Im Club mit … Die Sterne


Frank, Die Sterne feiern dieses Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Wenn ihr eine große Party schmeißen würde – wo würde sie stattfinden und wen würdet ihr einladen?

Frank Spilker: Wenn wir ganz viel Geld hätten, würden wir die Laeiszhalle mieten, all die Gastkünstler unserer neuen Compilation einfliegen lassen und einen tollen Abend mit Orchester machen. Das ist aber leider nicht machbar. Was wir uns leisten können, machen wir auf dieser Tour: Wir haben jeden Abend eine Band, die uns für die Compilation gecovert hat, im Vorprogramm. In Hamburg wird das Lafote sein, die Band von Jakob Groothoff von der Hanseplatte.

Ihr habt in den letzten 25 Jahren etliche Konzerte in Hamburg gespielt. Welches wirst du nie vergessen?

Spilker: Das größte und das kleinste. Das größte war im Vorprogramm von Bob Dylan und Neil Young auf der Trabrennbahn – ein spezieller, absurder Auftritt, denn das Publikum war sehr alt und so gar nicht aufgeschlossen. Total aufregend waren natürlich auch unsere allerersten Konzerte im Kir oder im Logo. Diese kleinen Läden sind wahnsinnig wichtig für die Clublandschaft. Und: Wir haben vorletztes Jahr mal wieder im Molotow gespielt, dieser direkte Kontakt zum Publikum ist und bleibt das tollste für eine Band.

Du bist Ende der Achtziger von Nordrhein-Westfalen hierher gezogen. Wie war das damals in Hamburg?

Spilker: Das Besondere war, dass es hier eine Szene gab, die offen für Neues war. Klar gab es etablierte Bands wie die Goldenen Zitronen, die schon ein großes Publikum hatten, aber auf der anderen Seite waren hier auch ganz viele Leute aus Dithmarschen, Schleswig-Holstein und so weiter, die ebenfalls neu in der Stadt und offen für mich und meine Gedanken waren. Das war natürlich ein ganz anderes Gefühl als daheim auf dem Land.

In welchen Läden hat man sich damals getroffen?

Spilker: In den ersten drei Jahren, wo ich versucht habe Fuß zu fassen, habe ich mich unglaublich viel herumgetrieben, in allen möglichen Bars und Läden. Im Eimer in Othmarschen, bei der Indie-Disco im Kir und im Subtil. Auf den Kiez ist damals kaum jemand gegangen, der war noch total verrucht. Erst nach und nach wanderte alles rüber Richtung Reeperbahn.

Heute ist der Kiez voll mit Bierbikes und Junggesellenabschieden.

Damals gab es da null kulturelles Angebot – und deshalb die Chance, diese ganzen leer stehenden oder kaum noch rentablen Kneipen zu besetzen und wieder mit Jugendkultur zu füllen. Ich war viel im Komet und in den ganzen Bars in der Bernhard-Nocht-Straße, die Funk gespielt haben. Oder auf dem Hamburger Berg. Das Spar war Treffpunkt der Achtziger-Jahre Musikszene mit Alfred Hilsberg und so, auf der anderen Seite traf sich die spätere HipHop-Fraktion, die damals noch Soul gehört hat. Das war das tolle und spezielle am Kiez: Überall lief andere Musik.

Auch heute sieht man dich noch oft auf Konzerten. Gehst du nach wie vor gerne aus?

Spilker: Ich bin schon fauler geworden mit zunehmendem Alter. Ich gehe nicht mehr zu jedem Konzert von jeder neuen Band. Was ich mir anschaue, sind wirklich herausragende Künstler – und das Gefühl, die nicht verpassen zu wollen, hat in den letzten 20 Jahren nicht abgenommen. Sehr hilfreich, um diesem „ich kenne ja schon alles“-Ding zu entkommen, ist aber auch meine Radiosendung auf Byte.fm, die ich einmal im Monat mache. Ich kann da ja nicht immer die gleichen Platten spielen!

Wo trifft man dich heutzutage?

Spilker: Weil ich da auf der Ecke wohne, bin ich sehr oft im Uebel & Gefährlich. Bei kleineren Clubs muss man genau wissen, was man will und in größeren Hallen spielen Bands, die sowieso schon etabliert sind. Ins Uebel & Gefährlich kann man eigentlich blind gehen. Da habe ich zum Beispiel Of Montreal oder The Dirty Projectors für mich entdeckt.

Was macht einen guten Club sonst noch aus?

Spilker: Wichtig finde ich, dass ein Club mehrere Räume hat – weil sonst immer irgendwelche Typen am Tresen quatschen und nerven (lacht). Ansonsten ist das so generell schwer zu sagen. Oft weiß man gar nicht, was das Besondere an einem Club ist, und merkt erst, wenn er umzieht, dass irgendetwas nicht mehr stimmt. Gibt es Ecken, wo man sich zurückziehen kann? Stimmt die Akustik? Da spielen viele kleine Details rein, die man sich meist gar nicht richtig klar macht.

Wie würdest du die Hamburger Clublandschaft insgesamt beschreiben?

Spilker: Ich würde sagen, dass es hier alles gibt. Es tut gut, ab und zu aufs Land zu fahren, um das wieder zu schätzen zu wissen. Schade finde ich manchmal bloß, dass die Leute aus St. Pauli gar nicht mehr raus kommen. Man hat merkliche Publikumseinbußen, wenn man in Winterhude oder auf Kampnagel spielt und nach Wilhelmsburg kommt keine Sau mehr. Andererseits hat das natürlich auch Vorteile, denn wenn man es in dieses Zentrum geschafft hat, fühlt Hamburg sich wahnsinnig urban an.

Mal angenommen du wärst Kultursenator, was würdest du ändern?

Spilker: Als Kultursenator müsste ich mich ja vor allem um die sogenannte Hochkultur kümmern, da hätte ich überhaupt keinen Bock drauf. Was ich für die Kultur, auf die ich Bock habe, tun würde? Ich würde versuchen Künstler zu fördern. Denn es ist eben nicht mehr so leicht wie in den Achtzigern oder Neunzigern, sich als Musiker am Leben zu halten. Und das führt am Ende dazu, dass ein ganzer Teil der Subkultur verschwindet. Wie auch die komplette Hochkultur verschwinden würde, wenn die Leute das bezahlen müssten. Mir würde da so einiges einfallen, um Strukturen zu verbessern. Zum Beispiel auch ein Ausbau der Künstlersozialversicherung. Aber dafür müsste ich ja sogar auf Bundesebene tätig werden.

So lange das noch Zukunftsmusik ist – bei welchem Konzert würdest du im März gerne auf der Gästeliste stehen?

Spilker: Bei Jools Holland am 1. März in der Fabrik, weil das ein Held meiner Jugend ist. Jarvis Cocker und Chili Gozales am 17. März auf Kampnagel wird bestimmt super und zu Schrottgrenze am 10. März im Molotow würde ich auch gehen – die neue Single ist toll. Beim Konzert von Schnipo Schranke am 18. März im Übel & Gefährlich stehe ich sowieso schon auf der Gästeliste.

Hast du noch ein letztes Wort für die Hamburger Clubgänger?

Spilker: Gebt mehr Geld für Konzerte aus!


ZUR BAND

Erste Musikkassetten unter dem Namen Die Sterne veröffentlichte Frank Spilker Ende der Achtziger auf dem ostwestfälischen Label „Fast Weltweit“, 1992 tat er sich in Hamburg mit Bassist Thomas Wenzel und Schlagzeuger Christoph Leich zusammen. Ihr Debütalbum „Wichtig“ veröffentlichten Die Sterne ein Jahr später – und schufen mit ihrer Mischung aus Indie, Pop, Soul und Funk schnell einen eigenen Sound. Mittlerweile hat die Band zehn Alben aufgenommen. Thomas Wenzel ist zudem Mitglied der Band Die Goldenen Zitronen, Frank Spilker veröffentlichte 2013 den Roman „Es interessiert mich nicht, aber das kann ich nicht beweisen“.


ZUR MUSIK

Um ihr 25-jähriges Bestehen zu feiern, haben Die Sterne sich etwas Besonderes einfallen lassen: Für „Mach’s Besser: 25 Jahre Die Sterne“ baten sie befreundete Künstler darum, ihren persönlichen Lieblings-Sterne-Song neu aufzunehmen. Vorbilder, Weggefährten und Nachkommen sind auf der Compilation vereint. Family 5 covert als Experten für Northern Soul „In diesem Sinne“, Naked Lunch singen auf „Bis 9 bist du O.K.“ zum ersten Mal in ihrer Karriere auf Deutsch, Björn Beton von Fettes Brot sprechsingt von „Depressionen aus der Hölle“ und Isolation Berlin versuchen sich an „Irrlichter“.


DIE STERNE live

Datum: 2. März 2017

Ort: Uebel & Gefährlich

Einlass: 20.00 Uhr Beginn: 21.00 Uhr

Tickets: 22,00 Euro

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