Im Club mit: HAIYTI


Die Zeit schrieb über dich: „Eine Poprevolution bahnt sich an“. Bist du gerne Revolutionsführerin?
Haiyti: Ja, so wie Che Guevara! Das ist schon ein neuer Stil, den ich mache. Meine Texte sind hart und ganz roh, angelehnt an Amerika, an Trap und Dirty South. Aber nicht bloß als deutsche Übersetzung, sondern als neuer Sound. Ich kenne bis jetzt tatsächlich niemanden in Deutschland, der ähnlich klingt wie ich.

Warst du schon immer anders?
Das fing im Kindergarten an, allein durch meine Größe: Ich war immer kleiner als die anderen. Auf der einen Seite wollte ich immer anders sein, aber auf der anderen Seite leide ich natürlich auch darunter, im normalen System oder in Gruppen nicht angenommen zu werden. Die meisten Menschen reagieren gleich auf bestimmte Dinge, aber ich reagiere einfach anders.

Du bist in Hamburg aufgewachsen. Kannst du dich an deinen ersten Club- oder Konzertbesuch erinnern?
Das war eine Drum-&-Bass-Party an der Uni. Ich war damals noch keine 18 Jahre alt, aber Leute aus meiner Straße haben studiert und mich mitgenommen. Ich hatte irgendwie immer ältere Freunde. Auf jeden Fall war das richtig geil – alles war so neu, wie ein anderer Planet. Das war der Startschuss für meine Party-Zeit. Ich war früher echt viel unterwegs. Um Druck abzulassen.

Mit welchem Hamburger Club verbindest du die meisten Erinnerungen?
Wenn ich das verrate, gefährde ich mein Image! Ich würde sagen es ist das Hafenklang, damit verbinde ich viele gute Momente. Ich war da immer auf den Drum-&-Bass- und Dub-Partys. Ich hatte früher wirklich viele Party-Freunde, deswegen kam ich eigentlich immer umsonst rein. Ich war so eine Art It-Girl. Das war noch bevor ich mein Mixtape „City Tarif“ rausgebracht habe und das wurde mir auch erst später klar. Ich glaube es lag daran, dass ich so eigen war.

Wo trifft man dich heute?
Vielen Läden, die ich mochte, gibt es heute nicht mehr. Zum Beispiel war früher im Kleinen Donner jeden Donnerstag Dancehall-Party, das war immer geil. Inzwischen gehe ich nicht mehr viel aus, und wenn, dann lande ich eher zufällig irgendwo. Neulich war ich mal im Uebel & Gefährlich und im Waagenbau. In der Panda Bar ist es ganz lustig. Schlimm, aber lustig. Das ist ein bisschen wie die China Lounge früher. Und im Mojo Club gefällt mir die Soundqualität sehr gut.

Was macht einen guten Club aus?
Wenn sich die verschiedenen Leute vermischen. Ein paar Touristen, ein paar Hipster, ein paar Straßenleute und ein paar Doktoren. Wenn das alles zusammen kommt, finde ich das eine geile Mischung. Leider gibt es das selten. Ansonsten: Es geht darum, wie du dich fühlst! Es wäre natürlich schön, wenn die Musik auch einen guten Sound hat. Und mir gefällt es, wenn ich VIP bin, es alles umsonst gibt, und ich den DJ kenne – aber so ist das eigentlich immer. 

Wie würdest du die Hamburger Clublandschaft insgesamt beschreiben?
Ich finde es schade, dass alles so getrennt ist. Im Hafenklang sind die Linken, im Tower die Touristen, die Zecken gehen in die Flora und im Goldfischglas treffen sich die Tinder-Dates. In Hamburg ist alles so kategorisiert. Die Clubs an der Sternbrücke gefallen mir deswegen ganz gut: Wenn überall etwas los ist, kann man da gut Club-Hopping machen, und da vermischen sich die Leute dann auch ein bisschen.

Mal angenommen du wärst Kultursenatorin, was würdest du ändern?
Ich würde am liebsten die Zeit zurückdrehen, damit die Schanze wie früher ist. In den letzten fünf Jahren hat die sich radikal verändert. Damals war die Flora anders, den Fixstern gab es noch. Da waren nicht diese ganzen Geschäfte, die Schanze war leerer und es haben noch mehr normale Leute da gewohnt. Eine Zeitlang hatte ich mal ein Zimmer in der Weidenallee, bin dann aber wieder nach Steilshoop gezogen. Ich als Hamburgerin lande in Steilshoop, während die Zugezogenen aus der Schweiz, Österreich oder Berlin in der Schanze und in Altona wohnen!

Zeit zurückdrehen hilft da ja wenig. Wo müsste man ansetzen?
Vielleicht die Werbefirmen und Büros rausschmeißen, nach Rothenburgsort, und in der Schanze Proberäume und Studios bauen. Das ist ja überall so: Die Hippies bauen die Szeneviertel auf und die Firmen zerstören sie. Das muss man ernst nehmen! Das Geld sammelt sich immer im Mittelpunkt und alles andere wird verdrängt. Warum gehen die Leute mit Geld nicht an Orte, wo noch nichts ist? Da können sie doch auch schöne Cafés aufmachen. Aber die nehmen immer das, was schon da ist, das finde ich unfair. Das Ende der Schanze war glaube ich, als 2013 nach 36 Jahren das Foolsgarden-Theater zugemacht hat – das war immer so ein Auffangbecker für Künstler.

Wenn du in Hamburg eine neue Veranstaltung organisieren dürftest – wie würde die aussehen und wo würde das Ganze stattfinden?
Im Wasserturmhotel! Ich war da neulich mal drin, das ist total geil. Als das eröffnet wurde, haben sich ja alle beschwert – ich gehörte damals auch zu den Leuten, die dagegen waren. Aber ich muss sagen: Das ist wirklich total schön. Ich würde da eine Promi-Party machen oder so (lacht). Ach, eigentlich habe ich gar keinen Bock, irgendwas zu veranstalten…

Dann lass das lieber die anderen machen. Bei welchem Konzert würdest du im März gerne auf der Gästeliste stehen?
Ich würde gerne zu Waka Flocka Flame gehen, am 24. März im Uebel & Gefährlich. Das ist ein richtig cooler Dirty South Rapper. Stehe ich jetzt auch wirklich auf der Gästeliste?

Da müsstest du mal beim Uebel & Gefährlich fragen. Aber hast du noch ein letztes Wort an die Hamburger Clubgänger?
Ich kann mich nicht so gut verkaufen (lacht) Also: Hamburger, habt keine Angst vor mir, ich bin doch eine von euch. Und kauft meine Platte „Montenegro Zero“, sie wird euch gefallen. 


ZUR PERSON
Haiyti, die bürgerlich Ronja Zschoche heißt, wurde 1993 geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen in Langenhorn und St. Pauli auf. Ihr Vater verließ die Familie, als sie noch klein war, ihre Mutter arbeitete zunächst als Taxifahrerin und später als Lehrerin an einer Musikschule. Als Jugendliche kam Haiyti mit der HipHop-Szene in Berührung. Ihr erstes Album „Havarie“ erschien 2015 im Eigenvertrieb, ein Jahr später veröffentlichte sie die kostenlosen Mixtapes „City Tarif“ und „Nightliner“. Das Hip-Hop-Magazin „Juice“ nahm sie aufs Cover, Dendemann, Haftbefehl und Deichkind outeten sich als Fans und Haiyti unterschrieb in der Folge einen Plattenvertrag bei Universal Music.
www.facebook.com/HaiytiakaRobbery


ZUR MUSIK
Haiytis Major-Debüt „Montenegro Zero“ ist im Januar erschienen und erreichte Platz 25 der deutschen Charts. Sie selbst bezeichnet ihren Stil als „Gangsta-Pop“: Einflüsse aus Trap und Dirty South – so nennt man den harten Gangsta-Rap der amerikanischen Südstaaten – vereint sie mit einer großen Portion Pop-Appeal. Dazu gibt’s freche und unkonventionelle Texte: Haiyti rechnet mit den „Normcore-Bitches“ ab („Serienmodell“) und entpuppt sich als großartige Beobachterin („Haubi“), rappt aber auch über die Liebe („Gold“).


HAIYTI live
Datum: 13. März 2018 Ort: Mojo Club
Einlass: 19.00 Uhr Beginn: 20.00 Uhr
Tickets: 21,00 Euro

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