Im Club mit: Meute


Mit eurem Musikvideo „Rej“ habt ihr 2016 einen viralen Hit gelandet. Wie war es, beim Dreh mit euren Blasinstrumenten durch die Schanze zu marschieren?

Thomas Burhorn: Aufregend, weil es das erste Mal war, dass wir auf der Straße gespielt haben, und wir überhaupt nicht wussten, wie das ankommt. Es hat sich aber sofort eine große Menschentraube gebildet. Wenn da plötzlich elf Typen in Uniformen mit großen Instrumenten stehen, kommen die Leute automatisch.

Und irgendwann wahrscheinlich auch die Polizei, oder?

An dem Tag nicht – aber als wir ein Jahr später beim Reeperbahn Festival unangekündigt auf der Straße gespielt haben. Ich muss allerdings sagen, dass die sehr nett waren: Sie haben uns das Stück noch zu Ende spielen lassen. Danach kam der eine zu mir und meinte „was ihr da macht, gefällt mir echt gut, aber ihr behindert den Verkehr. Da hinten ist der Beatles-Platz – was haltet ihr davon, wenn ihr da weiterspielt?“ (Lacht) Auf Tour spielen wir übrigens nach wie vor regelmäßig auf der Straße.

Was ist daran so reizvoll?

Dass die Leute nicht damit rechnen, dass gleich ein Konzert stattfindet und eine Band so technoid klingt, obwohl da nichts Elektronisches dabei ist. Und dass alle plötzlich anfangen, auf der Straße zu tanzen. Die Grenzen zwischen Band und Publikum lösen sich dabei auf. Beide werden ein großes Knäul. Das ist nicht nur für uns, sondern auch für das Publikum eine sehr intensive Erfahrung. Es ist natürlich genauso toll, auf großen Festivals vor tausend Leuten zu spielen – aber halt weniger ungewöhnlich.

Wie bist du damals auf die Idee gekommen, eine Techno Marching Band zu gründen?

Zum einen bin ich Trompeter und mit Brass aufgewachsen. Zum anderen hatte ich immer einen Hang zu elektronischer Musik. Und obendrauf habe ich mich als großer Miles Davis Fan mein Leben lang gefragt: Was würde Miles David heutzutage wohl machen? All das zu kombinieren, fand ich spannend. Ich wollte den Spieß umdrehen und mit akustischen Instrumenten eine Art elektronischen Sound nachstellen.

Welches eurer bisherigen Hamburg-Konzerte wirst du nicht vergessen?

Ein halbes Jahr nach Gründung haben wir auf dem Dockville gespielt und waren völlig perplex, dass alle so mitgeravet haben. Das war echt toll. Unsere Clubshow im Uebel & Gefährlich letzten Herbst war aber auch krass, genau wie unsere Show beim Reeperbahn Festival in der Großen Freiheit. Konzerte in Hamburg sind immer etwas Besonderes. Wenn viele Freunde und Kumpels da sind, ist das extra aufregend.

Du bist vor 18 Jahren aus Lübeck nach Hamburg gekommen. Mit welchem Laden verbindest du die meisten Erinnerungen? 

Früher, Ende der Neunziger, sind wir aus Lübeck oft für Konzerte in die Fabrik gefahren – Matthew Parker, George Clinton und so Sachen. Im alten Mojo Club war ich auch viel. Die meisten Erinnerungen verbinde ich aber mit dem Le Fonque. Das ist klein, gemütlich, dunkel und richtig schon plüschig. Man merkt, dass es den Laden schon seit 20 Jahren gibt. Er war damals hip und ist es heute immer noch. Und er sieht nach wie vor gleich aus: Ein bisschen Puff-mäßig eingerichtet, überall hängen Platten und die DJs legen Funk-Scheiben auf. Da kann man immer hingehen.

Was macht einen guten Laden aus?

Er muss irgendwie Flair haben. Und ich finde es gut, wenn er nicht bloß eine bestimmte Szene bedient, sondern einfach fröhliche Menschen anzieht, so dass man Lust hat, da abzuhängen. Szenen können ja sehr spießig sein. Ich mag Läden, die ungezwungen und offen für alle sind.

Wie würdest du die Hamburger Clublandschaft insgesamt beschreiben?

In meinen Augen gibt es hier eine echt bunte Szene. Irgendwas findet man immer bis morgens um acht. Und: Hamburg ist eine Funk-Stadt! Das fällt vielen, die hier leben, wahrscheinlich gar nicht auf, aber ich höre es immer von allen Berlinern. In Hamburg läuft nicht überall elektronische Musik, sondern auch mal Jazz oder Soul. Vor allem aber ist Hamburg eine Stadt, in der live viel geht.

Mal angenommen du wärst Kultursenator – wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?

Man müsste erst mal dafür sorgen, dass nicht die ganze Innenstadt voll mit Läden wie Starbucks, McDonald’s und H&M ist. Aber das kann der arme Kultursenator nicht leisten… Ich würde die Leute unterstützen, die wirklich cooles Kulturprogramm machen – Jazz oder Sachen im klassischen Bereich, so wie im Resonanzraum. Man darf nicht den Fehler machen, bloß auf große Projekte zu setzen, die Touristen anlocken. Kultur muss unterstützt werden, weil sie einfach wichtig ist. Dabei geht es nicht um wirtschaftliche Zahlen.

Mal angenommen ihr dürftet mit Meute eine Veranstaltung auf die Beine stellen – wo würde sie stattfinden und wen würdet ihr einladen?

Sag ich nicht! Weil wir vielleicht wirklich bald etwas Geiles machen, aber wenn ich das jetzt schon erzähle, macht es womöglich jemand anders. Wir haben da eine sehr gute Idee…

Erstmal spielt ihr im Mai aber in der Staatsoper. Wie seid ihr da gelandet?

Ein Freund von mir kennt den Intendanten – ein innovativer Typ, der neue Akzente setzen möchte. Im Moment läuft in der Staatsoper eine moderne Inszenierung der Zauberflöte, zwischen Kunst, Oper und Pop, und mit einem sehr aufwendigen Lichtkonzept. Wir spielen dann also vor dem Bühnenbild der Zauberflöte. Das wird auch für uns spannend. Mal gucken, ob alle sitzen bleiben. Ich hoffe ja nicht!

Bei welchem Konzert würdest du im Mai selbst gerne auf der Gästeliste stehen?

Am 3. Mai würde ich gerne gleichzeitig zu Hypnotic Brass Ensemble im Mojo Club – die machen sehr geile Afrobeat-Brass Musik – und in die Elbphilharmonie zu Christian Löffler. Das ist ein toller Techno-Dude und was der mit seinem Ensemble macht, würde mich interessieren. Außerdem würde ich am 20. Mai gerne zu Cut Chemist in den Mojo Club gehen. Das ist instrumentaler HipHop – mag ich sehr gerne!

Dein letztes Wort an die Hamburger Clubgänger?

Prost!


ZUR BAND

Gegründet wurde die elfköpfige „Techno Marching Band“ Meute 2015 von Thomas Burhorn. Der studierte Jazz-Trompeter hat zuvor mit Bands und Künstlern wie Nneka, Cäthe, Kettcar und Fettes Brot gearbeitet, das Jazzquintett Yosiwara gegründet und ein Album unter dem Namen The Burhorn aufgenommen. Mit ihrem Video zu dem Âme-Song „Rej“ gelang Meute ziemlich bald ein viraler Hit. Es folgten Auftritte auf Festivals wie Dockville, Melt, Open Flair und Juicy Beats. 2017 veröffentlichten Meute ihr Debütalbum „Tumult“. Mittlerweile sind sie auch im Ausland, von Frankreich bis Amerika, regelmäßig auf Tour. 


ZUR MUSIK

Als Grundlage für ihre Musik dienen Meute Techno-, House- und Deep-House-Stücke bekannter DJs: Die elektronischen Beats setzen sie mit den Instrumenten einer Blaskapelle um. Klingt verrückt, funktioniert aber ausgesprochen gut, wie ihr Debütalbum „Tumult“ beweist. Neben dem Âme-Song „Rej“ gibt’s darauf unter anderem Blasmusik-Versionen von „The Man With The Red Face“ von Laurent Garnier, „Miss You“ von Trentemøller und „Underground“ von Nick Curly. Höchst tanzbar!


MEUTE live

Datum: 10. Mai 2018 Ort: Staatsoper Hamburg
Beginn: 22.00 Uhr
Tickets: ausverkauft

Datum: 22.-24. Juni 2016 Ort: Hurricane Festival, Scheeßel
Tickets: 199 Euro

WEITERE NEWS