedrigschwellige psychologische Unterstützung, z.b. Fallbesprechung, Buddy-System, digitale Kommunikationstools zum Austauschen & Dokumentieren

Fazit

Es braucht Strukturen für weniger Stress, eine Sensibilisierung für wichtige Mental Health Maßnahmen
(Selbstfürsorge, Resilienz), Wissenstransfer, sowie eine Stärkung von Selbstbewusstsein & Zugehörigkeit innerhalb des Teams.


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