NACHBERICHT DER 1. HAMBURGER CLUBWOCHEN


Ihr habt das Herz geöffnet, das Clubkombinat die Türen!

Die vielseitigen Facetten der Clubkultur Hamburgs entdecken und einmal hinter die Kulissen der Clubs blicken – das wurde für die Besucher:innen der ersten Clubwochen möglich: „Wir wollen die Besuchenden rausholen von ihrem Sofa, auf die Tanzflächen oder an den Tresen. Livemusik begeistert und verbindet Menschen. Musikalische Erlebnisse geben uns das Potenzial, Gemeinsamkeiten zu entdecken, statt vermeintliche Unterschiede.“ formulierte Vorstandsvorsitzende Anna Lafrentz die  Mission zum Auftakt der Clubwochen. Bei sieben Veranstaltungen konnten Besucher:innen vom 15. – 26. April die kulturelle und soziale Bedeutung der Clubkultur auf vielfältige Art erleben.

Den Auftakt bildete der Politik-Talk „Quo Vadis Clubkultur?“ im Molotow. Kaum ein Ort hätte besser geeignet sein können, um über die Club-Bilanz und die aktuellen Fälle der Clubverdrängung, wie den Abriss der Sternbrücke und den Bau eines Hotels auf dem Gelände des Molotows zu sprechen. Nach einer Podiumsdiskussion mit den Mitgliedern der Hamburgischen Bürgerschaft Hansjörg Schmidt (SPD), Sonja Lattwesen (GRÜNE), Anke Frieling (CDU) und Norbert Hackbusch (DIE LINKE) sowie dem Bezirkspolitiker Hamburg Mitte Timo Fischer (FDP) wurde mit Branchenvertreter:innen und Clubbetreiber:innen weiter über die Sinnhaftigkeit von Zwischennutzungen und die vermeintliche Machtlosigkeit der Politik im Kampf gegen die Interessen der Privateigentümer:innen diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass Clubs und ihre Kultur nicht an beliebigen Orten entstehen können, sondern organisch aus lokalen Bewegungen; Zwischennutzungen allein reichen nicht für eine lebendige, dazugehörige Szene.

Tag zwei der Clubwochen hat mit dem musikalischen Beatles-Walk von Stefanie Hempel nochmal verdeutlicht, welchen besonderen Schatz die Musikstadt Hamburg besitzt: Mit dem Indra, dem Kaiserkeller und dem moondoo (ehemals TopTen) existieren in Hamburg noch drei von vier Musikclubs, in denen ab 1960 mit vielen Stunden Bühnenzeit die Grundsteine für die Weltkarriere der Beatles gelegt wurden. Die Besuche im Kaiserkeller und dem moondoo konnten die Geschichten von Stefanie noch lebendiger transportieren und die Gespräche mit den aktuellen Clubbetreibern lieferten Einblicke in die Gegenwart und Zukunft der Clubkultur.

Stefanie Hempels Beatles-Touren können seit 20 Jahren von April bis November auch außerhalb der Clubwochen besucht werden.

Die erste Woche der Clubwochen endete mit der maritimen Clubtour, bei der mit dem schwimmenden Musikclub Frau Hedis Tanzkaffee, die anderen zwei Kulturschiffe Hamburgs, die MS Stubnitz und die MS Altenwerder, angesteuert wurden. Nach spannenden Erzählungen über die MS Stubnitz, die dieses Jahr das erste Mal seit 2013 wieder für eine Ausfahrt nach Stralsund Kultur exportiert, fand eine Führung auf der MS Altenwerder statt. Während der Überfahrt duellierten sich Hansjörg Schmidt (Hamburgische Botschaft, SPD) und Sonja Lattwesen (Hamburgische Botschaft, GRÜNE) spaßhaft in einem DJ-Fun-Battle mit Kategorien über Hamburg, Politik und Privates. Das Publikum würdigte die jeweilige Songauswahl  mit einem Unentschieden von 5:5. Der Abend endete mit dem Song „Soy yo“ von Bomba Estero.

Der geplante Open Artist Talk am Dienstag im Birdland entfiel aufgrund geringer Nachfrage. Hier wurde deutlich, wie entscheidend es ist, Besucher:innen zurück in die Clubs zu bringen, da ohne sie keine Kultur und keine Live-Shows möglich sind.

Großes Interesse gab es für die Green Club Safari im Uebel & Gefährlich. Unter dem Motto „Feiern, als gäbe es ein Morgen“ stellten Gianna Cherchi, Frank Husemann und Dennis Poser gemeinsam mit dem Startup Agilr das umfassende Automatisierungsprojekt der Haustechnik vor. In Kombination mit intelligenter Software erfolgen mit dem innovativen Ansatz derzeit Energieeinsparungen von bis zu 42%. Das Publikum konnte sich bei einem Rundgang hinter die Kulissen selbst davon überzeugen und erhielt darüber hinaus Input zum Aufbau von Balkonkraftwerken. Spiel, Spaß und Spannung gab’s beim Klimafakten-Bullshitbingo, abgerundet wurde das Programm durch die Doku „Musikfestivals: zwischen Aktivismus & Greenwashing“ der Initiative „No Music on a dead planet”.

Am nächsten Tag blickten Besucher:innen im Lichtmess bei der Vorführung des Dokumentarfilms “Hamburg Calling – Musik aus einer Hafenstadt” auf 50 Jahre Hamburger Musikgeschichte zurück – von den 1960ern bis 2010. In der anschließenden Podiumsdiskussion (moderiert von Catharina Boutari) mit dem Regisseur Oliver Schwabe, den beiden porträtierten Musiker:innen Frank Spilker von Die Sterne und Peta Devlin von Die Braut haut ins Auge sowie Natascha Geier wurde der Bogen zur Gegenwart gespannt und die Entwicklungen seit der Erstausstrahlung des Films bis heute diskutiert. Dabei wurde nicht nur die Stadt Hamburg als Karrieresprung der Beatles besprochen, sondern in diesem Zusammenhang ebenso die unbestrittene Bedeutung kleiner Clubs für die Etablierung und Entfaltung einer lebendigen Musikszene hervorgehoben. Ein weiterer Diskussionsstrang ergab sich durch variierende Positionen hinsichtlich der damaligen und heutigen Sichtbarkeit und Position der Frauen in der Branche.

Beim The First International Vinyl Club des Fotografen und Vinyl-Sammlers Bernd Jonkmanns im UWE Reeperbahn kommen donnerstags regelmäßig Schallplatten-Enthusiast:innen zusammen und teilen ihre Platten und Geschichten zu wechselnden Themen. Im Clubwochen-Special zum Thema Live- und Clubkultur stellten Claudia Vasquez und Tina Kasat (Cascadas), Nicolle Reichert (Birdland), Daniel Zimmermann (Hafenklang) sowie Julius Horn (freundlich + kompetent) nicht nur ihre jeweiligen Clubs vor und gewährten somit Einblicke hinter die Kulissen, sondern teilten auch persönliche Anekdoten. Für ein außergewöhnliches Highlight sorgte Nicolle Reichert, die in der DDR hingegen gar nicht mit Platten aufgewachsen war und daher eine Kassette mit dem Album After Midnight von Nat King Cole mitbrachte – gehört wurde das Lied “(Get Your Kicks on) Route 66”. Unterhaltsam durch den Abend führten die Moderator:innen Mitra Kassai (DJ, OLL INKLUSIV) und Bernd Jonkmanns.

Den krönenden Abschluss der ersten Hamburger Clubwochen bildete die Kronkorken-Sammeltour. Gemeinsam mit dem Omnibass von Tricargo, dem Cargobikecollective und vielen Lastenrädern von XYZ Cargo fuhren wir von Club zu Club und holten alle im Zeitraum der Clubwochen gesammelten Kronkorken ab. Das Ziel: die Sammelstelle der gemeinnützigen Organisation Hanseatic Help – denn hier werden mit dem Erlös aus dem Schrottwert der Kronkorken nachhaltige Projekte vorangetrieben. Mit Hilfe der Clubs konnten circa 350 kg Kronkorken gesammelt und so über 500kg Co2 eingespart werden. Danke an alle teilnehmenden Clubs freundlich + kompetent, Hanseatische Materialverwaltung IM EXIL, Cascadas, Gängeviertel, Pony Bar, Tonali Saal, Margaretenkneipe, El Dorado, moondoo, Die Hebebühne, KundenbüroHH, Hafenbahnhof, Bambi Galore.

Die Rückmeldungen der Besucher:innen in den Publikumsbefragungen zeigen nicht nur eine sehr hohe Gesamtzufriedenheit mit den jeweiligen Veranstaltungen, sondern auch eine durch den Veranstaltungsbesuch erhöhte Bereitschaft und Motivation, lokale Clubs und Livemusikspielstätten (vermehrt) zu besuchen und zu unterstützen. Im Sinne des übergeordneten Ziels der Clubwochen können die ersten Clubwochen als voller Erfolg gewertet werden. 

Die Clubwochen wurden gefördert von der INITIATIVE MUSIK, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Behörde für Kultur und Medien sowie der Clubstiftung.

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