Im Club mit: Bjørn Pfarr


In welchen Club gehst Du persönlich am liebsten und warum?

„Groß geworden“ bin ich bei den legendären „Dancecore“ Partys im alten Molotow. Das hallt noch nach! Konzerte sehe ich am liebsten im Gruenspan, Uebel & Gefährlich, Knust oder Häkken. Aber das ist nur eine kleine Auswahl, der vielen fantastischen Hamburger Clubs – ich schätze mich unheimlich glücklich für die Programmierung des Reeperbahn Festivals solch ein großes und vielseitiges Angebot an Spielstätten vorzufinden. Das ist einzigartig und ich stehe der Aufgabe auch immer mit einer guten Portion Dank und Demut gegenüber.

Du arbeitest seit 10 Jahren als Head of Music für das Reeperbahn Festival und bist seit der ersten Ausgabe im Team – wie erfolgt die Bandauswahl und wann steht das endgültige Programm?

Das finale Programm steht immer erst Ende August, da es ein großes Puzzle ist, was zusammengesetzt werden möchte. Die Puzzleteile zu früh zu setzen wäre fatal, wenn es darum geht lange Schlangen oder halb leere Clubs zu vermeiden. Die Auswahl ist höchst komplex. Zum einen gibt es zwei Booking-Stränge: Den kuratierten Teil – den ich mit meinem kleinen Team verantworte – und Showcases mit denen Labels, Musikexport-Büros, Unternehmen und Partner Musiker vorstellen. Wir bekommen inzwischen tatsächlich tausende Künstler auf den Tisch und haben zudem natürlich unzählige eigene Ideen. Insbesondere eine Auswahl bei den noch unbekannteren Acts zu treffen, ist oftmals sehr schwer und eine Sache von Nuancen. Am Ende spielt neben Relevanz, Qualität und (subjektiv) vermutetem Potential auch unser persönlicher Geschmack eine Rolle. Zudem entwickeln wir inzwischen auch einige sogenannte Werkuraufführungen bei denen wir zusammen mit den Teams der Künstler ganz besondere Konzerte produzieren und auf die Bühnen bringen.

13 Jahre Reeperbahn Festival – weißt du wie viele Konzerte ihr in den Jahren auf wie viele Bühnen gebracht habt?

Wenn ich mich nicht verzählt habe, zeigten wir bis heute 2.753 Künstler auf rund 50 Bühnen. Die Anzahl der Konzerte dürfte um einiges höher liegen, da einige Künstler mehrere Shows während einer RBF Ausgabe spielten oder in mehreren Jahren von uns gebucht wurden.

Ihr habt viele NewcomerInnen im Programm – auf welche Weise können diese durch das RBF in ihrer musikalischen Karriere gefördert werden?

Zum einen durch das Entdecktwerden, nicht nur von Club-Betreibern, Bookern oder unseren Besuchern, die sich Jahr für Jahr die Sahnestücke heraussuchen und diese mit ihren Freunden teilen, sondern vor allem von Branchenvertretern wie Publishern, Label-Vertretern und Managern – auf nationaler wie internationaler Ebene. Während des RBF sind zudem viele Medienvertreter zu Besuch, sodass viele Shows ihren Weg in die Presse finden oder als Konzertmitschnitt später im Radio zu hören sind. Auf programmatischer Ebene zeigt sich die Förderung durch Module wie „Wunderkinder / German Music Talent“ – ein Projekt mit dem wir deutschen Bands auf das Sprungbrett zur internationalen Karriere verhelfen – oder das von uns mitinitiierte Programm Keychange,das die internationale Vernetzung und Auftrittsmöglichkeiten von Musikerinnen und Musikwirtschaftenden gezielt fördert und beim Zugang zu neuen Märkten unterstützt.

Welche Rolle spielen Hamburgs Musikclubs für das RBF und was bedeutet das Festival aus Deiner Sicht für die Hamburger Clubszene?

Ohne die einzigartige und einmalige Diversität und hohe Dichte der Hamburger Clubs hätte das RBF keine Chance gehabt in diesem Ausmaß zu wachsen und an Relevanz zu gewinnen – die Clubszene Hamburg spielt die entscheidende Rolle für die Entwicklung des RBF. Den zweiten Teil der Frage können die Clubbetreiber sicher besser beantworten, aber ich hoffe, dass wir durch mediale Aufmerksamkeit und den Besuch vieler Musikwirtschaftenden die Bekanntheit und Relevanz der Clubs fördern können.

Dein musikalischer Geheimtipp für dieses Jahr?

Unter den bekannteren Acts sollte man nicht verpassen Goat Girl (Indie-Rock) oder Sigrid (Pop). Entdeckungsfreudigen lege ich jungstoetter (Indie), Keele (Indie-Punk) oder Rikas (Indie) aus Deutschland ans Herz. Internationale Geheimtipps sind Sam Fender (Pop), Octavian (Rap) oder AMYL AND THE SNIFFERS (Rock). Aber ich empfehle weiterhin: Treiben und überraschen lassen!

Hast Du noch ein letztes Wort für Hamburgs ClubgängerInnen?

Klingt abgedroschen aber „is so“: Leute, geht raus. Hamburgs Clublandschaft ist der Wahnsinn. Ich finde es im höchsten Maße beeindruckend, welch kreatives und vielfältiges Programm Clubbetreiber und ihre Teams Woche für Woche, Jahr für Jahr auf die Beine stellen. Hut ab – genießt es!


Infos zum Reeperbahn Festival:

Endlich wieder Musik an jeder Ecke St. Paulis! 600 Konzerte in über 90 Spielstätten, Kunst, Film, Lesungen und eine Konferenz für Musik- und Digitalwirtschaft – all das erwartet euch vom 19.-22. September 2018. Zum 13. Mal treffen sich Musikfans und Fachbesucher zu rund 900 Programmpunkten beim Reeperbahn Festival, das sich besonders die Nachwuchsförderung auf die Fahnen geschrieben hat. Mit dem ANCHOR kürt eine prominent besetzte Jury um Bowie Produzent Tony Visconti das aufstrebendste internationale Musiktalent des Festivals und zeigt mit einer feinen Spürnase den Besuchern die Headliner von morgen.

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