Im Club mit: Captain Planet


Zum 15-jährigen Jubiläum eures Labels Zeitstrafe geht ihr im Oktober gemeinsam mit Matula und Deutsche Laichen auf Tournee. Welche Bedeutung haben Labels wie Zeitstrafe für die Hamburger Musiklandschaft?

Benjamin Sturm: Sie sind natürlich zentral. Solche Independent-Labels ermöglichen es Bands wie uns, die aus einem Punk/Hardcore-Kontext kommen, überhaupt Platten rauszubringen. Zeitstrafe liegt uns sowieso am Herzen. Wir kennen Renke, den Macher des Labels, schon lange und haben Zeitstrafe-Bands wie Antitainment oder Escapado selbst immer gehört. Leute wie Renke, für die die Liebe zur Musik im Vordergrund steht und die dafür ein geiles Händchen haben, braucht es.

Lasst ihr euch für die Jubiläumstour etwas Besonderes einfallen?

Wir haben schon ein paar Kleinigkeiten vor, die klarmachen, dass wir nicht nur zufällig auf einem Label, sondern gut befreundet sind. Basti spielt ja sowohl bei uns, als auch bei Matula und überhaupt hängen wir alle viel zusammen rum. Das wird sich auch in den Konzerten wiederspiegeln.

Auch Captain Planet gibt es inzwischen genau 15 Jahre. Welche eurer Hamburg-Shows werdet ihr nie vergessen?

Unsere erste Release-Party fand damals im Störtebeker statt. Das war eins unserer ersten, ausverkauften Konzerte, die Leute haben Konfetti mitgebracht und überhaupt war das ein ganz wilder, liebevoller Abend. Wir haben aber auch viel in der Flora gespielt. Tatsächlich haben wir immer darauf geachtet, in möglichst vielen unterschiedlichen Hamburger Läden zu spielen. Zum einen ist das für uns spannender, und zum anderen gibt es einfach so viele coole Läden. Und manchmal lernen unsere Fans dadurch vielleicht einen Laden kennen, in den sie sonst nicht gegangen wären.

Welche Clubs stehen noch auf eurer Wunschliste?

Auf der Stubniz würde ich gerne mal auftreten, das Westwerk finde ich auch ziemlich cool. Außerdem haben wir noch nie im Gängeviertel gespielt. Also da geht auf jeden Fall noch einiges, Hamburg hat einfach geile Läden!

Was macht denn einen guten Laden aus?

Aus der Band-Perspektive finde ich wichtig: Hat man das Gefühl, man ist willkommen, wenn man ankommt? Aus Gast-Perspektive mag ich Läden, die nicht zu cool sind, wo man das Gefühl hat, dass die Leute Bock darauf haben und wo nicht nur Cocktails ausgeschenkt werden.

Ihr seid damals aus Bad Bederkesa nach Hamburg gekommen. Kannst du dich noch an deinen ersten Club- oder Konzertbesuch erinnern?

Schon als wir noch in Bad Bederkesa wohnten, sind wir immer nach Hamburg gefahren, um auf Konzerte zu gehen. Damals haben wir noch viel Skatepunk gehört. Mein erstes Konzert waren die Satanic Surfers im Logo. Wir waren wahnsinnige Fans und sind total durchgedreht. Danach waren wir dann viel in der Markthalle.

Hast du einen Lieblingsladen in Hamburg?

Da kann ich nicht nur einen nennen. Ich war viel im Störte, im Molotow an all seinen unterschiedlichen Orten, oder in Kneipen wir dem Otzentreff oder der Kogge. Ein zentraler Anlaufpunkt ist und war auch immer die Flora. Dort haben wir mit Captain Planet unser allererstes Konzert gespielt. Das ist einer der wichtigsten Läden in Hamburg – nicht nur, was Konzerte angeht, sondern auch als Kern linker Entwürfe.

Im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel wurde die Zukunft der Flora viel diskutiert. Deine Meinung dazu?

Die Flora bleibt, das muss man nicht diskutieren! Jede Stadt braucht Orte, an denen Gesellschaft und das Zusammenleben neu gedacht werden und wo es Leute gibt, die ohne kommerziellen Hintergedanken Dinge auf die Beine stellen. Wir sind mit Captain Planet viel getourt, quer durch die Republik, und haben dabei oft in autonomen Jugendzentren und besetzen Häusern gespielt. Wie viel Arbeit, Liebe und Zeit Leute investieren – dass so etwas möglich ist, ist einfach total wichtig. Darüber hinaus ist die Flora alleine schon als Symbol wichtig, in einer Stadt, die sich massiv verändert und wo der Schmutz aus den Straßen gekehrt wird.

Stichwort Veränderung: Wie siehst du die Hamburger Clublandschaft insgesamt?

Es gibt hier schon eine wahnsinnig breite Auswahl an guten Läden, auch was Punk und Hardcore angeht. Andere Städte haben da oft nur einen Club. Ich sehe natürlich auch, dass durchaus Läden bedroht sind, aber ich glaube insgesamt ist das schon eine gesunde Landschaft. Allerdings sind die Freiräume, Neues zu gestalten, im Gegensatz zu Berlin relativ gering. Einen neuen Laden aufmachen oder in einem leerstehenden Gebäude ein Konzert veranstalten, ist hier nicht einfach, weil Hamburg so dicht ist.

Wenn du Kultursenator wärst, was würdest du ändern?

Ich würde eine massive Umverteilung der Gelder vornehmen. Wir müssen nicht groß über die Elbphilharmonie sprechen – natürlich ist klar, wo in Hamburg die Gelder hingehen, wenn es um Musik und Kultur geht. Aber als Kultursenator würde ich schauen, welche Sachen wirklich Leben in die Viertel bringen, dort Gemeinschaft und Zusammenhalt stiften, oder für Identifikation mit der Stadt sorgen. Das sind immer Sachen, die von den Leuten selbst organisiert werden. Das müsste gefördert werden.

Weil so Subkulturen entstehen?

Nicht nur Subkulturen, sondern tatsächlich Kultur. Das wächst nicht daraus, dass man irgendwo einen Klotz hinstellt. Was eine Stadt spannend und lebendig macht, ist das, was die Leute selbst auf die Beine stellen. Wenn man das fördert, ist man glaube ich auf einem guten Weg.

Wenn du nicht mit Captain Planet Musik machst, bist du Lehrer. Kommen deine Schüler eigentlich manchmal zu euren Shows?

Manchmal schon. Ich erzähle es ihnen nicht, aber das Internet sorgt natürlich dafür, dass sich das verbreitet. Meine Erfahrung ist die, dass sie damit total cool umgehen. Wenn man montags wieder zusammen in der Klasse arbeitet, sind die Rollen klar.

Fragen sie manchmal um Rat für ihre Bands?

Das ist tatsächlich noch nicht passiert, aber ich habe gerade eine zehnte Klasse gehabt und da waren einige wahnsinnige Musiker dabei. Die werden bestimmt noch mal irgendwo auftauchen!

Welche neuen Hamburger Bands sollte man aktuell auf dem Schirm haben?

Bei unserer kommenden Tour werden wir an zwei Abenden von einer Band namens Rauchen supportet, die sind super. Die spielen relativ brachialen Emo. Bijou Igitt sind auch klasse.

Wo würdest du im Oktober gerne auf der Gästeliste stehen?

Ich ärgere mich wahnsinnig, dass wir selbst auf Tournee sind, wenn die Hot Snakes am 12. Oktober im Molotow spielen. Ich bin riesen Fan von denen – da müsste ich nicht mal auf die Gästeliste, sondern würde gerne zahlen. Samiam am 9. Oktober im Logo muss man sich natürlich auch angucken.


ZUR BAND

Captain Planet wurden 2003 gegründet und zählen seitdem zu den Pionieren des deutschsprachigen Emopunks. Erste Aufmerksamkeit erregten sie mit dem Song „Baumhaus“ ihrer ersten EP „Unterm Pflaster der Strand“ (2005). Ihr Debütalbum „Wasser kommt Wasser geht“ erschien 2007 und wurde von der Online-Ausgabe der Zeit als „Beste Punkplatte seit Jahren“ bezeichnet. Mit Erscheinen ihres dritten Albums stieg Basti Beyer, Gitarrist von Matula, als fünftes Bandmitglied ein. Das aktuelle Captain-Planet-Album „Ein Ende“ erreichte 2016 auf Platz 42 der deutschen Charts.


ZUR MUSIK

Captain Planet arbeiten derzeit an ihrem fünften Album, doch um die Wartezeit bis zur Veröffentlichung zu verkürzen, erscheint pünktlich zur gemeinsamen Tour mit Matula eine Split 7″. Sie enthält von jeder Band einen Song. Captain Planet steuerten das neue Stück „Rissen“ bei, das davon handelt, aus der Stadt „nach draußen“ zu ziehen. „Der hat einen ulkigen Rhythmus im Refrain, der wenn man ihn langsamer spielen würde, ein bisschen wie Turbonoegro klingt“, lacht Benjamin Sturm. Auf Tour ist die 7″ mit verschiedenen Covern erhältlich.


CAPTAIN PLANET live

Datum: 13. Oktober 2018 Ort: Uebel & Gefährlich
Tickets: 18,10 Euro
Einlass: 18.30 Uhr Beginn: 20.00 Uhr

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