Clubkombinat Hamburg e.V.

Im Club mit: Kai Schulz & Fenja Möller (CLUBKOMBINAT)

IHR SEID KÜRZLICH ZUM NEUEN VORSTANDSVORSITZ GEWÄHLT WORDEN – WAS SIND EURE WICHTIGSTEN ZIELE UND, STAND HEUTE, DIE DRÄNGENDSTEN THEMEN FÜR DIE NÄCHSTEN 2 JAHRE?

Fenja Möller (Molotow) I Foto: Christian Bendel

Fenja: Zum einen liegt mir das Thema Awareness sehr am Herzen. Ich möchte hier gerne mehr Möglichkeiten für Clubs schaffen sich

über das Thema zu informieren und ihnen Tipps & Tricks durch Vernetzungen und Informationsaustausch geben. Zum anderen ist es mir wichtig den Stellenwert der Live-Musik auch auf politischer Ebene positiv zu beeinflussen.

Kai Schulz (Hebebühne)

Kai: Clubs sind Teil der Identität unserer Stadt – es sind Orte für Live-Musik und Gemeinschaft. Derzeit wird über den Begriff „Systemrelevanz“ gesprochen und für mich persönlich sind Clubs als Teil der Kulturlandschaft mindestens so wichtig wie jeder andere Teil, der uns als Gesellschaft definiert. Es gilt zusammen durch die Krise zu kommen und die offenen Fragen und Bedürfnisse der Club-Betreiber und Veranstalter der Politik klar zu machen und zusammen Lösungen zu entwickeln.

WELCHEN STATUS QUO UND WELCHE PERSPEKTIVE SEHT IHR IN HINBLICK AUF DIE CORONA-PANDEMIE FÜR DIE LIVE-MUSIK BRANCHE?

Fenja: Ich glaube die Live-Musik Branche hat besonders in den letzten Wochen gezeigt wie kreativ und vielfältig sie auch unter Druck arbeiten kann. Schnell wurden neue Konzepte und Ideen von diversen Clubs umgesetzt, die mich stark beeindruckt haben. Außerdem ist der Zusammenhalt der Clubs untereinander gestiegen. Man hat sich noch besser vernetzt und gegenseitig unterstützt. Ich würde mir wünschen, dass wir als Clubs das beibehalten. Außerdem sind wir nun mit unserer Branche auch bei vielen Politiker*innen im Gespräch, das sollten wir versuchen beizubehalten und auch nach der Pandemie deutlich machen, wie wichtig es ist, dass Kulturbetriebe wie wir es sind, gefördert und unterstützt werden.

Kai: Dieser Ausnahmezustand ist gerade für die Veranstaltungsbranche eine enorme Herausforderung. Selbstverständlich trifft die Pandemie alle, aber einige Unternehmen dann doch mehr als andere. Wir Clubs und Veranstalter leben von Begegnung, von Feiern und Tanzen und die Künstler*innen brauchen die Bühne und ihr Publikum. All das findet seit Beginn der Pandemie nicht mehr oder nur begrenzt statt. Im selben Boot sitzend halten wir alle zusammen und helfen uns gegenseitig wo wir können. Von der Politik brauchen wir nun eine klare Aussage, wie ein möglicher Restart aussehen kann und bis dahin sind wir zwingend auf schnelle und zuverlässige Unterstützung angewiesen.

WAS MUSS JETZT AKUT PASSIEREN, DAMIT MÖGLICHST VIELE DER BISHERIGEN AKTEURE AUCH 2021 WEITERHIN MUSIKVERANSTALTUNGEN REALISIEREN KÖNNEN?

Fenja: Der Rettungsschirm fängt schon viele Clubs auf. Ein besonderes Augenmerk muss aber auf die Clubs gelegt werden, die nicht unter diesen Rettungsschirm fallen, damit auch diese die Krise als Institution überleben. Außerdem muss den Akteur*innen eine Planungssicherheit geboten werden. Besonders wichtig ist zudem eine effektive Hilfe für die Solo-Selbständigen, die bisher leider noch zu kurz kommen. Es bringt nichts, wenn wir die Orte erhalten und es nach der Pandemie keine Mitarbeiter*innen mehr gibt, die sich um den Ton, das Licht oder die Durchführung am Abend kümmern. Um die psychischen Auswirkungen zu mildern braucht es mehr Planungssicherheit, da die fortwährende Ungewissheit um die eigene Existenz und Zukunft viele sehr belastet.

Kai: Es ist wichtig die Kulturlandschaft und damit auch die Clubs als ein Ökosystem zu begreifen, welches von den unterschiedlichsten Menschen und Dienstleistern getragen wird. Wenn wir bei einem Restart nicht plötzlich ohne die Menschen dastehen wollen, welche uns all die Jahre getragen und den Besucher*innen eine gute Zeit ermöglicht haben, müssen wir für eine funktionierende, finanzielle Unterstützung sorgen und Ihnen eine Perspektive in dem jeweils gelernten Beruf ermöglichen. Hier ist die Politik gefordert diesen Menschen endlich schnell und unkompliziert zu helfen, wie es so oft versprochen wurde.

Für die Clubs braucht es zudem eine verlässliche Zusage ihrer Vermieter. In dieser Ausnahmesituation kann es aus diversen Gründen zu einer verspäteten Mietzahlung kommen. Hier darf den Betreiber*innen nicht gleich die Pistole auf die Brust gesetzt werden. Auch hier braucht Planungssicherheit und eine gemeinsame Perspektive.

EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT: WIE WERDEN IM HERBST / WINTER 2021 KONZERTE STATTFINDEN?

Fenja: Ich würde mir sehr wünschen, dass Konzerte bis dahin wieder in ihrer gewohnten Atmosphäre stattfinden können. Wir gemeinsam in den vielen verschiedenen Clubs der Stadt tanzen und feiern können. Gerade die emotionale Bezahlung der Branche in Form von
begeisterten Gästen, glücklichen Musiker*innen auf der Bühne und ein „Danke“ und Feierabendgetränk mit der tourenden Crew fehlt gerade ungemein. Ich hoffe sehr, dass das bald wieder möglich ist.

Kai: Bei dem derzeitigen Infektionsgeschehen und der Tatsache, dass es keine einfache Lösung gibt, sondern nur viele Komponenten wie z.B. den Impfstoff oder die Schnelltests, welche der Politik eine Grundlage zur Öffnung von Clubs und für Konzerte geben können, kann ich zu einem möglichen Herbst/Winter 2021 keine Aussage machen. Es ist wie in die Glaskugel schauen – wir wissen es einfach nicht. Die Politik fährt auf Sicht und wir werden erleben wie schnell alle Maßnahmen greifen und eine Rückkehr zu dem, was wir alle so sehr vermissen, wieder möglich ist.

WIRD DIE NACHFRAGE NACH LIVE-ERLEBNISSEN OHNE PANDEMIEBEDINGTE EINSCHRÄNKUNGEN EHER ZUNEHMEN, ABNEHMEN ODER SICH WIEDER AUF DAS VORHERIGE NIVEAU EINPENDELN?

Fenja: Ich denke es wird noch einige Zeit dauern, aber sich dann auf ein vorheriges Niveau einpendeln. Das soziale Miteinander kann einfach nicht via Streams transportiert werden und danach sehnen sich sehr viele. Ich hoffe auch, dass sich nach der Pandemie das Bewusstsein der Menschen dahingehend verändern wird, dass Clubs und Bars mehr wertgeschätzt werden und die Gäste ihr Getränk noch eher im Club oder in der Bar ordern, als am Kiosk nebenan.

Kai: Irgendwann wird sich alles wieder einpendeln – vorausgesetzt die Maßnahmen beenden die Pandemie langfristig. Bis es wieder einigermaßen auf dem vorherigen Niveau ist, werden wir wohl alles zwischen starker Zurückhaltung und einer enormen Erleichterung und Feierlaune auf der anderen Seite erleben. Ob die Nachfrage generell zunimmt kann ich selbstverständlich nicht sagen, aber wenn durch den Verzicht auf Kunst und Live-Kultur nun eine größere Wertschätzung für die Branche und die Menschen dahinter entstanden ist, wäre das doch durchaus positiv.

HABT IHR NOCH EIN LETZTES WORT FÜR HAMBURGS CLUBGÄNGER*INNEN?

Fenja: Vielen Dank an alle, die ihren Lieblingsclub oder das Clubkombinat in den letzten Monaten so unterstützt haben. Ob es eine Spende, eine Merchbestellung oder eine unterstützende Nachricht war – Wir wissen euch sehr zu schätzen!

Kai: Wir werden mit euch gemeinsam wieder tanzen, feiern und live Musik erleben!

 

Ein Kommentar zu “Im Club mit: Kai Schulz & Fenja Möller (CLUBKOMBINAT)

  1. Hans

    Hallo ihr beiden!

    Leider sehe ich schwarz für die Zukunft. Denn viele Mitarbeiter aus der Event- und Konzertbranche haben ihre Berufe gewechselt und werden nicht in den alten Job zurückkehren. Das betrifft alle Berufsbereiche, die mit einem Konzert oder Veranstaltung zu tun haben. Besonders wird es die mittleren Clubs und größeren Hallen und Arenen treffen. Denn sehr viele Leute sind genervt von den Maßnahmen der Bundesregierung. Viele Mitarbeiter arbeiteten im Minijob und diese fielen völlig durch das Hilfe-Raster. Ganz sicher wird man diese Leute nicht zurück bekommen, wenn es wieder losgehen sollte. Die haben nun alle sichere Jobs, in denen sie beachtet und gewürdigt werden.

    Ein noch größeres Problem ist der Brexit. Sowohl der ach-so-tolle Boris Johnson als auch die E.U. Verhandler haben vergessen, einen Deal zwischen der britischen Musikindustrie und der E.U. abzuschließen. Derzeit ist es so, dass viele Künstler und Bands von der Insel es sich zukünftig nicht mehr leisten werden können eine Tour oder ein paar Clubgigs in Europa durchzuführen. Die Formalitäten und Gebühren sind einfach viel zu aufwendig und zu teuer. Niemand würde die erheblich teuereren Ticketpreise mehr zahlen. Ohne britische Künstler wird das Niveau aber rapide nach unten gehen. Und die Clubs brauchen solch Zugpferde aus dem Mutterland der Popmusik!

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